An die Philipper 1:1-30
Studienanmerkungen
Der erste Brief an die Korinther: Titel wie dieser waren offensichtlich nicht im Originaltext enthalten. Wie alte Handschriften zeigen, wurden sie später hinzugefügt, zweifellos um die verschiedenen Briefe leichter auseinanderhalten zu können. Der Papyruskodex P46 macht deutlich, dass Abschreiber die Bibelbücher durch Titel voneinander unterschieden. P46 ist die älteste bekannte Sammlung von Paulusbriefen. Dieser Kodex wird oft auf die Zeit um 200 u. Z. datiert und enthält neun Briefe von Paulus. Der 1. Korintherbrief beginnt in dem Kodex mit dem Titel Pros Korínthious A („An [die] Korinther 1“). (Siehe Mediengalerie, „Der erste Brief von Paulus an die Korinther“.) Diesen Titel findet man auch in anderen frühen Manuskripten wie dem Codex Vaticanus und dem Codex Sinaiticus aus dem 4. Jh. Dort erscheint er am Anfang und am Ende des Briefes.
An die Philipper: Titel wie dieser gehörten offensichtlich nicht zum Originaltext. Wie alte Handschriften zeigen, wurden sie später hinzugefügt, zweifellos um die Bibelbücher leichter auseinanderhalten zu können. (Siehe Anm. zu 1Ko „Titel“ und Mediengalerie, „Der Brief von Paulus an die Philipper“.)
Paulus und Timotheus: Oder „Von Paulus und Timotheus“. Der Schreiber des Philipperbriefes ist zwar Paulus, doch in seinen einleitenden Worten nennt er auch Timotheus, der um diese Zeit bei ihm in Rom war. Während seiner ersten Gefangenschaft in Rom schrieb Paulus auch die Briefe an die Kolosser und an Philemon, in denen er Timotheus ebenfalls erwähnt (Kol 1:1, 2; Phm 1). Zwischen der Niederschrift des Philipper- und des Hebräerbriefes scheint auch Timotheus eine Zeitlang in Rom inhaftiert gewesen zu sein (Php 2:19; Heb 13:23).
Sklaven von Christus Jesus: Siehe Anm. zu Rö 1:1.
Heiligen: Siehe Anm. zu Rö 1:7.
Philippi: Siehe Anm. zu Apg 16:12.
Aufseher: Paulus verwendet hier die Pluralform des Wortes epískopos („Aufseher“). Er meint damit diejenigen, die in der Versammlung in Philippi die Führung übernahmen. (Vgl. Apg 20:28.) An anderer Stelle spricht er davon, dass Timotheus einen bestimmten Auftrag von einer „Ältestenschaft“ erhalten hatte (1Ti 4:14). Da Paulus niemand in diesen Versammlungen als „den Aufseher“ bezeichnet, muss es dort logischerweise mehr als einen gegeben haben. Daraus kann man schließen, wie die Versammlungen im 1. Jh. organisiert waren. Die Begriffe für „Aufseher“ und „Ältester“ werden in den Christlichen Griechischen Schriften synonym verwendet (Apg 20:17, 28; Tit 1:5, 7; vgl. 1Pe 5:1, 2). Die Anzahl der Aufseher einer Versammlung hing davon ab, wie viele Männer dort die Anforderungen für Älteste erfüllten, also glaubensstark und reif waren (Apg 14:23; siehe Anm. zu Apg 20:17, 28).
Dienstamtgehilfen: Oder „Helfer“. Das entsprechende griechische Wort diákonos (wtl. „Diener“, „Gehilfe“) ist hier eine offizielle Bezeichnung für Brüder, denen in der Versammlung eine bestimmte Dienstaufgabe übertragen wurde. In 1Ti 3:8, 12 wird es im gleichen Sinn gebraucht. Paulus verwendet das Wort diákonos im Plural. Offenbar gab es in der Versammlung in Philippi also mehrere Dienstamtgehilfen, die den Aufsehern bei verschiedenen Aufgaben halfen. Statt „Aufseher und Dienstamtgehilfen“ steht in vielen Bibeln „Bischöfe und Diakone“. Solche kirchlichen Titel erwecken den Eindruck, bei den ersten Christen habe es eine Hierarchie gegeben. Übersetzungen, die sich eng an die Grundbedeutung dieser Wörter halten, lassen dagegen erkennen, dass in der Christenversammlung niemand aufgrund seiner Aufgaben ranghöher ist als ein anderer. Das Wort „Dienstamtgehilfe“ betont den Dienst, den diese fleißigen Männer für die Versammlung leisten.
ein Sklave von Christus Jesus: Das griechische Wort doúlos („Sklave“) bezeichnet im Allgemeinen jemanden, der einem anderen gehört; oft geht es um einen gekauften Sklaven (Mat 8:9; 10:24, 25; 13:27). doúlos wird auch übertragen für Menschen gebraucht, die Gott und Jesus Christus ergeben dienen (Apg 2:18; 4:29; Gal 1:10; Off 19:10). Als Jesus sein Leben als Lösegeld gab, zahlte er den Preis für das Leben eines jeden Christen. Deshalb gehören Christen nicht sich selbst, sondern sehen sich als „Sklaven von Christus“ (Eph 6:6; 1Ko 6:19, 20; 7:23; Gal 3:13). Die Schreiber der inspirierten Briefe der Christlichen Griechischen Schriften bezeichneten sich alle mindestens einmal in ihren Schriften als Sklaven von Christus; dadurch machten sie den Versammlungen, denen sie Rat gaben, deutlich, dass sie sich Christus als ihrem Herrn unterordneten (Rö 1:1; Gal 1:10; Jak 1:1; 2Pe 1:1; Jud 1; Off 1:1).
Heiligen: In den Christlichen Griechischen Schriften werden die Brüder Christi in den Versammlungen häufig als „Heilige“ bezeichnet (Apg 9:13; 26:10; Rö 12:13; 2Ko 1:1; 13:13). Der Ausdruck bezieht sich auf Menschen, die Jehova in den neuen Bund aufgenommen hat, und zwar durch das vergossene Blut Jesu, das „Blut eines ewigen Bundes“ (Heb 10:29; 13:20). Durch sein Blut sind sie gereinigt und geheiligt worden. Sie werden von Gott zu Heiligen erklärt – nicht erst nach ihrem Tod, sondern sobald ihr geheiligter Lebensweg beginnt. Es gibt also keine biblische Grundlage dafür, dass jemand von einem Menschen oder einer Organisation heiliggesprochen werden kann. Petrus schrieb, dass sie heilig sein sollen, weil Gott heilig ist (1Pe 1:15, 16; 3Mo 20:7, 26). Die „Heiligen“ sind mit Christus eng verbunden und seine Miterben. Schon über 500 Jahre bevor Christi Jünger als Heilige berufen wurden, offenbarte Jehova, dass zusammen mit Christus Personen regieren würden, die als „die Heiligen des Allerhöchsten“ bezeichnet wurden (Da 7:13, 14, 18, 27).
Aufsehern: Das griechische Wort für „Aufseher“, epískopos, ist mit dem Verb episkopéō verwandt, das „gut aufpassen“ bedeutet (Heb 12:15), sowie mit dem Substantiv episkopḗ, das mit „Begutachtung“ (Luk 19:44), „Besichtigung“ (1Pe 2:12), „Aufseher werden“ (1Ti 3:1) und „Aufsichtsamt“ (Apg 1:20) übersetzt worden ist. Ein Aufseher war also jemand, der die Einzelnen in einer Versammlung besuchte, nach ihnen sah und ihnen Anleitung gab. In dem griechischen Wort steckt der Gedanke von schützender Fürsorge. Aufseher in der Versammlung haben die Aufgabe, ihren Mitgläubigen zu helfen, einen starken Glauben zu haben. Wenn Paulus hier von „Aufsehern“ sprach, meinte er die „Ältesten“ in der Versammlung in Ephesus (Apg 20:17). Als er in seinem Brief an Titus die Erfordernisse für einen „Ältesten“ (presbýteros) beschrieb, gebrauchte er auch den Ausdruck „Aufseher“ (epískopos) (Tit 1:5, 7). Beide Begriffe beziehen sich also auf dasselbe Amt, wobei „Ältester“ eher auf die Reife des Betreffenden hindeutet, während „Aufseher“ die damit verbundenen Aufgaben betont. Wie der Bericht zeigt, gab es in der Versammlung in Ephesus nicht nur einen, sondern mehrere Älteste. Es war nicht festgelegt, wie viele Aufseher es in einer Versammlung geben sollte; ihre Zahl hing davon ab, wie viele Brüder die Erfordernisse dafür erfüllten. Auch in seinem Brief an die Christen in Philippi wandte sich Paulus an „die Aufseher“ dort (Php 1:1), was zeigt, dass sie sich als Gruppe um die Angelegenheiten der Versammlung kümmerten. (Siehe Anm. zu Apg 1:20.)
Philippi: Ursprünglich hieß die Stadt Krenides. Um die Mitte des 4. Jh. v. u. Z. eroberte Philipp II. von Mazedonien (der Vater von Alexander dem Großen) Krenides von den Thrakern und benannte es nach sich selbst. In der Umgebung gab es reiche Goldvorkommen, und Philipp ließ aus dem Gold Münzen prägen. Um 168 v. u. Z. besiegte der römische Konsul Lucius Aemilius Paullus König Perseus, den letzten mazedonischen König, und nahm Philippi und die umliegenden Gebiete ein. 146 v. u. Z. wurde ganz Mazedonien zu einer römischen Provinz erklärt. 42 v. u. Z. fand in der Ebene von Philippi die Schlacht statt, in der Oktavian (Octavianus) und Marcus Antonius die Heere der Cäsar-Mörder Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus besiegten. Zur Erinnerung an seinen großen Sieg machte Oktavian Philippi zu einer römischen Kolonie. Oktavian wurde einige Jahre später vom römischen Senat zum Kaiser erklärt. Als Cäsar Augustus gab er der Stadt den Namen Colonia Augusta Iulia Philippensium. (Siehe Anh. B13.)
Ältesten: Wtl. „älteren Männer“. Der griechische Ausdruck presbýteros bezeichnet in der Bibel vor allem Personen, die in einer Gemeinschaft oder einem Volk eine mit Autorität und Verantwortung verbundene Position haben. Im alten Israel wurden die Führungs- und Verwaltungsaufgaben von „älteren Männern“ übernommen – also Männern, die qualifiziert und reif genug dafür waren. Ebenso übernahmen in den Versammlungen der Christen im 1. Jh. u. Z. qualifizierte, reife Männer die Führung. Der Bericht über das Treffen von Paulus mit den Ältesten aus Ephesus zeigt ganz klar, dass es in dieser Versammlung mehr als einen Ältesten gab. Die Anzahl der Ältesten in einer Versammlung hing davon ab, wie viele qualifizierte, reife Männer es dort gab (1Ti 3:1-7; Tit 1:5-8). Als Paulus seinen ersten Brief an Timotheus schrieb, der damals wahrscheinlich in Ephesus wohnte, sprach er darin von einer „Ältestenschaft“ – also einem Gremium, das aus mehreren Ältesten bestand (1Ti 1:3; 4:14).
Ich wünsche euch unverdiente Güte und Frieden: Diesen Gruß verwendet Paulus in elf seiner Briefe (1Ko 1:3; 2Ko 1:2; Gal 1:3; Eph 1:2; Php 1:2; Kol 1:2; 1Th 1:1; 2Th 1:2; Tit 1:4; Phm 3). In seinen beiden Briefen an Timotheus fügt er noch „Barmherzigkeit“ hinzu (1Ti 1:2; 2Ti 1:2). Interessanterweise verwendet Paulus nicht das übliche Wort für „Grüße!“, cháirein (Form von cháirō), sondern das ähnlich klingende Wort cháris („unverdiente Güte“). Damit wünscht er den Versammlungen, dass sie Gottes unverdiente Güte in vollem Maß verspüren. (Siehe Anm. zu Apg 15:23.) Das Wort „Frieden“ erinnert an den im Hebräischen üblichen Gruß schalṓm. (Siehe Anm. zu Mar 5:34.) Durch die Ausdrücke „unverdiente Güte“ und „Frieden“ will Paulus offenbar hervorheben, was für ein Verhältnis Christen dank des Lösegelds zu Jehova haben. Wenn Paulus von der Quelle der unverdienten Güte und des Friedens spricht, unterscheidet er zwischen „Gott, unserem Vater“ und dem „Herrn Jesus Christus“.
Wir wünschen euch unverdiente Güte und Frieden: Siehe Anm. zu Rö 1:7.
flehentlich gebetet: Oder „eindringlich (inständig) gebetet“. Das griechische Verb déomai beschreibt ein eindringliches, von starken Emotionen begleitetes Beten. Unter dem verwandten Substantiv déēsis versteht man eindringliches, demütiges Bitten oder Anflehen. In den Christlichen Griechischen Schriften wird es ausschließlich für an Gott gerichtete Gebete verwendet. Selbst Jesus „brachte … Flehen und auch Bitten mit starkem Schreien und Tränen vor dem dar, der ihn aus dem Tod retten konnte“ (Heb 5:7). Im Griechischen steht in Heb 5:7 das Wort für „Flehen“ im Plural, was darauf hindeutet, dass Jesus Jehova mehr als einmal anflehte. Im Garten Gethsemane betete er mehrmals hintereinander inständig zu Gott (Mat 26:36-44; Luk 22:32).
Gebet und Flehen zusammen mit Dank: Mit „Gebet“ ist ganz allgemein das ehrfürchtige Sprechen mit Gott gemeint. „Flehen“ ist eine spezielle Form des Gebets, bei der jemand eindringlich um etwas bittet, oft begleitet von starken Emotionen und manchmal sogar unter Tränen (Heb 5:7). Ein Nachschlagewerk definiert das griechische Wort für „Flehen“ als „Klageruf und Schrei um Hilfe“. Durch den Zusatz „zusammen mit Dank“ zeigt Paulus, dass man Gott in jeder Situation danken kann. Wie er aus eigener Erfahrung wusste, gibt es selbst in Zeiten größter Not Gründe, dankbar zu sein (Apg 16:22-25; Eph 5:19, 20). Er erwähnt auch, dass man Gott im Gebet Bitten vortragen kann. Wie der Zusammenhang zeigt, können solche Bitten die verschiedensten Bedürfnisse einschließen. (Siehe Anm. zu in allem in diesem Vers.)
Flehen: Siehe Anm. zu Apg 4:31; Php 4:6.
weil ihr … einen Beitrag zur guten Botschaft geleistet habt: Oder „weil ihr euch ... an der Förderung der guten Botschaft beteiligt habt“. Paulus könnte unter anderem an die Gastfreundschaft von Lydia gedacht haben. Nachdem sie und ihre Hausgemeinschaft sich hatten taufen lassen, ließ sie es sich nicht nehmen, Paulus und seine Begleiter bei sich aufzunehmen (Apg 16:14, 15).
meinen Fesseln: Paulus scheint häufiger als die anderen Apostel in Haft gewesen zu sein. (Vgl. 2Ko 11:23.) Ungefähr zehn Jahre zuvor hatte er auch in Philippi kurze Zeit im Gefängnis verbracht (Apg 16:22-24). Als er den Philipperbrief schrieb, stand er gerade in Rom unter Hausarrest und wartete unter ständiger Bewachung auf seine Verhandlung vor Cäsar (Apg 25:11, 12; 28:30, 31). Den Philippern war bewusst, dass Paulus Unterstützung brauchte. Deshalb schickten sie Epaphroditus mit einem Geschenk zu ihm. Epaphroditus stand Paulus in Rom zur Seite und riskierte für ihn sogar sein Leben (Php 2:25, 30; 4:18).
Verteidigung: Das entsprechende griechische Wort apología wird häufig in Verbindung mit einer Verteidigung vor Gericht verwendet (Apg 22:1; 25:16). Jesus hatte angekündigt, seine Nachfolger würden „vor Ortsgerichte“ sowie „vor Statthalter und Könige gebracht werden – als Zeugnis für sie und die anderen Völker“ (Mat 10:17, 18). Nachdem Paulus in Jerusalem von den Juden angefeindet und verhaftet worden war, wurde er vor den römischen Statthalter in Cäsarea gebracht (Apg 23:23-35). Dort berief er sich auf Cäsar. Dadurch bekam er schließlich die Gelegenheit, seinen Glauben vor dem höchsten Gericht des Römischen Reiches zu verteidigen (Apg 25:11, 12). In der Bibel wird nicht gesagt, ob er tatsächlich vor Kaiser Nero erschien oder vor einem seiner Beamten. Als Paulus den Philipperbrief schrieb, wartete er in Rom noch auf seine Verhandlung (Apg 28:17-20).
gesetzlichen Befestigung der guten Botschaft: Paulus verwendet hier einen Fachausdruck aus der Rechtssprache. Es ging ihm darum, die gute Botschaft durch rechtliche Mittel voranzubringen. Das war auch der Grund, weshalb er sich etwa zehn Jahre zuvor in Philippi auf römisches Recht berufen hatte (Apg 16:35-40). Paulus kämpfte dafür, dass die gute Botschaft von Gottes Königreich im gesamten Römischen Reich ohne Einschränkungen gepredigt werden konnte. In einem Nachschlagewerk heißt es dazu: „Paulus war nicht nur im Kerker ein Zeuge, sondern auch im Gerichtssaal.“
genauer Erkenntnis: In den Christlichen Griechischen Schriften gibt es zwei Wörter, die im Allgemeinen mit „Erkenntnis“ wiedergegeben werden: gnṓsis und epígnōsis. Beide sind mit dem Verb ginṓskō verwandt, das „erkennen“, „verstehen“, „wahrnehmen“ bedeutet. Das hier verwendete Wort epígnōsis ist eine verstärkte Form von gnṓsis. Die Vorsilbe epí („auf“, „über“) bedeutet in diesem Fall „dazu“, im Sinn von „etwas Zusätzliches“. Aus dem Kontext geht oft hervor, dass mit epígnōsis genaue, richtige oder vollständige Erkenntnis gemeint ist. Paulus verdeutlicht mit diesem Wort, dass der Eifer der Juden nicht die richtige Grundlage hatte. Sie hatten den Willen Gottes nicht erfasst, den Jesus, der verheißene Messias, offenbart hatte.
genauen Erkenntnis: In den Christlichen Griechischen Schriften gibt es zwei Wörter, die im Allgemeinen mit „Erkenntnis“ wiedergegeben werden: gnṓsis und epígnōsis. Das hier verwendete Wort epígnōsis ist eine verstärkte Form von gnṓsis. Die Vorsilbe epí („auf“, „über“) bedeutet in diesem Fall „dazu“, im Sinn von „zusätzlich“. Je nach Kontext kann epígnōsis genaue, richtige oder vollständige Erkenntnis meinen. (Siehe Anm. zu Rö 10:2.) Mit diesem Wort verdeutlicht Paulus, dass ein reifer Christ gemeinsam mit seinen Glaubensbrüdern seine Erkenntnis über Jesus Christus, den Sohn Gottes, immer mehr vertiefen muss (1Ko 1:24, 30; Eph 3:18; Kol 2:2, 3; 2Pe 1:8; 2:20).
genauer Erkenntnis: Paulus stellt hier eine Verbindung her zwischen Liebe, Erkenntnis und Unterscheidungsvermögen: Gott und die Brüder und Schwestern zu lieben, geht damit einher, ihn genau zu kennen und zu verstehen, was sein Wille ist. Die griechischen Wörter für „(er)kennen, wissen“ und „Erkenntnis“ bedeuten in der Bibel häufig „aufgrund von eigener Erfahrung wissen“. (Weitere Informationen zu dem hier mit „genauer Erkenntnis“ übersetzten griechischen Wort stehen in den Anm. zu Rö 10:2 und Eph 4:13.)
Unterscheidungsvermögen: Wtl. „Sinneswahrnehmung“. Das entsprechende griechische Wort kommt nur in diesem Vers vor. In Heb 5:14 steht ein verwandtes Wort in der Formulierung „die ihr Wahrnehmungsvermögen [wtl. „die Sinnesorgane“] durch Gebrauch geübt haben, um zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden“. In der Bibel beschreiben diese Wörter die Fähigkeit, in moralischen und in Glaubensfragen gute Entscheidungen zu treffen. Ein solches Urteilsvermögen wünschte Paulus den Philippern. Er betete darum, dass ihre Liebe größer wird und damit auch die Fähigkeit, zu erkennen, worauf es aus Gottes Sicht wirklich ankommt (Php 1:10). Christen entwickeln ein feines Gespür dafür, was richtig und falsch ist; sie können nicht nur in eindeutigen Fällen, sondern auch in kniffligen Situationen gute Entscheidungen treffen. Dadurch bleibt ihre Freundschaft zu Jehova stabil.
Prätorianergarde: Während seiner ersten Gefangenschaft in Rom (ca. 59–61 u. Z.) „durfte Paulus mit dem Soldaten, der ihn bewachte, für sich bleiben“ (Apg 28:16). Während dieser Zeit schrieb er, dass die gesamte Prätorianergarde erfahren hatte, weshalb er sich in Haft befand. Die Prätorianergarde war eine römische Eliteeinheit, zu der mehrere Tausend Soldaten gehörten. Das entsprechende griechische Wort ist von dem lateinischen Wort praetorium abgeleitet, mit dem ursprünglich das Zelt (oder Hauptquartier) eines Feldherrn gemeint war. Von der Zeit des Augustus an war die Prätorianergarde die Leibwache des Kaisers. In anderen Bibeln wird das griechische Wort deshalb auch mit „kaiserliche Garde“, „Palastwache“ oder „kaiserliche Leibwache“ wiedergegeben. Die Prätorianergarde war immer in der Nähe des Kaisers und seiner Hausgemeinschaft stationiert.
predigen einige den Christus aus Neid und Rivalität: Einige, zu denen wahrscheinlich auch Judenchristen gehörten, dienten Gott aus verkehrten Beweggründen. Sie hielten sich nicht mehr an die reine Lehre, die sie von Paulus gehört hatten. Ihnen ging es mehr um sich selbst und ihre Ideen als darum, Gott zu ehren (Gal 6:12, 13). Weil sie Paulus um sein Ansehen, seine Autorität und seinen Einfluss beneideten, machten sie ihn schlecht (Php 1:17). Doch Paulus blieb positiv. Er freute sich darüber, dass „Christus auf jede Weise bekannt gemacht“ wurde (Php 1:18).
aus guten Beweggründen: Wtl. „aus gutem Willen“. Das entsprechende griechische Wort kann auch „Anerkennung“, „Wohlwollen“ bedeuten. Aufrichtige Christen predigten nicht nur aus guten Beweggründen, sie zeigten auch den Vertretern von Christus, wie z. B. Paulus, ihre Wertschätzung. Das wiederum trug ihnen Anerkennung von Jehova ein (Ps 106:4, Fn.; Spr 8:35).
der Geist Jesu: Gemeint ist offenbar der heilige Geist oder die aktive Kraft, die Jesus „vom Vater empfangen“ hatte und hier einsetzte (Apg 2:33). Als Haupt der Christenversammlung leitete Jesus durch den Geist die Predigttätigkeit der ersten Christen und zeigte ihnen, worauf sie ihre Anstrengungen konzentrieren sollten. In diesem Fall hielt Jesus Paulus und dessen Reisegefährten durch den „heiligen Geist“ davon ab, in den Provinzen Asien und Bithynien zu predigen (Apg 16:6-10). Später erreichte die gute Botschaft aber auch diese Gebiete (Apg 18:18-21; 1Pe 1:1, 2).
des Geistes von Jesus Christus: Mit dieser Formulierung ist offensichtlich gemeint, dass Jesus Gottes heiligen Geist einsetzt. Laut Apg 2:33 hat Jesus „den versprochenen heiligen Geist vom Vater empfangen“. Wie Paulus in Php 1:11 schreibt, betete er darum, dass Christen „mit der Frucht der Gerechtigkeit erfüllt … [sind], die durch Jesus Christus kommt, zur Verherrlichung und zum Lobpreis Gottes“. Seit Jesus auferweckt wurde und in den Himmel zurückgekehrt ist, kümmert er sich im Auftrag Gottes um die Bedürfnisse seiner Nachfolger. In Joh 14:26 versprach er: „Der heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren.“ Und in Joh 15:26 sagte Jesus: „Wenn der Helfer kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde – der Geist der Wahrheit, der vom Vater kommt –, dann wird er mein Zeuge sein.“ (Siehe Anm. zu Apg 16:7.)
meiner Rettung: Oder „meiner Freilassung“. Paulus schrieb den Philipperbrief während seiner ersten Gefangenschaft in Rom (ca. 59–61 u. Z.). Möglicherweise bringt er hier seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die intensiven Gebete der Brüder in Philippi zu seiner Freilassung führen. Das passt zu seinem Wunsch, die Philipper bald wieder zu besuchen (Php 2:24; siehe Mediengalerie, „Reisen von Paulus nach ca. 61 u. Z.“). Das griechische Wort für „Rettung“ (sōtēría) kann auch „Erlösung“ bedeuten. Daher könnte Paulus auch an seine endgültige oder ewige Rettung gedacht haben.
furchtlos rede: Siehe Anm. zu 2Ko 7:4.
ganz offen mit euch reden: Oder „freimütig mit euch reden“. Das entsprechende griechische Wort parrēsía hat die Grundbedeutung „Offenheit im Reden“. (Siehe Anm. zu Apg 28:31.)
Wenn ich lebe, lebe ich für Christus, und wenn ich sterbe, ist es ein Gewinn: Oder „Christus ist mein Leben und zu sterben ein Gewinn“. Im Dienst für Gott und seine Mitchristen hatte Paulus ein erfülltes Leben. Wenn er jedoch in Treue sterben würde, bekäme er als Belohnung ewiges Leben im Himmel (2Ti 4:6-8).
Ich bin zwischen beidem hin- und hergerissen: Die Verhandlung vor dem römischen Kaiser, auf die Paulus unter Hausarrest wartete, konnte auf zwei Arten ausgehen: Entweder würde er weiter leben und seinen Brüdern dienen oder in Treue sterben (2Ti 4:7, 8). Paulus sagt nicht, was er sich aussuchen würde (Php 1:22). Er räumt aber ein, dass „die Erlösung und das Zusammensein mit Christus“ besser sei. Während Christi Gegenwart im Himmel auferweckt zu werden, wäre jedoch nur möglich, wenn er Gott bis zum Tod weiter treu diente (Off 2:10).
die Erlösung: Paulus spricht hier offensichtlich von seinem Tod. Im 2. Timotheusbrief (um 65 u. Z.) gebraucht er ein verwandtes griechisches Wort. Dort sagt er über seinen Tod: „Die Zeit für meine Erlösung steht bevor“ (2Ti 4:6). Mit „Erlösung“ und „Zusammensein mit Christus“ meint Paulus offensichtlich das Gleiche wie in 2Ko 5:8, wo er schreibt: „Wir … würden lieber vom Körper fern und beim Herrn zu Hause sein.“ Wenn Paulus als gesalbter Diener Gottes bis zum Tod treu blieb, konnte er mit einer Auferstehung im „himmlischen Königreich“ Christi rechnen (2Ti 4:18). Wie er in 1Ko 15:23 erklärt, würden nämlich alle, „die zum Christus gehören, während seiner [Christi] Gegenwart“ zu Leben im Himmel auferweckt. Ein Tod in Treue war für Paulus also erstrebenswert – eine „Erlösung“. Diese Ausdrucksweise ist nicht ungewöhnlich. Griechische Schriftsteller gebrauchten das Wort als Euphemismus für den Tod.
Anwesenheit: Im Griechischen steht hier das Wort parousía. Paulus beschreibt damit, dass gerade drei Brüder bei ihm waren. An fünf anderen Stellen gebraucht er das Wort in einem ähnlichen Sinn (2Ko 7:6, 7; 10:10; Php 1:26; 2:12). Es wird auch für die unsichtbare Gegenwart von Jesus Christus verwendet (Mat 24:3; 1Ko 15:23). Viele Bibelübersetzungen geben parousía zwar mit „Ankunft“ oder „Kommen“ wieder, doch die Wiedergabe „Anwesenheit“ oder „Gegenwart“ ist berechtigt. Dass parousía sich auch auf eine unsichtbare Gegenwart beziehen kann, wird aus einer Beschreibung des jüdischen Historikers Josephus deutlich. Er schrieb auf Griechisch über die Gegenwart Gottes am Berg Sinai und gebrauchte dafür das Wort parousía. Die unsichtbare Anwesenheit Gottes wurde dort durch Blitze und Donner deutlich (Jüdische Altertümer, 3. Buch, Kap. 5, Abs. 2). In Php 2:12 verwendet Paulus das Wort in einer Gegenüberstellung seiner „Anwesenheit“ und seiner „Abwesenheit“. Und in 1Ko 5:3 gebraucht er das verwandte Verb páreimi („anwesend sein“) in der Formulierung: „Ich bin zwar körperlich abwesend, aber im Geist bin ich anwesend.“ (Siehe Anm. zu 1Ko 15:23.)
Anwesenheit: Paulus verwendet hier das griechische Wort parousía. Offenbar bezeichnet es eine Zeitspanne – die Zeit, wo er mit den Philippern zusammen ist. Dass seine „Anwesenheit“ gemeint sein muss, ist daran zu erkennen, dass er diese Zeit seiner Abwesenheit (apousía) gegenüberstellt, also der Zeit, wo er nicht bei ihnen ist. Das Wort parousía kommt auch in Verbindung mit Jesus Christus vor. Es bezeichnet die Zeit ab seiner Einsetzung als messianischer König im Himmel zu Beginn der letzten Tage dieses Weltsystems. (Siehe Anm. zu Mat 24:3; 1Ko 15:23; Php 1:26.)
wenn ich wieder bei euch bin: Paulus freute sich darauf, wieder mit den Christen in Philippi zusammen zu sein. In der griechischen Formulierung kommt hier das Wort parousía vor, das wtl. „Dabeisein“ bedeutet. Es wird auch mit „Anwesenheit“ oder „Gegenwart“ übersetzt, vor allem in Verbindung mit Jesus Christus (Mat 24:37; 1Ko 15:23). Dass man parousía in diesem Sinn verstehen kann, wird aus Php 2:12 ersichtlich (siehe Anm.), wo Paulus seine „Anwesenheit“ seiner „Abwesenheit“ gegenüberstellt. (Siehe Anm. zu Mat 24:3; 1Ko 16:17.)
Gegenwart: Das griechische Wort parousía (in vielen Übersetzungen mit „Kommen“ wiedergegeben) bedeutet wtl. „Dabeisein“ oder „Danebensein“. Es bezieht sich nicht einfach nur auf ein Kommen oder eine Ankunft, sondern auf die Anwesenheit während einer bestimmten Zeitspanne. Das wird durch Mat 24:37-39 deutlich, wo „die Zeit Noahs … vor der Sintflut“ mit der „Gegenwart des Menschensohnes“ verglichen wird. Und in Php 2:12 stellte Paulus seine „Anwesenheit“ oder Gegenwart seiner „Abwesenheit“ gegenüber.
waren … ein Herz und eine Seele: Diese Wendung beschreibt die Einheit und Harmonie, die unter den Tausenden von Gläubigen herrschte. Der Ausdruck „mit einer Seele“ ist im griechischen Text in Php 1:27 zu finden; er kann dort auch mit „geschlossen“, „einmütig“ oder „wie ein einziger Mann“ wiedergegeben werden. Im hebräischen Text findet man in 1Ch 12:38 und 2Ch 30:12 (vgl. Fnn.) die Wendung „eines Herzens sein“, die Einigkeit ausdrückt. Die beiden Wörter „Herz“ und „Seele“ werden in den Hebräischen Schriften auch oft zusammen erwähnt und stehen dann für den gesamten inneren Menschen (5Mo 4:29; 6:5; 10:12; 11:13; 26:16; 30:2, 6, 10). Die griechische Wendung wird im vorliegenden Vers ähnlich verwendet und könnte auch so wiedergegeben werden: „stimmten … in ihrem Denken und ihren Zielen völlig überein“. Genau darum hatte Jesus gebetet: dass seine Nachfolger trotz aller Unterschiede eine Einheit bilden (Joh 17:21).
unser Bürgerrecht: Da Philippi eine römische Kolonie war, hatten die Einwohner viele Privilegien. (Siehe Anm. zu Apg 16:12, 21.) Einige Brüder aus der Versammlung dort könnten eine Art römisches Bürgerrecht gehabt haben, das sehr begehrt war. Ob man ein Bürger war oder nicht, spielte eine große Rolle. Paulus spricht hier jedoch von einem weit wertvolleren Bürgerrecht: dem Bürgerrecht im Himmel (Eph 2:19). Er legt gesalbten Christen ans Herz, sich nicht auf „Irdisches“ zu konzentrieren (Php 3:19), sondern auf ihr zukünftiges Leben als „Bürger“ im Himmel. (Siehe Anm. zu Php 1:27.)
habe … gelebt: Das hier verwendete griechische Verb politeuomai könnte man auch mit „sich als Bürger benehmen“ wiedergeben. Paulus wies darauf hin, dass er sich als guter Bürger erwiesen hatte, der die Gesetze seines Landes einhielt. Römische Bürger brachten sich im Allgemeinen aktiv ins politische Geschehen ein, denn das Bürgerrecht hatte einen sehr hohen Stellenwert und war mit Pflichten und Privilegien verbunden (Apg 22:25-30). Als Paulus davon sprach, wie er vor Gott „gelebt“ oder „sich benommen“ hatte, könnte er darauf angespielt haben, dass er in erster Linie ein Bürger von Gottes Königreich war (Php 3:20; vergleiche Anm. zu Php 1:27, wo dasselbe griechische Verb verwendet wird).
verhaltet euch: Oder „benehmt euch weiter als Bürger“. Das entsprechende griechische Verb ist mit den Substantiven für „Bürgerrecht“ (Php 3:20) und „Bürger“ (Apg 21:39) verwandt. Normalerweise brachten sich römische Bürger aktiv im politischen Leben ein, denn das Bürgerrecht hatte einen hohen Stellenwert und ging mit Rechten und Pflichten einher (Apg 22:25-30). Die Einwohner von Philippi hatten von Rom eine Form des Bürgerrechts erhalten. Deshalb wussten die Christen dort, was Paulus meinte: Wenn sie sich so verhalten wollten, dass es der guten Botschaft über den Christus würdig ist, mussten sie sich aktiv einbringen. Sie mussten ihren Glauben ausleben – vor allem, indem sie die gute Botschaft bekannt machten. (Siehe Anm. zu Apg 23:1; Php 3:20.)
geschlossen: Oder „wie ein einziger Mann“. Wtl. „mit einer Seele“. (Siehe Anm. zu Apg 4:32.)
Medien

Das Foto zeigt eine Seite aus dem Papyruskodex P46, der auf die Zeit um 200 u. Z. datiert wird. Der Kodex enthält neun Paulusbriefe, allerdings in einer anderen Reihenfolge als in heutigen Bibeln üblich. (Siehe Mediengalerie, „Der erste Brief von Paulus an die Korinther“ und „Der zweite Brief von Paulus an die Korinther“.) Auf der abgebildeten Seite ist das Ende des Galaterbriefes und der Anfang des Philipperbriefes zu sehen. Das Blatt gehört zum Papyrus Chester Beatty II, der in der Chester Beatty Library in Dublin (Irland) aufbewahrt wird. Auf dem Foto ist die Titelzeile „An [die] Philipper“ hervorgehoben. Der Kodex ist ein Beleg dafür, dass Abschreiber die Bibelbücher schon früh mit Titeln versahen.


Während seiner ersten Gefangenschaft in Rom wohnte Paulus in einem gemieteten Haus und wurde von einem Soldaten bewacht (Apg 28:16, 30). Bei den Römern wurden Gefangene üblicherweise mit der rechten Hand an die linke Hand eines Bewachers gekettet. Dadurch blieb die rechte Hand des Bewachers frei. Paulus erwähnt seine Gefangenschaft oder seine Fesseln bzw. Ketten in den meisten inspirierten Briefen, die er während seines Hausarrests in Rom schrieb (Eph 3:1; 4:1; 6:20; Php 1:7, 13, 14, 17; Kol 4:3, 18; Phm 1, 9, 10, 13).

Die Soldaten der Prätorianergarde trugen normalerweise eine Tunika (1) und manchmal auch einen Umhang (2). Dadurch hatten sie große Bewegungsfreiheit. Die Tunika war damals ein alltägliches Kleidungsstück; sie wurde von Römern, Nichtrömern und Sklaven getragen. Die Soldaten konnte man jedoch leicht an ihren Waffen, dem Gürtel und den Sandalen erkennen. Wenn sich die Prätorianer in der Stadt Rom aufhielten oder den Kaiser bewachten, hatten sie das offizielle Obergewand römischer Bürger an, die Toga (3).