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El Salvador

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Man schrieb den 24. Februar 1945. Ort der Handlung: der Flughafen von Mexico City. Während das kleine Propellerflugzeug die Startbahn entlangrollte, zog der Missionar unruhig an den Armlehnen seines Sitzes. Auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges saßen der Präsident der Watch Tower Society, Nathan H. Knorr, und der Vizepräsident, Frederick W. Franz. N. H. Knorr meinte, wenn der Missionar etwas stärker ziehe, werde das Flugzeug bald vom Erdboden abheben. Später, als es sich dann in der Luft befand, sagte er ihm, er brauche nicht länger zu ziehen, denn seine Bemühungen seien belohnt worden.

Der Missionar war Roscoe A. Stone. Er befand sich in Begleitung seiner Frau Hilda und war auf dem Weg in seine Auslandszuteilung, das kleine, einem Rechteck gleichende zentralamerikanische Land El Salvador. Das Ehepaar sollte damit beginnen, in organisierter Weise die gute Botschaft vom Königreich den damals 1 500 000 Einwohnern des 20 700 km2 großen, von der Sonne verwöhnten, tropischen Fleckchens Erde zu verkündigen.

Das Ehepaar Stone begleitete Bruder Knorr und Bruder Franz nur bis nach Guatemala. Vier Tage später flogen die Missionare den Rest der Strecke bis El Salvador. Vor ihnen lag ein Land mit juwelenähnlichen vulkanischen Seen, erloschenen und tätigen Vulkanen, Kaffeeplantagen und kilometerlangen unberührten Stränden entlang dem Pazifischen Ozean. Auf offenen Märkten wurden exotische Früchte wie Mangos, Papayas, Mammeiäpfel und Mispeln zum Kauf angeboten.

ANKUNFT IN DER NEUEN HEIMAT

Der Zweigaufseher der Watch Tower Society in Mexiko hatte zwei interessierte Personen in San Salvador, der Hauptstadt, gebeten, die Stones am Flugplatz zu empfangen. Ihnen war gesagt worden, die spanische Ausgabe des Wachtturms hochzuhalten, so daß sie erkannt werden könnten. Die Stones trafen jedoch drei Tage vor dem erwarteten Ankunftsdatum ein, was bedeutete, daß niemand sie vom Flugplatz abholte. El Salvador befand sich zu dieser Zeit im Ausnahmezustand, und es gab keine Pressefreiheit. Präsident Osmín Aguirre war gewaltsam zur Macht gelangt, und in vielen staatlichen Einrichtungen wurde gestreikt.

Da sich der Flugplatz von San Salvador ungefähr 10 Kilometer außerhalb der Hauptstadt befand, nahmen die Stones ein Taxi. Gerade als der Fahrer wegen einer Kontrolle am Rand der Stadt hielt, erschütterte eine laute Explosion die Luft. Polizisten kamen auf das Taxi zugelaufen und richteten ihre Gewehre auf die Stones. Der Fahrer erklärte der Polizei aufgeregt, daß kein Grund zur Beunruhigung bestehe, denn es sei ihnen nur ein Reifen geplatzt.

Nachdem diese Schwierigkeit überwunden worden war, kurvte das Taxi an Ochsenkarren, Kindern und Straßenverkäufern vorbei in Richtung Stadtzentrum. Maschinengewehre waren in allen Straßen in der Nähe des Nationalpalastes aufgestellt. Als die Stones dem Beamten der Einwanderungsbehörde ihre Ausweispapiere überreichten, hörten sie ihn etwas von protestantischen Missionaren murmeln, die in sein katholisches Land gekommen seien. Dessenungeachtet wurde ihnen eine Aufenthaltsgenehmigung für sechs Monate erteilt.

Die Stones mieteten ein kleines Haus mit zwei Zimmern und einem Innenhof. Außer einem kleinen Kohleofen gab es keine Kochmöglichkeit. Wasser und Elektrizität waren rationiert und gab es nur zu bestimmten Stunden. Bei der Müllbeseitigung halfen die zahlreichen Geier der Stadt mit. Wie Hühner auf der Stange hockten sie rundum auf der Mauer des Innenhofes und beobachteten von dort aus das Geschehen. Gelinde gesagt, ihre Anwesenheit war etwas bedrückend.

RELIGIÖSE VERGANGENHEIT

Als die Stones in El Salvador eintrafen, waren sie nicht völlig mit der religiösen Vergangenheit ihrer neuen Heimat vertraut. Zu dieser Zeit waren praktisch alle Einwohner nominelle Katholiken. Aber Katholiken in El Salvador unterscheiden sich in ihrer Anbetungsform von denjenigen in Nordamerika. Wieso? Weil Salvadorianer Riten ihrer indianischen Vorfahren in Verbindung mit religiösen Bräuchen der katholischen Kirche pflegen. In einer Schilderung der religiösen Situation in Mittelamerika schreibt ein Historiker:

„Besonders in indianischen Städten schienen die Zeremonien der Kirche von alten heidnischen Formen des Götzendienstes nicht zu trennen zu sein. Es kann mit Sicherheit gesagt werden, daß die katholische Kirche durch die Übernahme vieler nichtchristlicher Bräuche in zahlreichen Gemeinden der [spanischen] Kolonien an Einfluß verloren und viel von der Bedeutung, die sie in Europa genoß, eingebüßt hat“ („Outline History of Latin America“, Wilgus und d’Eca).

Interessanterweise erklärte der Historiker Santiago Barbarena in seinem Werk Ancient History of the Conquest of El Salvador, daß die Indianer schon einen Hohenpriester oder Papst hatten, den sie Papahuaquin nannten, als die Spanier nach Amerika kamen. Für die Eroberer war es nicht leicht, sich diese und viele andere Ähnlichkeiten mit ihrer Religion zu erklären. Später vermieden Chronisten bewußt den Gebrauch dieses Titels, damit der indianische Papst nicht mit dem römischen Papst verwechselt wurde.

Es wurde den Stones bald klar, daß die Leute im allgemeinen wenig oder gar keine Ahnung von der Bibel hatten. Die meisten von ihnen hatten tatsächlich noch nie eine Bibel gesehen, geschweige denn gelesen. Da sie nie darüber belehrt worden waren, wußten nur wenige, was Gott von Christen fordert. So sind gemäß offiziellen Berichten mehr als 50 Prozent aller Geburten in El Salvador unehelich.

Die katholischen Priester selbst geben ein schlechtes Beispiel. Ein Machthaber von El Salvador, Rubén Rosales, sagte später einmal: „Mir ist bekannt, daß ein Priester in Cojutepeque, meinem früheren Wohnort, eine Frau hatte. Es war öffentlich bekannt. Er hatte sogar Söhne mit ihr. ,Warum sollten wir anders handeln als die Priester?‘ war die Erklärung für meine Einstellung.“ Dieses Land war wirklich reif für die Königreichsbotschaft.

BEGINN DER PREDIGTTÄTIGKEIT

Roscoe Stone und seine Frau Hilda gingen drei Tage nach ihrer Ankunft — an dem ursprünglich angekündigten Datum — zum Flugplatz. Hier fielen ihnen ein Mann und eine Frau auf, die nahe beieinanderstanden. Der Mann hielt eine Ausgabe der Adventistenzeitschrift El Centinela hoch, während die Frau einen Wachtturm emporstreckte. Später begannen die Stones, mit ihnen die Bibel zu studieren. Der Mann machte keine Fortschritte, die Frau hingegen fing nach wenigen Wochen an, Hilda in den Predigtdienst zu begleiten. Nach zwei Tagen bat sie Schwester Stone jedoch um ihren Lohn. Als sie erfuhr, wie Jehova sein Volk für seinen Dienst belohnt, stellte sie ihr Studium sowie den Dienst ein und wurde nie mehr gesehen.

Die Stones waren die ersten Zeugen in El Salvador, obwohl vier oder fünf andere zu einem früheren Zeitpunkt Literatur der Gesellschaft verbreitet hatten. Am 28. März, genau einen Monat nach ihrer Ankunft, feierten die Stones mit zwei Personen das Gedächtnismahl. Und am 9. April 1945, als Bruder Knorr und Bruder Franz auf ihrem Rückweg von Südamerika in El Salvador Station machten, hatten sich zehn Salvadorianer am Flugplatz eingefunden, um die Brüder zu begrüßen. Ende 1945 trafen sechs weitere Missionare ein — Marion und Cordelia Barger, Gladys Wilson, Marguerite Stover, Ruth Price und Dorothy Thompson.

DIE ERSTEN TÄUFLINGE

Dank der eifrigen Tätigkeit der auf der Gileadschule ausgebildeten Missionare, die Jehovas Botschaft zu den Menschen trugen, begannen viele, die Zusammenkünfte zu besuchen. Einige der ersten Gileadabsolventen erinnern sich noch an einen älteren Mann, der getauft wurde. Sein Name war Antonio Molina Choto. Bruder Stone studierte mit Antonio, der damals 69 Jahre alt war. Noch im selben Jahr, 1945, symbolisierte er seine Hingabe durch die Taufe und wurde so der erste Zeuge von El Salvador.

Auch Herminio Ramírez und seine Frau waren unter den ersten Salvadorianern, die Zeugen Jehovas wurden. Die Stones studierten mit ihnen fast jeden dritten Tag, und nach etwa 14 Tagen führte Bruder Stone Herminio in den Predigtdienst ein. Sie waren ständige Gefährten und verteilten von einem Ende der Stadt bis zum anderen biblische Literatur und besuchten interessierte Personen. Bruder Ramírez, jetzt ein Ältester, erinnert sich noch sehr gern an diese Zeit, die nun 35 Jahre zurückliegt.

Marguerite Stover fand Joaquín Sarmiento in einer Schule für schwererziehbare Jungen, wo er das Schuhmacherhandwerk lehrte. Fast unverzüglich begann er, die Zusammenkünfte zu besuchen. Anläßlich seiner ersten Zusammenkunft hörte er, daß Predigtdienst-Bekanntmachungen für den folgenden Sonntag gegeben wurden. Er kam und war bereit mitzugehen. Von dieser Zeit an sah man Bruder Stone und Joaquín des öfteren zusammen im Predigtdienst.

ERÖFFNUNG EINES ZWEIGBÜROS

Am 30. April 1946 traten Raymond und Della Maples, Winona Firth und Evelyn Hill ihren Auslandsdienst in El SaIvador an. Etwa ein Jahr nachdem die Stones angekommen waren, arbeiteten nun 10 Gileadabsolventen in El Salvador; die Bargers waren aus Gesundheitsgründen zurückgekehrt. Diese Gruppe von Missionaren erwartete gespannt den Besuch von Bruder Knorr und Bruder Franz. Während dieses Besuches im Mai 1946 wurde in El Salvador ein Zweigbüro eröffnet, und Bruder Roscoe Stone diente als erster Zweigdiener.

Der Höhepunkt des Besuches kam, als sich 66 Personen im Innenhof des Missionarheims versammelten, um Bruder Knorrs Vortrag „Seid fröhlich, ihr Nationen“ zu hören. Vier Personen wurden getauft. Im Mai 1946 gab es 24 Lobpreiser Jehovas — 14 einheimische Verkündiger und 10 Missionare.

MISSIONARTÄTIGKEIT IN SANTA ANA

Im Juni 1946 trafen Leo Mahan und seine Frau Esther sowie Mildred Olson und Evelyn Trabert ein. Ihre Zuteilung lautete Santa Ana, El Salvadors zweitgrößte Stadt. Sie befindet sich im Herzen des Kaffeeanbaugebiets im westlichen Teil des Landes. Diese Stadt war nach San Salvador die erste, auf die sich die Missionartätigkeit ausdehnte. Ein geeignetes Haus für ein Missionarheim wurde noch am ersten Tag ausfindig gemacht.

Das Analphabetentum war weit verbreitet. So mußten die Missionare häufig die gedruckte Zeugniskarte in ihrem gebrochenen Spanisch selbst vorlesen. Die Reaktion darauf war oft ein hilfloser Blick des Wohnungsinhabers. Literatur konnte man leicht abgeben, aber mangelnde Sprachkenntnisse erschwerten die Heimbibelstudientätigkeit. Dieses Problem wurde etwas gemildert, als Schwester Wilson und Schwester Stover nach Santa Ana geschickt wurden, um den neuen Missionaren beim Erlernen der Sprache behilflich zu sein. Während diese beharrlich weiterpredigten, fanden sie schließlich Personen, die nach der biblischen Wahrheit dürsteten.

Eine davon war Leonor Escobar. Man begann ein Bibelstudium mit ihr, und nach ungefähr vier Monaten beteiligte sie sich am Predigtdienst. Vor einigen Jahren, als sie 91 war, führte sie noch vier Bibelstudien wöchentlich durch und verbrachte 30 Stunden monatlich im Predigtdienst. Während sie nun auf die Hundert zugeht, steht sie immer noch treu im Dienst Jehovas. Sie glaubt, daß die Predigttätigkeit dazu beigetragen hat, daß sie sich einer besseren Gesundheit erfreut als zu der Zeit, bevor sie die Wahrheit kennenlernte.

Rosa Ascencio, eine Baptistin, hörte, daß die Missionare in Santa Ana ein Buch über die Bibel verkauften, und äußerte den Wunsch, auch eines zu besitzen. Kurze Zeit darauf brachte eine ihrer Bekannten Mildred Olson zu ihr, von der sie das Buch „Die Wahrheit wird euch frei machen“ erhielt. Schon in der nächsten Woche begann Mildred, mit ihr zu studieren, und nur vier Monate danach wurde sie in den Predigtdienst eingeladen. Sie machte schnell Fortschritte und wurde am 6. Juni 1947 getauft. Im darauffolgenden Jahr wurde Rosa der erste allgemeine Pionier in Santa Ana.

Nach zweimonatiger Predigttätigkeit in Santa Ana besuchten Neuinteressierte die Zusammenkünfte. Bald darauf wurde eine Versammlung gegründet. Im Januar 1947 wurden Evelyn Hill und ihre Partnerin Winona Firth von San Salvador nach Santa Ana versetzt, um dort zu helfen Zur gleichen Zeit trafen drei neue Gileadabsolventen aus der sechsten Klasse ein, und zwar Walter und Ione Wissman und Mary Taciak, die den Platz der versetzten Missionare einnahmen.

EIN NEUES MISSIONARHEIM

Anfang 1947 wurde ein neues Heim in San Salvador in der North Twelfth Avenue, Ecke Centenary Park erworben, das gleichzeitig als Zweigbüro und Missionarheim diente. Es hatte fünf Schlafräume, die den Innenhof auf drei Seiten umgaben, und auf der vierten Seite stand eine drei Meter hohe Mauer. Im Innenhof gab es Palmen und andere Bäume, und es war etwas Aufregendes, exotische Früchte wie Mangos, Zitronen, bittere Orangen und Feigen selbst pflücken zu können.

Die Zusammenkünfte der Versammlung wurden im Korridor abgehalten. Es war nicht ungewöhnlich, daß einige, die schon früh zu den Zusammenkünften kamen, ganz ungezwungen eine Unterhaltung mit einer Missionarin begannen und zu diesem Zweck die Vorhänge der Schlafzimmerfenster zurückzogen, während sich die Missionarin zurechtmachte und andere persönliche Vorbereitungen traf. An diese Einschränkung des Privatlebens mußte man sich erst gewöhnen, aber nach und nach paßte man sich an.

Zu den Annehmlichkeiten des Hauses gehörte ein stattlicher selbstgebauter Ofen aus Lehmziegeln. Große Mengen grünes Holz wurden gekauft und so lange gelagert, bis das Holz trocken genug war und gut brannte. Aufregend wurde es, wenn gelegentlich große Spinnen oder andere tropische Insekten mit dem Holz hereingetragen wurden und in die Schlafräume gelangten, wo sie sich dann in Schuhen oder irgendwelchen Kleidungsstücken verkrochen. Obwohl so etwas öfter vorkam, waren Verletzungen selten und blieben ohne ernste Folgen.

Das Wasser heiß zu machen sowie das Kochen auf diesem behelfsmäßigen Ofen war äußerst schwierig. Am Kochtag mußte die Missionarin morgens um 5 Uhr das Feuer in Gang bringen, damit sie um 7 Uhr heißes Wasser hatte und das Frühstück servieren konnte. Die Waschgelegenheit bestand aus einem großen Wassertank aus Zement, aus dem man mit einem ausgehöhlten Kürbis das Wasser schöpfte und es sich über den Körper goß.

Andererseits waren erfreuliche Erfahrungen an der Tagesordnung, die das Herz der Missionare höher schlagen ließen und sie die Unannehmlichkeiten vergessen ließen Viele Samenkörner der Wahrheit, die damals ausgestreut wurden, brachten Mitverkündiger der guten Botschaft hervor, die Jehova nach all den Jahren immer noch treu dienen.

WIDERSTAND IN SANTA ANA

Evelyn Hill und Winona Firth waren gerade rechtzeitig nach Santa Ana gekommen, um an den Vorarbeiten für den ersten Kreiskongreß, der vom 21. bis 23. März 1947 stattfinden sollte, teilzunehmen. Den öffentlichen Vortrag „Gesegnet sind die Friedfertigen“ hörten 475 Personen. Bei dieser Gelegenheit wurden die katholischen Priester auf uns und unsere Tätigkeit aufmerksam.

Am Sonntag, dem 30. März, organisierten die Priester eine öffentliche Kundgebung gegen uns. Flugblätter wurden in der ganzen Stadt verteilt. Darauf stand zu lesen:

„O Freunde von Santa Ana! Laßt uns zu Sankt Michael beten, damit er uns vor den trügerischen Fallen Satans schütze, dessen Zeugen seit einiger Zeit in unserer Stadt tätig sind. Die listigen ,Atalayas‘ [Wachtturm-Leute] kommen nach El Salvador und siedeln sich in unserem Lande an, um Proselyten zu machen. Das ist nicht zu verwundern, da Onkel Sam und der Teufel unter einer Decke stecken.“

An diesem Sonntag hatte sich eine kleine Gruppe im Missionarheim für das wöchentliche Wachtturm-Studium zusammengefunden. Plötzlich liefen Jungen vorbei und warfen große Steine durch die offene Tür. Sie verfehlten nur knapp einige Brüder. Dann kam die Prozession, die von den Priestern angeführt wurde. Viele hielten Fackeln in der Hand, andere dagegen trugen ihre Heiligenbilder. Schnell wurde die Tür des Missionarheims geschlossen, und zwei Stunden lang wurde sie mit Steinen bombardiert. Das maschinengewehrähnliche Geräusch der gegen die Tür prasselnden Steine wurde von den Rufen „Lang lebe Maria!“ und „Möge Jehova sterben!“ übertönt. Gegen 23 Uhr konnten die Brüder in Ruhe den Heimweg antreten.

Durch diesen Zwischenfall wurde das Predigtwerk allgemein bekannt, und die Leute wollten wissen, wer die Zeugen waren. Wo immer die Verkündiger auftauchten, wurden sie durch den Ruf „Atalaya!“ angekündigt, denn die Priester hatten ihre Leute so angewiesen. Auf die Kinder von Mitverbundenen wurde ebenfalls Druck ausgeübt, indem man sie zum Kirchenbesuch aufforderte, obwohl diese Kinder staatliche Schulen besuchten.

Die Beharrlichkeit der Zeugen machte einen tiefen Eindruck auf die Menschen in Santa Ana. Sie hatten erwartet, daß sie weiterziehen würden, sobald sie alle ihre Literatur verkauft hätten. Welch eine Überraschung war es doch, als sie wiederkamen, um interessierten Personen zu zeigen, wie man den besten Nutzen aus den Publikationen ziehen kann! Unter denen, die die Wahrheit annahmen, waren drei blinde Männer, die sehr eifrige Verkündiger wurden.

Beim Gedächtnismahl am Sonntag, den 6. April waren 104 Personen versammelt. Am Ende des Dienstjahres 1947 gab es 48 Königreichsverkündiger in Santa Ana, was eine erfreuliche Zunahme darstellte, wenn man bedenkt, daß die Missionare erst im Juni 1946 angekommen waren.

DAS WERK GEHT VORAN

Im August 1947 wurde Roscoe Stone gebeten, nach San Miguel zu gehen, um auch dieses Gebiet für die Predigttätigkeit zu erschließen. Bruder Mahan wurde von Santa Ana nach San Salvador versetzt, um das Amt des Zweigdieners zu übernehmen. Bald darauf kehrten die Stones in die Vereinigten Staaten zurück, so daß die Ausdehnung des Werkes in San Miguel auf einen künftigen Zeitpunkt verschoben werden mußte.

Dennoch wurde die Predigttätigkeit fortgesetzt, und das Werk ging voran. Joaquín Sarmiento zum Beispiel ergriff die Initiative und hielt öffentliche Vorträge, sogar bevor er getauft war. Die Nacht vor seinem ersten öffentlichen Vortrag verbrachte er im Krankenhaus, wo er auf die Geburt seines Sohnes, Joaquín jr., wartete. Um 6 Uhr morgens wurde sein Sohn geboren, und Joaquín ging nach Hause, frühstückte und beteiligte sich am Predigtdienst. Er machte Rückbesuche und lud Leute für den öffentlichen Vortrag am Nachmittag ein. So waren dann um 4 Uhr 40 Personen anwesend, um ihn über das Thema sprechen zu hören: „Weltfrieden — durch wen?“ Jener kleine Junge, der 1947 das Licht der Welt erblickte, ist mittlerweile ein Ältester und ein ausgezeichneter öffentlicher Redner geworden, der nun in einer der Versammlungen San Salvadors dient.

EINIGE MISSIONARE GEHEN, ANDERE KOMMEN

Krankheiten spielten den Missionaren übel mit und veranlaßten einige, El Salvador zu verlassen. Ende 1948 hatten sich die Reihen der Missionare derart gelichtet, daß von den 17, die im Vorjahr dort gedient hatten, nur noch 5 im Lande waren. Um die Lücke etwas auszufüllen, wurde Charles Beedle, ein Gileadabsolvent, der in Guatemala diente, als Zweigdiener nach El Salvador gesandt.

Bruder Beedle hatte einen ausgefüllten Zeitplan. Er leitete die Dienstversammlung in San Salvador am Donnerstag und machte dann die Reise nach Santa Ana, um am Freitag die Dienstversammlung dort zu leiten. Eine Zeitlang hielt er diesen Zeitplan jede Woche ein. Er war nicht nur Zweigdiener, sondern auch Versammlungsdiener der beiden Versammlungen in San Salvador und Santa Ana und außerdem noch Heimdiener des Missionarheims in San Salvador.

Im November 1948 trafen Charlotte Bowin und Julia Clogston ein. Ihnen wurde das Gebiet von San Jacinto — ein Stadtteil von San Salvador — zugeteilt. Diese Missionare wurden sehr geschätzt, denn sie hatten in spanischsprachigen Gebieten wie Texas und Mexico City gearbeitet. Sie kamen gerade recht, um Augenzeugen einer Militärrevolte zu werden, die sich im Dezember ereignete. Waren eben die Geschäfte noch geöffnet und ging alles seinen gewohnten Gang, so schien die Geschäftswelt von einer Minute zur anderen wie gelähmt zu sein, und jedermann hastete in eine andere Richtung. Die Regierung Präsident Castañeda Castros war durch einen Staatsstreich abgelöst worden.

RUNDFUNK ZUNUTZE GEMACHT

Ab Januar 1949 bediente man sich beim Predigen der Königreichsbotschaft des Rundfunks. Ein Bauingenieur stellte den Zeugen jeden Sonntagabend seine Radiostation YSLL für eine Stunde zur Verfügung. Bruder Beedle führte die „Wachtturm-Stunde“ ein, indem er den Vortrag „Die Sanftmütigen werden die Erde ererben“ hielt. Dann stellte er der Zuhörerschaft die fiktive „Familie López“ vor.

In den folgenden Wochen konnte die Öffentlichkeit zuhören, wie im Heimbibelstudium mit dieser Familie die Königreichsbotschaft besprochen wurde. Außer den Büchern „Die Wahrheit wird euch frei machen“, „Gott bleibt wahrhaftig“ und „Dies bedeutet ewiges Leben“ wurden auch Artikel aus dem Wachtturm bei den biblischen Besprechungen benutzt. Im Rahmen dieser Sendereihe begann die Familie López die örtlichen Zusammenkünfte im Königreichssaal zu besuchen. Schließlich nahmen sie alle die Wahrheit an, wurden getauft und verkündigten die Botschaft anderen. Das Leben der Familie López wurde von der Zuhörerschaft fleißig kommentiert.

UMZUG DES ZWEIGBÜROS

Im März 1949 wurden Räumlichkeiten für ein neues Missionarheim und Zweigbüro erworben. Die Schwestern Thompson, Wilson, Taciak, Stover, Price, Bowin und Clogston zogen zusammen mit Bruder Beedle in dieses moderne Haus aus Stahlbeton, das fünf Schlafräume hatte und sich an der Ecke Campos Street und Republic of Cuba Avenue befand. Die Zusammenkünfte fanden in einem überdachten Innenhof statt. Eine der Nachbarinnen war Maria Luisa Reyes. Sie stimmte einem Heimbibelstudium zu, das ihr von einer der Missionarinnen angeboten wurde, und kam später zur Wahrheit.

In demselben Monat wurde ein Kreiskongreß in San Salvador abgehalten. An den ersten beiden Tagen lief das Programm im Innenhof des alten Missionarheims am Centenary Park ab. Aber am Sonntag stand ein wunderschönes städtisches Schulgebäude zur Verfügung, und 210 Personen, einschließlich der 42, die die Reise von Santa Ana gemacht hatten, hörten den öffentlichen Vortrag. Im folgenden Monat versammelten sich 157 Personen, um dem Gedächtnismahl in San Salvador beizuwohnen

FORTSCHRITT IN SANTA ANA

Im Juli 1949 wurden die Brüder in Santa Ana erneut zur Zielscheibe der Angriffe durch die katholische Hierarchie. Die Kirche veröffentlichte einige sehr gezielte Artikel, die gegen unser Werk gerichtet waren. Aber anstelle von Tatsachen wurden Lügen aufgetischt, wovon sich die Leute in Santa Ana einen Monat später auf einzigartige Weise überzeugen konnten. Einer der Artikel bemerkte, daß nur drei arme blinde Männer Zeugen Jehovas geworden seien. Er schloß mit der folgenden verworrenen Ermahnung an die katholischen Laien: „Denkt daran, daß es besser ist, nie Englisch zu lernen, als zur Hölle zu gehen, weil man aus der Kirche ausgetreten ist.“

Einen Monat später, im August, wurde ein zweiter Kreiskongreß abgehalten, dieses Mal in Santa Ana. Aber zusätzlich zu den drei blinden Männern beteiligten sich viele andere an der Bekanntmachung des öffentlichen Vortrags „Das einzige Licht“, indem sie Handzettel verteilten und Plakate trugen. San Salvador war mit 50 Delegierten auf diesem Kongreß vertreten. Insgesamt 188 Personen hörten am Sonntag den öffentlichen Vortrag im Königreichssaal am Ort. Die Nachbarn fanden es sicherlich äußerst seltsam, daß drei blinde Männer soviel Besuch hatten.

Später im Jahre 1949 kamen vier weitere Missionare aus der 10. Klasse Gileads nach El Salvador, und zwar Tillman und Josephine Humphrey zusammen mit Vivian Uhl und ihrer Schwester Gloria Bauert. Sie waren vorübergehend für das Werk in Santa Ana vorgesehen.

BEGINN DES WERKES IM OSTEN

Zu dieser Zeit wurde beschlossen, mit dem Werk in San Miguel zu beginnen. Die vier neuen Missionare wurden dorthin gesandt, und ein neues Missionarheim wurde eröffnet.

San Miguel ist die drittgrößte Stadt der Republik. Sie liegt 50 km vom Pazifischen Ozean entfernt und 460 m tiefer als die Hauptstadt. Nur wenige Bäume spenden Schatten. Fast das ganze Jahr hindurch ist es drückend heiß. Während der sechsmonatigen Trockenzeit weht der Wind gewaltige Mengen von Staub und Schmutz in die Häuser. Die Missionare bewiesen jedoch Mut und harrten trotz der widrigen Umstände aus. Die Stadt ist sehr religiös. In der Karwoche bewegen sich auf dem Kopfsteinpflaster der Straßen lange Prozessionen von Menschen, die, mit Fackeln ausgerüstet, singend ihren Heiligenbildern folgen — voran eine Darstellung von Maria und Joseph, dann ein Jesusbild, das zeigt, wie er ein großes Holzkreuz trägt, und danach eine Jesusstatue in einem kunstvoll geschnitzten Holzsarg mit Glaseinsatz, so daß man die blutigen Wundmale an seinen Händen und Füßen sehen kann.

Die Missionare waren unter den ersten Angelsachsen, die nach San Miguel kamen. Wenn ein Bruder von außerhalb hier einen öffentlichen Vortrag hielt, war der Innenhof des Missionarheims stets dicht besetzt. Bald kamen 30 bis 40 Personen zu den Zusammenkünften. Am Sonntag, dem 6. Mai 1951 — Bruder Humphrey beendete gerade die Zusammenkunft mit einem Gebet —, erschütterte ein starkes Beben das Haus aus Lehmziegeln. Als er sein Gebet beendet hatte und die Augen öffnete, sah er die Missionare allein im Innenhof. Alle anderen waren auf die Straße geflohen, wie es bei Erdbeben dort üblich ist.

Am folgenden Tag erfuhr man, daß die Städte Jucuapa, Chinameca, Berlín und Santiago de María schwere Schäden davongetragen hatten. In Jucuapa waren viele Leute zum Beten in die Kirche gelaufen. Nicht wenige fand man unter den großen Ziegeln und den eingestürzten Lehmmauern der Kirche. Sie waren unter dem Schutt erstickt. Man begann mit einer gewaltigen Hilfsaktion. Die Flüchtlinge wurden in Schulgebäuden von San Miguel einquartiert, und einige wurden nach San Salvador evakuiert.

DIE WAHRHEIT WIRD IM KRANKENHAUS VERBREITET

Ein Mann, der mit einem Zeugen studierte, erlitt einen Unfall und wurde in das Rosales-Krankenhaus in San Salvador eingeliefert. Schon bald sprach er mit jedem, den er traf, über die Wahrheit. Es dauerte nicht lange, und er hörte, daß jemand anders die gleiche Botschaft verbreitete, und zwar auf der Tuberkulosestation. Er unterrichtete die Missionarin Gladys Wilson darüber. Und wie überrascht war sie, als sie Luis Salinas und fünf andere Interessierte vorfand! Sie hatten die Publikationen der Gesellschaft eifrig studiert und waren nun überglücklich, Kontakt mit Jehovas Zeugen zu haben.

Gladys begann direkt auf der Tuberkulosestation ein Bibelstudium mit ungefähr 50 Personen. Die ersten sechs Interessierten machten ausgezeichnete Fortschritte und gaben den anderen 200 Patienten auf der Station Zeugnis. Einige dieser Patienten starben. Aber andere wurden entlassen und fuhren fort, ihr geistiges Wachstum anderswo zu fördern.

INTERNATIONALER KONGRESS 1950

Die Missionare freuten sich sehr, als Bruder Knorr allen Missionaren, die vier ausgenommen, die Ende 1949 eingetroffen waren, erlaubte, dem internationalen Kongreß im Yankee Stadium in New York beizuwohnen. Während der Abwesenheit der Missionare übernahmen die salvadorianischen Brüder freudig die Verantwortung für alle Zusammenkünfte und für die Studien der Missionare. Sie machten die Sache gut. Noch Monate danach leiteten die Brüder Erfahrungen oft mit den Worten ein: „Damals, als die Missionare weg waren und ich mich um ihre Studien oder sonstigen Dienstaufgaben kümmerte ...“ Dann fuhren sie fort und berichteten, wie Jehova ihre Bemühungen gesegnet hatte. Die Zusammenarbeit aller einheimischen Brüder in jener Zeit war für die zurückkehrenden Missionare zweifellos eine Ermunterung.

Während des Dienstjahres 1950 wurde eine Höchstzahl von 250 Königreichsverkündigern einschließlich der 18 Missionare erreicht. Mit der in San Miguel gegründeten Versammlung gab es nun vier Versammlungen des Volkes Jehovas in El Salvador.

ERFOLGREICHE KREISKONGRESSE

Eines der Ziele für das neue Dienstjahr war die Stärkung der Versammlung San Miguel im Osten. Um das zu erreichen, war sicherlich ein Kongreß das gegebene. So wurde im November 1950 in dieser heißen Stadt ein Kreiskongreß abgehalten. Jedermann war überglücklich, als sich 13 Personen bereit erklärten, Jehovas Willen zu tun und ihre Hingabe durch die Wassertaufe zu symbolisieren.

Für viele fand die Taufe in einem ungewöhnlichen Rahmen statt: Zwei Missionare wateten in das tiefe, schmutzigtrübe Wasser des Rio Grande. Fische schossen lautlos davon, und das Kreischen der Papageien erfüllte die Luft, während die Taufhandlung ruhig und ordentlich ihren Verlauf nahm. Welch ein Gegensatz zu den pompösen Taufzeremonien der Kirchen!

Im April 1951 führte man einen weiteren Kreiskongreß durch, diesmal im Westen des Landes, und zwar in dem wunderschönen Nationaltheater von Santa Ana. Mehr als 200 Zeugen strömten in die Stadt, und 1 300 Personen füllten das Theater bis auf den letzten Platz, um den Vortrag „Das Ende dieser Welt überleben“ zu hören.

KÖNIGREICHSSAAL UND NEUES HEIM

In San Salvador, der Hauptstadt, erfreute man sich ebenfalls des Wachstums. Tatsächlich benötigten die Brüder größere Versammlungsstätten. Jedoch kosteten die meisten Räumlichkeiten, die für die Versammlung geeignet waren, zwischen 120 und 160 US-Dollar pro Monat, was die Mittel der Brüder überstieg. Schließlich mietete man im Geschäftsviertel der Stadt einen großen Saal im Obergeschoß eines Hauses an der Ecke Sixth Street und South First Avenue. Als die Versammlung sich ausdehnte, wurden Wände entfernt, um mehr Raum zu schaffen für all diejenigen, die günstig auf die Königreichsbotschaft reagierten. Das Jahr 1951 zeichnete sich in El Salvador durch eine besondere Zunahme aus, denn in den sieben Versammlungen wurde eine Höchstzahl von insgesamt 321 Königreichsverkündigern erreicht.

Gleichzeitig mit dem Umzug in den neuen Königreichssaal wurden das Missionarheim und das Zweigbüro in die West 23rd Street, Ecke North First Avenue verlegt. Das Heim hatte fünf behagliche Schlafräume, außerdem ein geräumiges Büro, ein Eßzimmer, eine Küche, eine Vorratskammer und einen kleinen Aufenthaltsraum. Es waren auch drei Badezimmer vorhanden. Hier wurde den Missionaren als erste moderne Annehmlichkeit eine Waschmaschine vorgestellt. Sie wurde für nur 10 $ von einem Interessierten eines Missionars erworben. Alle freuten sich an dem Weiß der Bettwäsche und waren glücklich, ihre kleinen Waschbretter beiseite legen zu können.

Ein alter hölzerner Eisschrank tat ebenfalls noch seinen Dienst. Eine der Aufgaben des Missionars, der Kochdienst hatte, bestand darin, morgens um 5 Uhr den Eismann zu „erwischen“, um den täglichen Bedarf an 50 Pfund Eis zu decken. Aber schließlich trat auch der Eisschrank in den „Ruhestand“ und wurde durch einen modernen Kühlschrank ersetzt, für den die Missionare das Geld aufgebracht hatten. So wurde das Missionarheim allmählich mit modernen Annehmlichkeiten ausgestattet.

DIE KATHEDRALE BRENNT

Am 8. August 1951 brach im Nationaltheater von San Salvador ein Feuer aus. Himmelhoch loderten die Flammen und schlugen auf die alte Kathedrale über, die sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand. Atemlos beobachteten Tausende, wie der 80 Jahre alte Dachstuhl zu schwelen begann. Ein Möchtegernheld stürmte auf das Dach und schlug ein Loch hinein. Das sollte ein künstlicher Abzug sein, bewirkte aber, daß das Feuer nur noch rasender um sich griff. Im Handumdrehen glich die Kathedrale einem glühenden Hochofen.

Innerhalb von 40 Minuten verwandelte sich dieses einst hochverehrte Bauwerk, das im Kolonialstil erbaut worden war, in Asche. Viele Gläubige brachen in Tränen aus. Einige hatten unter Einsatz ihres Lebens eine Jesusstatue gerettet und sie auf die Stufen vor dem Nationalpalast gelegt, gegenüber der ausgebrannten Kathedrale. Anhand von Psalm 115 zeigten viele Zeugen, daß dieses Götzenbild unfähig war, die brennende Kirche aus eigener Kraft zu verlassen, und unterstrichen damit die Ohnmacht der Götzen.

Die katholische Kirche bat die Regierung um Geld, damit eine neue Kathedrale gebaut werden könne. Einer der Hauptgegner des kirchlichen Gesuchs war ein junger Ingenieur namens Baltasar Perla. Nach seiner Entfernung aus dem Komitee, das die Angelegenheit behandelte, hatte die Kirche mit ihrem Anliegen Erfolg und erhielt von der Regierung eine Million Colones (400 000 $). Außerdem forderte die Kirche die Leute auf, den Wiederaufbau finanziell zu unterstützen. Alle Arbeiter des Landes sollten einen Tagelohn opfern. Heute, fast 30 Jahre später, ist die Kathedrale immer noch nicht fertig, und die Kirche bemüht sich weiterhin um finanzielle Unterstützung.

LÖSUNG EINES PROBLEMS

Das Dienstjahr 1952 begann mit einem Kreiskongreß in San Salvador, und 640 Personen besuchten den öffentlichen Vortrag im Follies-Theater. Zahlenmäßig wuchs die Organisation, aber gleichzeitig spürte man, daß etwas nicht stimmte. Was war es?

Im Januar 1952 stattete Bruder T. H. Siebenlist, ein besonderer Beauftragter der Gesellschaft, El Salvador einen Besuch ab. Nach Überprüfung der Lage fand er schnell das Problem heraus. Viele Paare lebten zusammen, ohne verheiratet zu sein, wurden jedoch als Königreichsverkündiger gezählt. Dies betrübte den heiligen Geist.

Bruder Siebenlist unterstrich in seinen Vorträgen in San Salvador, Chalchuapa und San Miguel jedesmal die Notwendigkeit, die Ehen zu legalisieren. In dem Bericht über El Salvador, der im Jahrbuch von 1953 (engl.) erschien und die Situation behandelte, heißt es:

„Wir erkannten, daß wir nachlässig gehandelt hatten. ... Wir fürchteten, Brüder zu verlieren, und das war zum Schaden der Organisation. Wer aber sein Leben vom 1. Februar 1952 an nicht gemäß den biblischen Anforderungen führte konnte nicht länger als Zeuge Jehovas gezählt werden, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er sein Leben in Ordnung gebracht hatte. Diejenigen, die aufrichtigen Herzens umkehrten und ihren Wandel änderten, wurden nicht ausgeschlossen, sondern es wurde ihnen bei ihren Problemen geholfen. Manchmal bereiteten uns die komplizierten Fälle Kopfzerbrechen. Der Februar-Bericht von El Salvador zeigte einen Rückgang von 100 Verkündigern gegenüber unserer letzten Höchstzahl. Wir waren jedoch entschlossen, die Sache durchzustehen. ...

März, April und Mai gingen vorüber, und wir alle fühlten uns wohler. Es herrschte ein guter, sauberer Geist in der ganzen Organisation. Alle die ehemaligen ,Mitläufer‘ waren ausgesondert worden. Unsere guten Verkündiger hatten ihr Leben in Ordnung gebracht, und wir verspürten den Geist Jehovas und seinen Segen bei unserer Arbeit. Ja, wir arbeiteten genauso schwer wie vorher, aber nun sahen wir etwas für unsere Mühe, die Resultate wurden offenbar. ...

Natürlich war die Zahl der Verkündiger zurückgegangen, aber die Gesamtzahl der Stunden sank nicht, sondern nahm sogar zu. Die Verkündiger zeichneten sich durch einen großen Eifer aus; sie machten mehr Nachbesuche und führten mehr Studien durch als jemals zuvor in der Geschichte des Landes. Wir waren also nicht auf diejenigen angewiesen, die von uns weggegangen waren, obwohl wir dies angenommen hatten. Wir hatten nicht begriffen, daß es auf die Hingabe an Jehova und nicht auf die Hingabe an ein Werk ankommt.“

REGISTRIERUNG VON EHEN

Rosa Ascencio, die erste salvadorianische Pionierin in Santa Ana, wurde von dieser Entscheidung betroffen. Sie lebte mit Virgilio Montero, einem Musiker der staatlichen Militärkapelle, in einer Ehe nach Übereinkunft. Er war ebenfalls ein getaufter Zeuge. Was würden sie unternehmen?

Rosa erklärte: „Wir wußten, daß wir falsch handelten, aber wir warteten einfach auf jemanden, der es uns sagte.“

Unverzüglich brachen sie ihr Verhältnis ab und machten sich daran, ihr Leben nach biblischen Grundsätzen auszurichten. Vier Jahre lang bemühte sich Virgilio um die Scheidung von seiner früheren Lebenspartnerin. Erst dann erlangte er die nötigen Papiere, um Rosa heiraten zu können. Schließlich wurden sie gesetzlich getraut und symbolisierten ihre Hingabe an Jehova ein zweites Mal durch die Wassertaufe. Später erfreute sich Virgilio der Segnungen Jehovas als Aufseher in einer Versammlung in San Salvador, und eine Zeitlang war er als Kreisdiener tätig. Bis zu ihrem Tode wurden beide von ihren Brüdern in El Salvador sehr geschätzt und geliebt.

Das Leben mit biblischen Grundsätzen in Übereinstimmung zu bringen war in den meisten Fällen leichter gesagt als getan. Dennoch unternahmen viele alle Schritte, die notwendig waren, um den biblischen Anforderungen Genüge zu tun. Der „Eheschließungsfeldzug“ erlangte immer mehr Auftrieb, und die Beamten im Rathaus waren beeindruckt, als die Missionare ein Ehepaar nach dem anderen brachten, manchmal sogar mit Kindern, um ihre Ehe registrieren zu lassen.

Der Bürgermeister von San Salvador sagte einmal zu Mary Taciak: „Sie unterweisen die Leute, und dann bringen Sie sie zu mir, damit ich sie traue.“ Genau das taten die Missionare. Als einmal ein kleiner Junge seinen Vater vom Heiraten sprechen hörte, sagte er zu ihm: „Aber du wirst doch meine Mutter heiraten, nicht wahr?“

Eines Tages traf Mary Taciak im Haus-zu-Haus-Dienst in Colonia La Rábida eine junge Mutter an, die einem Bibelstudium zustimmte. Im Laufe der Zeit studierten die Frau und ihr Lebensgefährte, Ramon Argueta, immer eifriger und besuchten regelmäßig die Zusammenkünfte. Als Mary sie fragte, ob sie verheiratet seien, sagte Ramon: „Nein, wir machen es wie Adam und Eva; wir leben zusammen, ohne verheiratet zu sein.“

Aber Mary erklärte ihnen, daß Jehova Adam und Eva getraut hatte. Als sie das erfuhren, wünschten sie, auch ihre Ehe registrieren zu lassen. Dann begann man, die Geburtsurkunden der Eltern und der vier Kinder zusammenzusuchen. Die Urkunde Ramons war nicht aufzufinden, und so mußten sie einen Gerichtsmediziner aufsuchen, damit eine offizielle Schätzung seines Alters vorgenommen werden konnte. Als der Arzt Mary sah, fragte er sie, in welchem Verhältnis diese Leute zu ihr stünden. „Es sind meine Brüder“, sagte Mary. Er schüttelte nur den Kopf und meinte: „Eure Religion zeichnet sich wirklich durch wahre Bruderschaft aus.“

Zu den Bemühungen, Personen bei der Registrierung ihrer Ehe behilflich zu sein, bemerkte das Jahrbuch von 1953 (engl.) folgendes: „Unsere hohen moralischen Sittenmaßstäbe blieben nicht unbemerkt. Sie wirkten anziehend auf die Leute, anstatt sie abzustoßen. Verantwortungsvolle Menschen von der Welt bemerkten dies und lobten uns.“

GEBRAUCH DER BIBEL VON HAUS ZU HAUS

Auch veranschaulichte Bruder Siebenlist bei seinem Besuch, wie man im Haus-zu-Haus-Dienst direkt aus der Bibel einige Schriftstellen vorlesen könne, anstatt dem Wohnungsinhaber eine plastiküberzogene Zeugniskarte zu überreichen. Erst anläßlich seines Besuches in San Miguel setzten die Missionare diese neue Art des Predigens in die Tat um. Viele begeisterte Bemerkungen wie „Ich habe das Gefühl, die Leute wirklich unterwiesen zu haben, selbst wenn sie keine Literatur nehmen“ waren zu hören. In kurzer Zeit waren alle Verkündiger in El Salvador mit dieser Methode vertraut und wandten sie im Dienst an.

KREISKONGRESSE — FREUDIGE ANLÄSSE

Als die Organisation klein war, freuten sich die Brüder besonders auf die dreitägigen Kreiskongresse. Vor allem für die Missionare war es eine Zeit der Kameradschaft, was auch auf den Kreiskongreß in San Miguel im Mai 1952 zutraf.

Nach Schluß des Programms drängten sich die 22 Missionare in das Missionarheim von San Miguel, und wo immer sie Platz fanden, schlugen sie ihr Nachtlager auf. Einige hatten Feldbetten, andere schliefen in Hängematten. Die Türen zum Innenhof waren geöffnet, damit Luft hereinkam. Bevor die Missionare schlafen gingen — noch angeregt durch die Ereignisse des Tages —, tauschten sie Predigtdiensterfahrungen aus, besprachen Programmpunkte, erörterten, was sich in der Küche ereignet hatte usw. So mancher gute Witz rief schallendes Gelächter hervor, bis einige der Müdegewordenen um Ruhe baten. Wenn der Kongreß dann vorüber war, ging die Gruppe gewöhnlich zusammen ins Kino, oder sie gingen irgendwohin zum Essen. Unter ihnen herrschte ein echter Familiengeist.

Wie begeisternd war es, als am letzten Tag des Kongresses in San Miguel 800 Personen zusammenkamen, um im Nationaltheater den öffentlichen Vortrag „Welche Religion wird die Weltkrise überleben?“ zu hören! Ein weiterer Höhepunkt des Kongresses war die Taufe. Eine der 41 Personen, die getauft wurden, war Ramon Argueta, dem es kurz zuvor gelungen war, seine Ehe registrieren zu lassen. Ramon erinnert sich noch daran, daß er auf dem Weg zur Taufe an einer Zigarette zog. Ein anderer Taufbewerber, ebenfalls rauchend, sagte zu ihm: „Das ist unsere letzte Zigarette.“ Ramon rauchte nie wieder.

Ein Jahr danach ließ sich Julia, Ramons Frau, ebenfalls taufen. Später verbrachten zwei ihrer Kinder mehrere Jahre im Vollzeitdienst. Ihr Sohn, Victor Warren, diente als erster salvadorianischer Bruder im Zweigbüro, nachdem er als Sonderpionier und Kreisaufseher tätig gewesen war.

Der nächste Kreiskongreß war für November 1952 in Santa Ana vorgesehen. Die Regierung von El Salvador erklärte jedoch den Ausnahmezustand, und alle Grundrechte wurden für 60 Tage außer Kraft gesetzt. Die Kommunisten hatten Berichten gemäß einen Staatsstreich geplant. Der Verwalter des Nationaltheaters wurde von der Polizei festgehalten, was bedeutete, daß unsere Brüder das Theater nicht benutzen konnten.

Dennoch gaben die Brüder nicht auf. Sie suchten eifrig nach einer anderen Versammlungsstätte. Nacheinander wurden die Zusagen für drei Säle zurückgezogen, weil die Eigentümer Repressalien fürchteten. Dann, genau eine Woche vor dem Kongreß, hob die Regierung das Verbot auf, und alle Grundrechte traten wieder in Kraft. So füllten dann 700 Personen am Sonntag das Theater, um dem Vortrag zu lauschen. Etwas später an diesem Tag stellten sich 19 Personen Jehova zur Verfügung und ließen sich zum Zeichen ihrer Hingabe im Wasser taufen.

DER ZUSTROM NEUER HÄLT AN

Zu denen, die in jener Zeit die Wahrheit annahmen, gehörte auch Maura Flores. Sie war besonders von der Einheit der Zeugen beeindruckt, etwas, was ihr von den Adventisten her fremd war. Zusammen mit ihrem neun Jahre alten Sohn begann sie, regelmäßig die Zusammenkünfte zu besuchen. Später diente Mario, ihr Sohn, viele Jahre als Sonderpionier und besuchte auch die Gileadschule. Danach war er lange Zeit als Kreisaufseher in El Salvador tätig. Jetzt füllen er und seine Frau ihren Platz im Missionarheim in San Miguel aus.

Nun kommen wir zu Federico Del Cid. Er kam aus dem Dorf Tejutepeque nach San Salvador, um Arbeit zu suchen. Er lernte Ernesto Portillo kennen und drückte  — während sie den Wiederaufbau der Kathedrale sprachen — sein Bedauern daraus, daß Ernesto nicht mehr in die Kirche ging. Ernesto seinerseits gab ihm eine Ausgabe des Wachtturms.

Am folgenden Sonntag trafen sie sich wieder. Beeindruckt von dem Gelesenen, bat Federico Ernesto um ein Heimbibelstudium. Als Federico zu seinen Angehörigen nach Tejutepeque zurückkehrte war es ihm möglich, alle für ein Bibelstudium zu interessieren. Es dauerte nicht lange, bis sich Federico und fünf andere Glieder der Familie taufen ließen. Während all der Jahre erfreute er sich der Liebe und der Wertschätzung der Brüder. Gegenwärtig dient er als Ältester.

Es war Anfang der 50er Jahre, als Angel Montalvo, ein Musiker, Interesse an der Botschaft bekundete, die ihm ein Sonderpionier überbrachte. Sein Interesse war so groß daß er sich nicht scheute, seine Gitarre zu verkaufen — sein einziges Mittel, sich den Lebensunterhalt zu verdienen —, um sich eine Bibel zu kaufen. Sein Fortschritt ließ nichts zu wünschen übrig, und so wurde er im Jahre 1953 getauft. Angel verbrachte einige Jahre im Sonderpionierdienst, und zur Zeit dient er als in der Versammlung Soyapango-Ost.

WECHSEL BEI DEN MISSIONAREN

Innerhalb ganz kurzer Zeit kehrten im Jahre 1953 sieben Missionare wegen Krankheit oder aus anderen Gründen in ihre Heimat zurück. Unvergeßliche Eindrücke und liebe Erinnerungen nahmen sie mit. Marguerite Stover, die fast acht Jahre zuvor, im Jahre 1945, gekommen war, konnte zum Beispiel die Trauerzüge nicht vergessen. Die Trauernden folgten den Männern, die den Sarg auf den Schultern trugen.

Viel zu oft war es ein kleiner weißer Sarg, dem die Trauernden folgten. Eines Tages kauften Marguerite und Mary Taciak einen solchen Sarg für das Baby eines Bekannten. Sie halfen, das Baby hineinzulegen, und später trugen sie es auch zum Friedhof. Diese Art Erfahrungen waren für die Missionare nichts Ungewöhnliches.

Die Missionarin Jane Campbell, die im März 1953 eintraf, war ein willkommener Ersatz, besonders in den Augen e i n e s Bruders. Sie kam von Guatemala, um den Zweigdiener, Charles Beedle, zu heiraten. Jane wurde der Versammlung San Jacinto zugeteilt.

Wieder rückte ein internationaler Kongreß in New York näher und die Missionare schmiedeten Pläne dabeizusein. Eine der Missionarinnen von San Miguel, Ruth Price, sagte: „Ich hatte kein Geld, um den Kongreß zu besuchen. Dann erhielt ich eines Tages einen Brief von den Missionaren in San Salvador, in dem es hieß, daß sie mir ein Flugticket nach Miami kaufen, wenn ich eine Möglichkeit hätte, die Strecke von Miami nach New York im Auto zurückzulegen. Selbstverständlich ging ich auf ihr Angebot ein und war Jehova sehr dankbar, daß ich solch liebevolle Freunde unter den Missionaren hatte.“ So war es allen Missionaren möglich, diesen zweiten Kongreß im Yankee Stadium im Sommer 1953 zu besuchen.

TÄTIGKEIT IN NICHTZUGETEILTEM GEBIET

Im Jahre 1953 begannen die Verkündiger von San Salvador, die Kleinstadt San Juan Talpa, etwa 32 km von der Hauptstadt entfernt, zu besuchen. Sie reisten mit dem Bus und gingen das letzte Stück der Strecke zu Fuß. Diese Ausflüge waren stets spannend und interessant.

Einmal, es war furchtbar heiß, entschieden sich die Brüder, in einem kleinen Fluß schwimmen zu gehen. Die Idee schien ausgezeichnet, bis Feuerameisen die Mädchen belästigten, während sie sich umzogen. Welche Wohltat war es, das schützende Wasser zu erreichen!

Bei dieser Gelegenheit fing man Süßwassergarnelen, und während die Gruppe im Dienst war, bereitete ein in San Juan Talpa ansässiger Verwandter eines Bruders die Garnelen zu. Die Missionare beobachteten, wie die anderen ihre Garnelen ganz verzehrten. Zur Überraschung einer Missionarin war die größte Garnele mit Kopf, Augen und Fühlern extra für sie zubereitet worden. Es blieb ihr nichts anderes übrig als das besondere „Geschenk“ mit Schale und allem anderen zu verzehren. Sie schaffte es ohne allzu große Schwierigkeiten.

Die Folge dieser Besuche in San Juan Talpa waren eine Reihe von Bibelstudien, und mehrere Personen kamen in die Wahrheit, unter anderem Raúl Morales, der noch zur Schule ging. Seine Eltern trugen ihm viel Arbeit auf in dem Bemühen ihn am Besuch der Zusammenkünfte zu hindern. Aber er erledigte seine Arbeit schnell und ging dennoch. Bald begann er, sich am Predigtdienst zu beteiligen, und zur gegebenen Zeit wurde er Sonderpionier und schließlich Kreisaufseher.

Ein anderer abseits gelegener Ort, der von den Brüdern von San Salvador besucht wurde, war Santo Domingo, wo einige Familien den Priester hinausgeworfen hatten. Später lernte der Bürgermeister dieser Stadt die Wahrheit kennen, ließ sich taufen und diente als vorsitzführender Aufseher. Weitere Orte, die in jenen Tagen besucht wurden und wo es heute Versammlungen gibt, sind Quezaltepeque und San Sebastián sowie Los Planes de Renderos, ein hügeliges Gebiet südlich der Hauptstadt. Es ist angenehm kühl und viele erfolgreiche Geschäftsleute bauen sich dort Häuser. Heute gibt es in der Gegend eine blühende Versammlung von Königreichsverkündigern die in einem schönen Königreichssaal zusammenkommen.

Im Jahre 1953 besuchten 515 Personen das Gedächtnismahl in El Salvador, und die Zahl der Versammlungen stieg auf 10.

KÖNIGREICHSBOTSCHAFT FESSELT JUGENDLICHEN

Rodrigo Guevara besorgte sich regelmäßig die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! von den Missionaren an einer Straßenecke in San Salvador. Er wollte seinem Sohn Jorge eine gute Erziehung angedeihen lassen, und sein Interesse galt allem, was ihm dabei dienlich sein konnte. So bestellte er — ebenfalls für seinen 12jährigen Sohn — die Bücher „Gott bleibt wahrhaftig“ und „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Eines Tages brachte Rodrigo seinen Sohn Jorge zum Königreichssaal und vertraute ihn dort den Brüdern an. Er besuchte regelmäßig die Zusammenkünfte und ließ sich auch in die Theokratische Schule einschreiben.

Die Königreichsbotschaft zog Jorge an, und so wurde er im darauffolgenden Jahr getauft. Im Laufe seiner theokratischen Karriere mußte Jorge einige Schläge hinnehmen. Als der Schuldiener ihm eines Abends nach einer seiner Aufgaben einen ernsten Rat erteilte, fühlte Jorge sich gekränkt. Er warf seine Bibel zu Boden, entschlossen, niemals mehr in den Königreichssaal zu gehen. In der folgenden Woche entschloß er sich jedoch, zurückzukehren und den Bruder um Vergebung zu bitten. Als er den Saal betrat, eilte der Schuldiener auf ihn zu und entschuldigte sich bei ihm. Die enge Verbundenheit mit der theokratischen Familie füllte eine Lücke in Jorges einsamen Leben. Sein Vater war immer beschäftigt obschon er materiell für ihn sorgte; seine Mutter und andere Angehörige wohnten weit entfernt

DER BESUCH VON BRUDER FRANZ

Eine außergewöhnliche Überraschung war der Besuch von Bruder F. W. Franz im Herbst 1953. Er war der Hauptsprecher auf dem Neue-Welt-Gesellschaft-Kongreß in El Salvador, der vom 13. bis 18. Oktober stattfand. Die Brüder waren begeistert, den Hauptvorträgen zuzuhören, die einige Monate zuvor im riesigen Yankee Stadium anläßlich des internationalen Kongresses gehalten worden waren. Zur Freude aller füllten 1 225 Personen das Nationaltheater in San Salvador, um dem Vortrag „Nach Harmagedon — Gottes neue Welt“ zu lauschen. Der Vortrag wurde gleichzeitig von einer Radiostation übertragen.

DER ERSTE FILM DER GESELLSCHAFT

Eines der hervorstechendsten Merkmale des Jahres 1954 war der Film „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“, der im ganzen Lande gezeigt wurde. Er vertiefte zweifellos die Wertschätzung der Brüder für Jehovas Organisation. In der etwa 3 000 Einwohner zählenden Hafenstadt Acajutla wurde ein Theater gratis zur Verfügung gestellt, ebenso war die einstündige Ankündigung über Lautsprecher kostenlos. Man zählte 400 Anwesende, und nicht wenige Personen fühlten sich von der Wahrheit angezogen. Eine Familie bat darum, besucht zu werden, denn alle wollten Zeugen Jehovas werden. Gegenwärtig kann Acajutla mit einer stattlichen Versammlung aufwarten. In allen Teilen des Landes konnte man nach Beendigung der Filmvorführung Erfahrungen dieser Art machen.

BAU EINES NEUEN ZWEIGBÜROS

Im Dezember 1954 besuchte Bruder Knorr El Salvador. Zu dieser Zeit war der Bau eines neuen Zweigbüros an der North Third Avenue und der San Carlos Street bereits im Gange. Es ist interessant, wie der Bau dieses Zweigbüros zustande gekommen war.

Im Jahre 1949 hatte Dorothy Thompson Paulina de Perla, die Frau des bekannten Ingenieurs, der gegen den Wiederaufbau der Kathedrale war, besucht. Während Paulina ihren kleinen Sohn, Baltasar jr., badete, gab Dorothy ihr Zeugnis. Obwohl sie Interesse bekundete, ging die Verbindung verloren, weil sie in einen anderen Stadtteil zog.

Später wurde Paulina von Charlotte Bowin wiedergefunden und war mit einem Bibelstudium einverstanden. Ihr Mann, Baltasar sen., war damals Untersekretär im Kabinett von Präsident Oscar Osorio. Baltasar wollte seine Englischkenntnisse verbessern und ließ deshalb durch seine Frau anfragen, ob Charlotte ihm Privatstunden geben würde. Während des Unterrichts sprach Charlotte über die Bibel und die wahre Religion. Schließlich wurde Baltasars Interesse an der Bibel geweckt, so daß er um ein Bibelstudium in Spanisch bat.

Die Regierung Präsident Osorios hatte Probleme mit der katholischen Kirche, und so schlug Baltasar vor, die Protestanten gegen die Katholiken einzusetzen. Man kam überein, daß der Präsident den Protestanten helfen sollte. Er stimmte zu. Aber wo sollte man beginnen? Baltasar lud Charles Beedle und Charlotte zu einem Gespräch mit Präsident Osorio ein. Während dieser Begegnung war es ihnen möglich, dem Präsidenten ein gutes Zeugnis über Gottes Königreich zu geben. Er war sehr beeindruckt und war froh, den Zeugen helfen zu können.

Obwohl Baltasar noch kein Zeuge Jehovas war, brachte er den Wunsch zum Ausdruck, die Planung und den Bau eines Zweigbüros für Jehovas Zeugen auszuführen, jedoch ohne das sonst übliche Honorar zu verlangen. Seine Pläne wurden der Watch Tower Society in Brooklyn zwecks Genehmigung eingereicht.

So stand Bruder Knorr dann im Dezember 1954 auf dem Baugelände, umgeben von Gerüsten und Mauern, die bis zum ersten Stockwerk hochgezogen waren, und hielt eine kurze Rede, die von Bruder Beedle ins Spanische übersetzt wurde. Bruder Knorr drückte die Hoffnung aus, daß das Gebäude bald zu klein sein möge, um den Königreichsinteressen in El Salvador in ausreichendem Maße zu dienen. Seine Worte schienen den Zuhörern leicht übertrieben zu sein, da das Haus sechs Schlafräume, ein Eßzimmer, einen Empfangsraum, eine Küche, eine Vorratskammer, eine Wäscherei, ein Büro und einen Lagerraum, einen Königreichssaal für 300 Personen sowie Platz für zusätzliche Schlafzimmer auf der Terrasse haben sollte.

EL SALVADOR VERÄNDERT SICH

Während der Amtsperiode Präsident Osorios begann im Land eine eindrucksvolle Entwicklung. Neue Arbeitsgesetze wurden erlassen, die für soziale Sicherheit sorgten. Auch ein Gesetz über den Mindestlohn trat in Kraft. Eine neue Küstenstraße wurde gebaut, die einen besseren Zugang zu den Hafenstädten wie Acajutla ermöglichte und außerdem den Touristen atemberaubend schöne Ausblicke bot. Veränderte Gesetze im Bankwesen begünstigten die Bedingungen für Investitionen und das Gründen neuer Unternehmen. Das Ergebnis war eine Zunahme des Mittelstandes, und viele erfreuten sich eines höheren Lebensstandards.

Als Präsident Osorio 1950 sein Amt antrat, war es sein Ziel, die Wohnlager zu beseitigen, in denen große Familien der Armen mit einem Raum auskommen mußten. Dieses Ziel wurde zwar nicht ganz erreicht, doch begann die städtische Wohnungsbaugesellschaft mit einem systematischen Bauprogramm und errichtete vierstöckige Apartmenthäuser und Einfamilienhäuser, die der Staat den einkommensschwachen Gruppen zum Kauf oder zur Miete anbot.

Die Veränderung in El Salvador in den 50er Jahren war bemerkenswert, insbesondere im Vergleich zu der Zeit, als die ersten Missionare eintrafen. Die Anzahl der Autos auf den Straßen nahm ständig zu. Neue Busse ersetzten die alten „grünen Drachen“, von denen viele aus Lastwagen mit hölzernen Aufsätzen und selbstgebauten Sitzen bestanden. In den Schaufenstern erfreute eine Vielzahl an Gegenständen das Auge des Betrachters, und neue Fabriken schossen wie Pilze aus dem Boden.

WERTSCHÄTZUNG FÜR GEISTIGE DINGE

Während des Besuches von Bruder Knorr wurde im Saal des Arbeiterbundes ein Kongreß abgehalten. Der öffentliche Vortrag „Gottes Liebe — die einzige Rettung in der Krise des Menschen“ wurde weithin bekanntgemacht. Die Familie Morales in San Juan Talpa erfuhr von dem Kongreß, und der junge Raúl war entschlossen dabeizusein. Er stand um drei Uhr morgens auf und ging zu Fuß die 32 Kilometer nach San Salvador, wo er als einer der 572 Anwesenden dem öffentlichen Vortrag lauschte. Als er nach Hause zurückkehrte, war er mehr denn je entschlossen, fortzufahren, den geistigen Dingen nachzujagen.

VERÄNDERUNGEN IM MISSIONARWERK

Im Dezember 1954 trafen zwei neue Missionarehepaare ein, und zwar Paul und Muriel Coconis und Daniel und Joan Elder. Paul und Muriel wurden sogleich dem Missionarheim in San Miguel zugeteilt. Jedoch wurden kurz danach die Missionare in San Miguel davon unterrichtet, daß das Heim nach Santiago de María verlegt werden sollte. Dies geschah, damit sich das Predigtwerk auch auf andere Orte ausdehnen konnte.

Die Missionare predigten nicht nur in Santiago de María, sondern auch in den umliegenden Dörfern. Gewöhnlich nahmen sie morgens um 6 Uhr einen Bus und kehrten mit dem letzten Bus am Abend zurück. Am Sonntagnachmittag wurde in Chinameca ein Wachtturm-Studium abgehalten, und nachdem die Missionare am Abend wieder zurückgekehrt waren, leiteten sie ein weiteres Studium in Santiago de María. An einem anderen Tag der Woche predigten sie in Usulután, Berlín und Alegría. Das Interesse in diesen Orten war groß, und später, als das Missionarheim verlegt wurde, sandte man Sonderpioniere dorthin, um das Interesse weiter zu fördern.

Anfang 1955 wurde auch das Missionarheim von Santa Ana verlegt, und zwar nach Sonsonate. Somit waren damals viele Missionare von den Missionarheimen in Ahuachapán, Santiago de María, Sonsonate und San Salvador aus tätig.

EINE PATRIARCHALISCHE FAMILIE

Im Jahre 1951 hatte ein junger Mann namens Juan Peña in Santiago Texacuangos begonnen, eifrig die Bibel zu studieren. Er wurde im Jahre 1952 getauft und nahm einige Zeit später den Pionierdienst auf. Im Laufe der Zeit wurde er zum Versammlungsdiener in Santiago Texacuangos ernannt. In dieser Versammlung kamen durch Juan 20 Personen in die Wahrheit. Allein schon seine Angehörigen machten eine stattliche Versammlung aus. Juans Großvater, Abraham Peña, baute ein neues Haus aus Beton und sorgte auf diese Weise für einen geräumigeren Königreichssaal.

Man sollte nicht denken, daß es sich bei der Familie Peña um ein Strohfeuer gehandelt hätte. Sie alle waren schon immer sehr religiös gewesen und hatten ihr Heim der Kirche als Aufbewahrungsort für Heiligenbilder zur Verfügung gestellt. Lugarda, Abrahams Frau, brachte jeden Abend eine Stunde lang 20 Bildnissen, die sie auf einem niedrigen Tisch aufgestellt hatte, Verehrung und Anbetung dar. Aber als der Same der Wahrheit gepflanzt worden war, rief Abraham die Familie zu einem Treffen in einem Maisfeld zusammen, um festzustellen, ob die verantwortlichen Familienoberhäupter einverstanden waren, sich von der katholischen Kirche loszusagen. Das war der Fall, und so schritten sie zur Tat.

Abraham kaufte einen neuen Kombiwagen, den einer seiner Söhne fuhr, wenn sie Fahrten in andere Städte unternahmen. Es handelte sich dabei nicht um Vergnügungsreisen, sondern sie dienten dem Zweck, die gute Botschaft vom Königreich diesen Orten zugänglich zu machen. Manchmal blieb die Familie zwei oder drei Tage. Bruder Beedle, der gewöhnlich mitfuhr, hielt öffentliche Vorträge an den Abenden. In Sonsonate wurden etliche Interessierte gefunden. Als dann im Jahre 1955 das Missionarheim eröffnet wurde, kümmerten sich die Missionare um diese Personen.

WIDERSTAND BESIEGT; SCHAFE EINGESAMMELT

Kaum hatten die Missionare mit dem Werk in Sonsonate begonnen, als italienischamerikanische Priester eine Kampagne des Hasses und des Widerstandes gegen sie starteten. Der Leiter dieser Gruppe griff Jehovas Zeugen allabendlich während seiner 15 Minuten dauernden Radiosendung scharf an in der Hoffnung, die Öffentlichkeit gegen sie aufzuhetzen. Obwohl diese Geistlichen wegen ihrer liberalen Haltung die Freundschaft vieler Menschen gewonnen hatten, rieten ihnen doch einige ihrer besten Freunde: „Laßt die Zeugen in Ruhe!“

Die Priester hörten jedoch nicht darauf, sondern exkommunizierten sogar den Besitzer des Missionarheims weil er sich weigerte, die Zeugen aus dem Haus zu weisen. Der Hausbesitzer, einer der prominentesten Männer in Sonsonate, war nicht leicht einzuschüchtern. Er hatte keine hohe Meinung von der katholischen Kirche und ihren Vertretern, und nun reichte es ihm. Auch seine Frau zeigte keine Zeichen der Bestürzung wegen der Exkommunikation. Durch dieses Vorgehen verloren die Priester beträchtlich an Ansehen beim Volk, und der Widerstand brach zusammen. Die Missionare fuhren fleißig fort, die Botschaft des Lebens zu den Menschen zu bringen, und heute gibt es eine emsige Versammlung der Zeugen Jehovas in dieser Stadt.

In Ahuachapán gab es ebenfalls schafähnliche Menschen. Eines Tages entdeckte man einen Schuljungen, der draußen vor dem Königreichssaal saß und dem Programm lauschte. Sein Name war Pedro Guerrero. Er war ein schmächtiger Junge und wog wahrscheinlich weniger als 35 Kilo. Als er gefragt wurde, was er wünsche, sagte er, er habe nach den Zeugen Ausschau gehalten. Von dem Zeitpunkt an besuchte er regelmäßig die Zusammenkünfte und Tillman Humphrey studierte mit ihm die Bibel. Im Jahre 1958 ließ er sich taufen und erfreute sich vieler Vorrechte in der Organisation. Er diente auch als Kreisaufseher.

DAS RAUCHEN AUFGEGEBEN

Eine Reihe von Personen mit schafähnlicher Einstellung rauchte. Zu ihnen gehörte Daniel Zaldaña, ein älterer Mann, der in Ahuachapán gegenüber dem Missionarheim wohnte. Er war ein Kettenraucher, und es ärgerte ihn, daß er nicht aufhören konnte. Mary Nosal, die Missionarin, die mit ihm studierte, riet ihm, sich auf das Bibelstudium zu konzentrieren und später zu entscheiden, was zu tun sei.

Eines Abends kam Daniel mit einer guten Nachricht zu Mary. Er hatte endlich das Rauchen aufgegeben! Im Jahre 1956 wurde er getauft, und die letzten 15 Jahre stand er im Pionierdienst. Ein wahrhaft nachahmenswertes Beispiel! Obwohl er alt ist und seine Gesundheit nicht als gut bezeichnet werden kann, setzt er die Königreichsinteressen an die erste Stelle in seinem Leben.

Fast zur gleichen Zeit fand Mary Nosal die beiden Schwestern Juana und Herminia Escobar. Auch sie waren Kettenraucher und außerdem tief in spiritistische Bräuche verstrickt. Eine von ihnen steckte sich gewöhnlich eine Zigarette hinters Ohr, damit sie sie sofort anzünden konnte, sobald die alte zu Ende geraucht war. Sie hatten zu Hause eine ganze Wand voller Heiligenbilder, die sie sehr verehrten. Aber im Laufe der Zeit nahmen die beiden Schwestern die Bilder herunter, gaben das Rauchen vollständig auf und trennten sich vom Spiritismus. Nicht selten sah man beide auf Kreis- und Bezirkskongressen in der Küche oder auch in der Spülküche fleißig mithelfen.

NEUES ZWEIGBÜRO EINGEWEIHT

Im Juni 1955 war das neue Zweigbüro in San Salvador fertig. Viele Stunden harter Arbeit steckten in dem behaglichen Heim, dem Büro und dem Königreichssaal. Jane Beedle schrieb:

„Wir wohnten nur ein paar Blocks vom Bauplatz entfernt. Als mein Mann zusammen mit Baltasar das Flachdach teerte und die Leitungen verlegte, brachten wir ihnen das Mittagessen. Sie arbeiteten manchmal 14 Stunden am Tag, um eine bestimmte Arbeit fertigzubekommen. Als sie die Stühle machten, war auch Curtis Smedstad dabei, und sie strengten sich mächtig an, die Eisenteile der Stühle zu schweißen. Sie stellten 500 Stühle her. Wir Missionarinnen beteiligten uns auch aktiv, indem wir das Gebäude reinigten und die Vorhänge nähten, damit alles bis zur Einweihung fertig wurde.“

Bruder John Parker, der von Guatemala herübergekommen war, sprach anläßlich der Bestimmungsübergabe. Bei dieser Gelegenheit überraschte Baltasar Perla alle indem er sagte: „Dieses Gebäude verdanken wir Jehova.“ Es war das erstemal, daß er seinen Glauben an Jehova den Höchsten bekannte. Viele Leute besichtigten das Gebäude und erfreuten sich an der Eiscreme, die allen Besuchern angeboten wurde. Am nächsten Tag hielt Bruder Parker den Vortrag „Die Ängste dieser Generation überwinden“.

BALTASAR WIRD EIN ZEUGE JEHOVAS

Kurz nach Fertigstellung des Zweigbüros folgte Baltasar Perla einer Einladung der amerikanischen Regierung und reiste in die Vereinigten Staaten. In New York wurde er durch eine Anzeige auf einen Fernkurs für katholische Lehren aufmerksam. Er dachte, das sei die Gelegenheit herauszufinden, was die katholische Kirche über das Königreich Gottes lehre, denn dieses biblische Thema war für ihn von besonderem Interesse. Er zahlte 200 $ für den vollständigen Kurs; eingeschlossen waren zwei Kartons voll Bücher und Broschüren.

Er ging geradewegs ins Hotel, und für die nächsten drei Tage war er damit beschäftigt anhand der Literatur Vergleiche mit der Bibel anzustellen. Schließlich kam er zu dem Schluß, daß die katholische Kirche nicht in Übereinstimmung mit den biblischen Lehren ist. Da seine Geschäfte ihn in verschiedene Teile der Vereinigten Staaten führten suchte er, wo immer es ihm möglich war, den Königreichssaal am Ort auf.

In Columbus (Ohio) gab er sich Jehova hin, und später, anläßlich eines Kongresses in New York, symbolisierte er diese Hingabe durch die Wassertaufe. Was ihn anzog, waren, wie er sagte, nicht hauptsächlich die Lehren, sondern die christliche Handlungsweise der Zeugen. Er war beeindruckt von den glücklichen Ehen, wie der von Charles und Jane Beedle. Er wünschte, daß sich seine Kinder einmal dieses Glücks erfreuen würden. Als Bruder Curtis Smedstad im Jahre 1960 El Salvador verließ wurde Baltasar Stadtdiener von San Salvador.

EIN ZWEITER KREIS GEBILDET

Im Oktober 1955 wurde ein junger Pionier von Santa Ana, nämlich Saúl De León, anstelle von Antolin Castillo Peña, der untreu geworden war, als Kreisdiener eingesetzt. Dann, im Januar 1956, wurde ein zweiter Kreis gebildet, und Bruder Smedstad wurde erneut zum Kreisdiener ernannt.

EIN WEITERER FILM DER GESELLSCHAFT

Im Mai 1956 brachten Chrissie Wilson und Florence Enevoldsen, zwei weitere Missionare, den neuen Film der Gesellschaft „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ mit. Es war draußen noch hell, so daß die Missionare schnell den Gang verdunkelten, um sich den Film ansehen zu können. Curtis Smedstad, ein Absolvent der 14. Klasse Gileads, hatte ein Auto und konnte daher den Film in einem Ort nach dem anderen Hunderten von dankbaren Personen zeigen. Curtis berichtet von einer Erfahrung, die sich im Norden des Landes zutrug.

„Um in die nächste Stadt zu gelangen, mußten wir durch Privatgelände fahren. Die Besitzer erhoben eine Benutzungsgebühr für die Straße. Wir ließen unser Auto auf einer Farm stehen und ritten mit dem Pferd weiter. Die Gebühr sollten wir bei der Rückreise zahlen. Auf unserem Weg hatten wir die Möglichkeit vielen Menschen den Film zu zeigen.

Als wir zur Farm zurückkehrten, war der Zweck unserer Reise bekanntgeworden, und man ließ uns nicht eher gehen, bis wir dort den Film ebenfalls gezeigt hatten. Man holte alle Arbeiter zusammen; und da es noch Tag war, drängten wir uns alle — etwa 75 Personen — in einen kleinen Raum und schlossen Türen und Fenster, um ihn zu verdunkeln. Ihr könnt euch vorstellen, was für ein Schwitzbad das war! Dennoch ging niemand weg. Alle waren sehr begeistert. Als ich für die Benutzung der Straße bezahlen wollte, lehnte der Verwalter ab und meinte, man müsse eher mich bezahlen. Wir konnten viel Literatur zurücklassen.“

NEUE UND LANGJÄHRIGE MISSIONARE

Viele der neuen Missionare mußten zunächst einmal mit der Umstellung ihrer Lebensweise fertig werden, was meistens der Fall ist, wenn man in ein anderes Land zieht Florence Enevoldsen und Chrissie Wilson waren San Salvador zugeteilt, und Florence berichtet:

„Die einzigen Worte, die wir während unserer ersten zweistündigen Zusammenkunft verstanden, waren ,Watch Tower Bible and Tract Society‘. Sie waren Teil der Schlußbekanntmachungen von Charles Beedle. Am darauffolgenden Sonntag gingen wir mit einer Gruppe in den Predigtdienst, zu der auch Evelyn Hill gehörte. Geduldig dolmetschte Evelyn zwischen den einheimischen Brüdern und uns.

Wir bearbeiteten an diesem Morgen ein außergewöhnlich schmutziges Wohngebiet. Ein paar riesige Küchenschaben und ungünstige Umstände riefen bei Chrissie Übelkeit hervor. Eine freundliche Dame bot ihr ein Glas Wasser mit Alka-Seltzer an. Weil Chrissie jedoch gewarnt worden war, Wasser zu trinken, lehnte sie es ab. So trank dann die einheimische Schwester das Wasser, um die Dame nicht zu verletzen. Die Verkündiger brachten uns freundlicherweise zum Missionarheim zurück, obwohl wir den Weg kannten. Aber aufgrund unserer mangelnden Sprachkenntnisse waren wir nicht in der Lage, ihnen das klarzumachen.“

Neue Missionare kamen, und langjährige verließen hin und wieder das Land. Manche von ihnen heirateten. Charlotte Bowin, die sieben Jahre lang in El Salvador gedient hatte, verlobte sich mit Albert Schroeder, nachdem die Kongreßserie in Europa im Jahre 1955 beendet worden war. Anfang 1956 trat sie ihre neue Zuteilung in New York an, und zwar auf der Königreichsfarm. Heute ist Bruder Schroeder ein Glied der leitenden Körperschaft und Charlotte dient mit ihm und ihrem 22 Jahre alten Sohn, Judah Ben, im Bethel Brooklyn.

WEITERE RUNDFUNKSENDUNGEN

Im Jahre 1956 begann auch die Radiostation YSAX, ein von Jehovas Zeugen vorbereitetes Programm mit dem Titel „Was die Menschen bewegt“ auszustrahlen. Diese Sendungen wurden nach drei Jahren eingestellt, weil die katholische Kirche die Station kaufte. Durch dieses Programm wurde bei vielen Interesse an der Wahrheit geweckt.

PROTESTNOTE AN DIE ADRESSE RUSSLANDS

Anläßlich des Kreiskongresses im August/September 1956 in San Salvador wurde eine Bittschrift vorgelegt, in der gegen die Mißhandlung der Zeugen Jehovas in Rußland Einspruch erhoben wurde. Fünfhundert Personen stimmten für diese Petition, die an die sowjetischen Regierungsbeamten gerichtet war. Weitere Exemplare der Bittschrift wurden an die Presse in El Salvador gesandt. Nicht wenige der Tageszeitungen druckten die Bittschrift teilweise oder in ihrer vollen Länge ab. Auch einige Radiostationen sorgten für die Verbreitung ihres Inhalts. So ergriffen Jehovas Zeugen in El Salvador die Gelegenheit, ihre Liebe zu ihren Brüdern in Rußland unter Beweis zu stellen.

STÖRUNG MISSLUNGEN

Auf dem Kreiskongreß, der im Dezember 1956 in dem Dorf Armenia stattfand, sollte der Film „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ gezeigt werden. Ein großer Saal, in dem man alle zu erwartenden Gäste unterzubringen gedachte, war gemietet worden. Auf irgendeine Weise gelang es jedoch dem katholischen Priester von Armenia, in den Saal einzudringen und die elektrischen Leitungen durchzuschneiden. Während Bruder Beedle mit der Hausbesitzerin das Problem sprach, spürte er, daß sich der Priester hinter dem Vorhang verbarg. Er forderte ihn auf herauszukommen, worauf der Priester verschüchtert erschien.

Es war zu spät für die notwendigen Reparaturen, um den Film in dem gemieteten Saal zeigen zu können. Aber die Brüder wußten sich zu helfen und benutzten eine weißgetünchte Mauer auf der Straße als Leinwand. Auf diese Weise sahen mehr Personen den Film, als es im Saal der Fall gewesen wäre.

ZUNAHME UNTER DEN SONDERPIONIEREN

Angel Montalvo, der Musiker, der seine Gitarre verkauft hatte, um eine Bibel zu erwerben, diente nun als Sonderpionier in Armenia. Sein Partner war Raúl Morales, der junge Mann, der die Strecke von San Juan Talpa nach San Salvador zu Fuß zurückgelegt hatte, um seinen ersten Kongreß zu besuchen. Es ist bemerkenswert, wie er Pionier wurde.

Nach seiner Taufe im Jahre 1955 verstand er noch nicht so recht, was ein Pionier ist. Als Charles Beedle bemerkte, wie fleißig er im Dienst tätig war, fragte er ihn, ob er Pionier sei. Raúl wußte nicht, was er sagen sollte. Charles erklärte ihm, daß ein Pionier jeden Monat 100 Stunden im Predigtdienst verbringen würde. Raúl antwortete darauf: „Ja, wenn es so ist, dann bin ich wohl einer.“

Als Raúl dann offiziell zum Pionier ernannt worden war, trat er seine erste Zuteilung in Cojutepeque an, und zwar im Januar 1956. Im Laufe des Jahres ging er nach Armenia, um mit Bruder Montalvo zusammenzuarbeiten.

EL SALVADORS ERSTER GILEADABSOLVENT

Der junge Kreisaufseher von Santa Ana, Saúl De León, war der erste, den El Salvador zur Gileadschule entsandte. Die Missionare hatten ihm beim Englischlernen geholfen. Er besuchte im Jahre 1957 die 31. Klasse, die im darauffolgenden Jahr ihre Abschlußfeier hatte. Nun hieß es, wieder eine Lücke im Kreisdienst zu füllen. Raúl Morales nahm seinen Platz ein und begann seinen Dienst im September 1957.

JUGENDLICHER GIBT ANGEHÖRIGEN ZEUGNIS

Der junge Bursche, Jorge Guevara, der einmal seine Bibel auf den Boden geworfen hatte, als ihm vom Schuldiener Rat erteilt worden war, machte ausgezeichnete Fortschritte. Schon mit 16 Jahren hielt er seinen ersten öffentlichen Vortrag, und zwar über Evolution. Im Jahre 1957 schloß er die höhere Schule ab. Seine Mutter und sein Bruder kamen aus dem 140 Kilometer entfernten Dorf El Hormiguero, östlich von San Salvador, um bei der Abschlußfeier dabeizusein.

Jorge hatte lange Zeit gegenüber seinen Angehörigen Groll gehegt; er machte sie für seine einsame Jugend verantwortlich. „Wenn ich kein Zeuge wäre“, sagte Jorge, „würde ich nie mit meinen Angehörigen sprechen.“ Aber jetzt gab er ihnen Zeugnis. Obwohl sie einer protestantischen Sekte angehörten, lauschten sie aufmerksam seinen Worten. Man kam überein, daß Saúl De León, der als Kreisaufseher diente, sie besuchen sollte. Was er vorfand, verblüffte ihn in der Tat.

Fünf Personen hatten ihre Entscheidung getroffen, Zeugen Jehovas zu werden, und das lediglich aufgrund der Literatur, die Jorge ihnen gegeben hatte. Bruder Saúl De León taufte sie in Anwesenheit von 75 Personen, die auf diese Weise ein gutes Zeugnis erhielten. Seither haben sich weitere Glieder der Familie Guevara taufen lassen, und sie fahren fort, Jehova treu zu dienen.

WICHTIGE EREIGNISSE IM JAHRE 1957

Im Jahre 1957 wurde ein stabil gebauter Königreichssaal mit Missionarheim in Santa Anita, einem Vorort im Süden von San Salvador, fertiggestellt. Kurz nach der Bestimmungsübergabe im Oktober trafen die Gileadabsolventen Frederick und Dorothy Bowers und Kenneth und Virginia Kiesel in El Salvador ein. Die Kiesels sowie Chrissie Wilson und Florence Enevoldsen waren für das neue Missionarheim in Santa Anita bestimmt. Florence berichtet: „Unser Umzug fiel mitten in einen tropischen Regensturm. Die Wasser drangen von überall her ins Haus ein. Wir waren tagelang mit Ausschöpfen beschäftigt.“

Während des Jahres 1957 wurden zwei neue Versammlungen in El Salvador gegründet, was die Gesamtzahl der Versammlungen auf 12 ansteigen ließ. Außerdem waren nun 46 Vollzeitprediger, darunter 21 Missionare, in abgelegenen Gebieten tätig. Während des Jahres wurden die beiden Missionarheime in Santiago de María und Ahuachapán geschlossen, und die beiden Versammlungen wurden der Obhut von Sonderpionieren anvertraut.

Ein weiterer ausgezeichneter Kreiskongreß wurde in Sonsonate im Jahre 1957 durchgeführt, und zwar im alten Rathaus. Im Innenhof befand sich ein 3 × 3 m großes Steinbecken, das ca. 80 cm tief war. Hier wurden 47 Personen untergetaucht.

NEUES KONGRESSGELÄNDE

Im Februar 1958 kamen Aubry Bivens, der Zonenaufseher, und M. G. Henschel vom Bethel in Brooklyn zu einem Kongreß nach El Salvador. Die Brüder suchten nach einem passenden Kongreßgelände, was nicht leicht war. Früher hatte man den Saal des Arbeiterbundes in San Salvador benutzt, der sich aber nun als zu klein erwies, um alle unterzubringen, die man erwartete. Doch die Lösung des Problems ließ nicht lange auf sich warten.

Víctor Recinos, ein freundlicher Nachbar, der an der Nordseite des Zweigbüros wohnte, hatte Jehovas Zeugen nicht aus den Augen gelassen und bewunderte sie. Eines Tages, als er sich mit Bruder Beedle unterhielt, bot er großzügigerweise sein Grundstück für den Kongreß an. Das große Gelände wies eine „Mulde“ auf, die für ein früheres Bauprojekt ausgehoben worden war und sich im Schatten zahlreicher günstig stehender Bäume befand.

Viele Brüder halfen beim Beseitigen des Unterholzes, so daß ein nettes, sauberes Amphitheater entstand. Da der öffentliche Vortrag das Thema trug „Ein neues Lied für alle Menschen guten Willens“, wurde ein niedriger Zaun vor der Bühne angebracht, der das Aussehen von Notenlinien und Noten hatte. Durch den goldfarbenen Anstrich wirkte das Ganze sehr ansprechend, und einige große blühende Poinsettien (Weihnachtssterne) rundeten das Bild ab.

In einem kleinen Gebäude am Ende des Grundstückes wurde die Cafeteria untergebracht. Viele der Speisen wurden im Zweigbüro zubereitet und über die Straße zur Cafeteria gebracht. Am Schluß des Kongresses trug jeder seinen Stuhl auf dem Kopf hinüber in den Königreichssaal im Zweigbüro. Viele erwähnten, daß sie nie zuvor eine so freudige Zusammenarbeit beobachtet hätten.

TRAURIGES NACHSPIEL

Unter den 61 Personen, die auf dem Kongreß ihre Hingabe durch die Taufe symbolisiert hatten, befand sich auch ein Bruder aus dem Ort La Unión, der Halbaraber war. Er war der erste Zeuge Jehovas unter der zahlreichen arabischen Bevölkerung. Am Montag nach dem Kongreß erfuhr Bruder Beedle von einem Sonderpionier aus La Unión, daß der Bus, mit dem die Brüder gereist waren, einen Unfall hatte. Drei Brüder waren auf der Stelle tot, unter ihnen derjenige, der gerade getauft worden war.

Natürlich flossen am Unfallort Tränen, als die Brüder Notizbücher Liederbücher und andere Habseligkeiten der Verunglückten aufsammelten. Als Bruder Beedle in La Unión ankam, war es bereits zu spät, eine Beerdigungsansprache zu halten, denn die Menschen hatten sich schon zum Begräbnis auf dem Friedhof versammelt. Die Sonderpioniere in La Unión waren sehr traurig den Verlust ihrer geschätzten Brüder — die Frucht ihrer Arbeit.

ÄNDERUNG IN DER LEITUNG DES ZWEIGBÜROS

Im Frühjahr 1958 blickte Bruder Beedle auf eine zehnjährige Tätigkeit zurück; fast allein hatte er die Leitung des Werkes der Zeugen Jehovas in El Salvador innegehabt. In dieser Zeit waren ihm oft die Aufgaben des Kreis- und des Bezirksdieners übertragen worden; auch hatte er als Versammlungsdiener und Heimdiener gedient und praktisch alle Botengänge gemacht. Er hatte den Bau des Zweigbüros überwacht sowie den des Königreichssaals und des Missionarheims in Santa Anita. Die Last der Verantwortung machte sich bei ihm bemerkbar, und zwar in physischer wie auch in emotionaler Hinsicht, so daß er entlastet werden mußte. Im April 1958 wurde daher Bruder Frederick Bowers zum Zweigdiener ernannt. In diesem Monat versammelten sich 1 295 Personen in 13 Versammlungen zum Gedächtnismahl. Die Höchstzahl der Verkündiger belief sich auf 460.

DAS HAUPT EINER THEOKRATISCHEN FAMILIE STIRBT

Im April 1958 starb Abraham Peña sen. nach einem langen, ausgefüllten Leben. Seine Frau Lugarda war damals 85 Jahre alt. Beide hatten die Wahrheit erst fünf Jahre zuvor kennengelernt. Kurz vor seinem Tod rief Abraham alle seine Kinder zu sich ans Bett und ermahnte sie, fortzufahren, ihrer Hingabe getreu, Jehova Gott zu dienen. Lugarda hatte 17 Kinder zur Welt gebracht, doch nur sieben waren zu dieser Zeit noch am Leben.

Die Zusammenkünfte wurden weiterhin im Hause der Familie Peña durchgeführt. Im Jahre 1971 waren insgesamt 28 Glieder der Familie getauft. In jenem Jahr starb Lugarda im Alter von 97 Jahren. Sie hatte treu ausgeharrt, und bis zum letzten Atemzug war die Wahrheit klar in ihrem Sinn gewesen.

VERSAMMLUNG IN USULUTÁN GEGRÜNDET

Im Jahre 1958 begann Carlos Reyes, Mitglied der Nationalgarde, die Bibel zu studieren. Angeregt durch das, was er lernte, heiratete er Rosa, die Frau, mit der er zusammenlebte. Da er den Militärdienst aufgegeben hatte, befand er sich in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage, aber auf geistigem Gebiet machte er weiterhin Fortschritte. Innerhalb eines Jahres ließen sich beide taufen. Im darauffolgenden Jahr erhielten sie ihre Zuteilung für den Pionierdienst in Usulután. Um den Umzug zu finanzieren, verkauften sie ihre Möbel. In Usulután konnte so der Grundstein für die Versammlung gelegt werden, die mit nur sechs Verkündigern begann. Jetzt beteiligen sich 90 Verkündiger an der Verbreitung der guten Botschaft in Usulután.

SALVADORIANER UNTER DEN KONGRESSDELEGIERTEN IN NEW YORK

Bis zum Jahre 1958 war es nur drei oder vier Salvadorianern möglich gewesen, einen Kongreß in den Vereinigten Staaten zu besuchen. Aber nun, als die Zeit für den internationalen Kongreß „Göttlicher Wille“ in New York immer näher rückte, herrschte große Begeisterung. Insgesamt 53 Personen aus El Salvador machten sich auf die Reise.

Man charterte ein Flugzeug bis Florida, wo die Brüder von Curtis Smedstad und Leticia Rosales, der ehemaligen Frau von Oberst Oscar Osorio, empfangen wurden. Ihr werdet euch erinnern, daß Oscar Präsident von El Salvador war, als Baltasar Perla sein Bibelstudium begann. Baltasar hatte sich sehr bemüht, Oscar zu helfen, in der Wahrheit Fortschritte zu machen. Oscar konnte jedoch den Verlockungen der weltlichen Politik nicht widerstehen. Aber Jane Beedle studierte mit Leticia, und als diese schließlich in die Vereinigten Staaten ging, machte sie gute Fortschritte in der Wahrheit und wurde getauft. Wie glücklich war sie nun, ihre Landsleute begrüßen zu können!

Leticia sagte ihren Brüdern Lebewohl, als sie den gecharterten Bus bestiegen, der sie nach New York bringen sollte. Charles Beedle begleitete sie, um ihnen bei irgendwelchen aufkommenden Problemen beistehen zu können. Auf dem Kongreß erfreuten sie sich der Gemeinschaft der Brüder aus aller Welt wie auch der Gemeinschaft von Saúl De León, der damals gerade die Gileadschule besuchte.

Viele salvadorianische Brüder beteiligten sich am Freiwilligendienst, und einige brachten Adressen von ausländischen Freunden mit nach Hause, mit denen sie dann einen regen Briefwechsel pflegten. Pedro Aguilar, ein Sonderpionier aus La Unión, fand diesen Briefwechsel offenbar so interessant, daß er später in die Vereinigten Staaten ging, um die Schwester zu heiraten, mit der er sich schrieb. Raúl Morales befand sich in einer ähnlichen Situation, aber er hatte Bedenken, ein ausländisches Mädchen nach El Salvador zu holen. Er meinte, es könne ihm so ergehen wie mit einem europäischen Auto — man habe immer Schwierigkeiten mit den Ersatzteilen. So entschloß er sich also, seinen Dienst in El Salvador fortzusetzen, wo der Bedarf an Königreichsverkündigern größer war.

Dieser Kongreß hatte bei den Brüdern einen tiefen Eindruck hinterlassen, und ihre Sinne und Herzen waren mit unauslöschlichen Erinnerungen an die Liebe, Harmonie und Einheit in der Neuen-Welt-Gesellschaft angefüllt. Anläßlich einer besonderen Zusammenkunft aller salvadorianischen Kongreßdelegierten in einem New Yorker Hotel kündigte Jane Beedle an, daß Charles und sie bald Eltern werden würden. Das bedeutete natürlich, daß sie nicht länger im Missionarheim wohnen konnten. Sie waren aber entschlossen, in El Salvador zu bleiben.

STATT MISSIONARDIENST ELTERNPFLICHTEN

Im Herbst 1958 machten sich die Beedles fleißig auf die Suche nach einer Wohnung. Eines Tages unterhielt sich Jane auf dem Markt mit Paula Martínez, einer Zeugin, die dort Kartoffeln verkaufte. Jane erklärt was geschah:

„Ich setzte mich auf einen kleinen Stuhl hinter den Kartoffelsäcken. Paula wußte, daß ich ein Baby erwartete, und so sagte ich ihr, wir würden das Missionarheim verlassen und nach einer Wohnung Ausschau halten. Sie war sehr überrascht, daß wir nicht länger im Missionarheim bleiben konnten. Ich erklärte ihr, die gespendeten Gelder der Brüder stünden der Gesellschaft lediglich zur Förderung des Predigtwerkes zur Verfügung, deshalb könne niemand, der eine Familie gründe und dadurch nicht in der Lage sei, seine ganze Zeit der Predigttätigkeit zu widmen, im Missionarheim wohnen bleiben. Ein verständnisvolles Lächeln erhellte ihr Gesicht, und sie sagte: ,Mit welch einer wunderbaren Organisation wir doch verbunden sind!‘ Ich bin überzeugt, daß die Tatsache, daß wir sozusagen ,rausgeworfen‘ wurden ihre Wertschätzung für die Organisation vergrößerte.

Als wir Familienzuwachs erwarteten, mußte Charles nach einer Beschäftigung suchen, um für den Lebensunterhalt zu sorgen, wie es bei den meisten unserer Brüder üblich ist. Diese alltägliche Situation schuf ein einzigartiges Gefühl der Verbundenheit mit den Brüdern. Gemeinsame Sorgen und Nöte knüpften ein Band, das wir als Missionare nicht gekannt hatten.“

Jessie Smedstad überraschte damals die Brüder ebenfalls mit der Nachricht, daß sie und Curtis ein Kind haben würden. In jenem Herbst fanden die Beedles ein behagliches Apartment. Die Besitzerin, Leticia Rosales, war noch in den Vereinigten Staaten. Auch die Smedstads konnten ein Haus in der Nähe des Zweigbüros beziehen, und Oberst Osorio, der ehemalige Präsident von El Salvador, gab jeder Familie einige Möbelstücke für ihren neuen Hausstand.

Im Januar 1959 trafen Ronald und Gladys Ash aus der 25 Klasse Gileads in El Salvador ein. Sie wurden in das Missionarheim von Santa Tecla versetzt, und bald darauf berichteten sie, daß sie Zuwachs erwarteten. Würden sie nach nur siebenmonatigem Aufenthalt nach Kanada, ihrer Heimat, zurückkehren?

Sie hatten noch nicht viel Erfahrung mit den Menschen und mit der Sprache, so daß es schwierig war, die richtige Entscheidung zu treffen. Nach vier Monaten fand Ronald eine Arbeitsstelle, die er auch heute noch hat. Sie sind immer noch mit der Versammlung Santa Tecla verbunden und helfen den Missionaren dort, die Versammlung zu stärken.

KONGRESSE IM JAHRE 1959

Für das Jahr 1959 waren zwei Kreiskongresse vorgesehen — einer für den Kreis, den Saúl De León bediente, seitdem er von Gilead zurückgekehrt war, und der andere für den Kreis, der von Raúl Morales betreut wurde. Danach konzentrierte man sich auf den Bezirkskongreß. Im vorangegangenen Jahr hatte man den Kongreß auf einem Grundstück gegenüber dem Zweigbüro abgehalten. Dieses Jahr nun wurde ein ausgezeichneter Versammlungsort gefunden, den die Brüder vorher nicht in Betracht gezogen hatten. Es handelte sich um das neue Gemeinschaftshaus einer modernen Siedlung in einem Vorort von San Salvador mit Namen Montserrat.

Expräsident Osorio zeigte sich erneut großzügig gegenüber Jehovas Zeugen und sandte ein geschlachtetes Kalb als Geschenk für die Cafeteria. Bei diesem Kongreß hörten 748 Personen den öffentlichen Vortrag „Wenn Gott zu allen Nationen Frieden redet“, der von Bruder Bowers gehalten wurde.

Jane Beedle studierte mit Violeta Bonilla de Cevallos, einer jungen Malerin, die sich auf Wandmalerei spezialisiert hatte. Sie bot sich an, beim Dekorieren der Bühne mitzuhelfen. Violeta war gut bekannt durch ihre Arbeit an vielen staatlichen Denkmälern sowie durch Wandmalereien im Haus des Präsidenten und in anderen Regierungsgebäuden. Als Vorlage benutzte sie eine Illustration aus dem Wachtturm vom 15. April 1959, Seite 228, die Anbeter Jehovas aller Rassen darstellte. Das Wandgemälde wurde von Leuten der Presse und des Fernsehens fotografiert und mit vielen Kommentaren bedacht. Violeta war eine der 61 Personen, die sich auf diesem Kongreß taufen ließen.

EINE SEGENBRINGENDE ÄNDERUNG

Celia de Liévano war Baltasar Perlas Sekretärin, als er der Regierung angehörte. Eine Zeitlang hatte er versucht, sie für ein Bibelstudium zu interessieren, aber ohne Erfolg. Später wurde eine Missionarin gebeten, ihr Englischstunden zu geben, und anschließend an diesen Unterricht gab die Missionarin ihr Zeugnis. Im Laufe der Zeit kam es zu einem Bibelstudium, und Celia begann, die Zusammenkünfte zu besuchen und in den Predigtdienst zu gehen. Schließlich wurde sie auf dem Bezirkskongreß im Jahre 1959 getauft.

Celias Mann Carlos leistete ihr Widerstand, besonders aufgrund seines Glaubens an die Evolutionstheorie. Er veranlaßte sogar eine Gegenüberstellung mit einem Jesuitenpriester, damit der Geistliche sie davon könne, daß ihre neue Religion falsch sei. Mit Hilfe ihrer neuerworbenen Bibelkenntnis verteidigte Celia nicht nur ihre Religion, sondern bewies auch, daß der katholische Priester im Unrecht war. Dann, im Jahre 1961, schloß sich Carlos Liévano seiner Frau an und ließ sich taufen. Seitdem sind beide eifrig damit beschäftigt, die Wahrheit anderen zu verkündigen.

Von frühester Jugend an waren die Liévanos dazu angehalten worden, auf der Leiter des Erfolgs nach beruflichem Ansehen zu streben, und sie hatten es schon ziemlich weit gebracht. Als sie sich entschlossen, Zeugen Jehovas zu werden, sagten ihre weltlichen Freunde, daß sie nun auf beruflichem Gebiet und bei allen anderen Unternehmungen Schiffbruch erleiden würden, weil sie aus der katholischen Kirche ausgetreten seien. Die Liévanos hingegen sagen: „Rückblickend betrachten wir mit Wertschätzung die zahllosen Segnungen, die wir aus der Hand Jehovas empfangen haben.“

NEUE MISSIONARE TREFFEN EIN

Der September des Jahres 1959 war ein entscheidender Monat im Leben von vier jungen Mädchen: Winifred Scott, Patricia Hancock und Jean Unwin aus England und Tyra Mills aus Südafrika. Diese frischgebackenen Absolventen der Gileadschule freuten sich sehr, daß so viele Missionare sie vom Flugplatz abholten. Am 5. Mai 1960 trafen sechs weitere Gileadabsolventen in El Salvador ein, die die 34. Klasse besucht hatten.

Ihnen bot sich ein ganz anderes Bild als den Missionaren, die früher hier angekommen waren. Als die Maschine der TAN Airlines auf der glatten Landebahn ausrollte, hatten die neuen Missionare einen kleinen, aber gut ausgebauten, ansprechenden Flughafen vor sich. Die Fahrt in die Hauptstadt konnte nicht mehr als eine atemberaubende Angelegenheit bezeichnet werden, denn auf der vierspurigen Autobahn ließ es sich bequem fahren, und so konnten sich die neuen Missionare an der vorüberziehenden Landschaft ihrer neuen Heimat erfreuen. Soviel über die Ankunft von Samuel und Delores Stago, Leonard und Hilja Shimkus und Paul und Marilyn Walthard in El Salvador. Gleich am nächsten Tag begann der Sprachkurs, der sie einen Monat lang 11 Stunden am Tag beschäftigen sollte.

DIE TÄTIGKEIT DER MISSIONARE TRÄGT FRUCHT

Die Arbeit der Missionare blieb nicht ohne Erfolg. Bevor Florence Enevoldsen nach Costa Rica ging, um Charles Sheldon zu heiraten, hatte sie ein Bibelstudium mit Bessie de Cañas durchgeführt, die einen kleinen Laden im Süden von San Salvador betrieb. Héctor, Bessies Mann, leistete von Anfang an Widerstand. Aber zu dem Zeitpunkt, als Florence das Studium Chrissie Wilson übergab, hatte Héctor bereits begonnen, die Zeitschriften zu lesen. Es dauerte nicht lange, und Bessie sowie Héctor waren unter den Täuflingen. Jetzt dient Héctor als Ältester in einer der Versammlungen, die im Königreichssaal im Zweigbüro zusammenkommen.

Ebenfalls im Jahre 1960 traf Chrissie Wilson Oscar Zeleya López, der damals 17 Jahre alt war. Chrissie und ihre Begleitung, wer immer es auch war, saßen gewöhnlich auf Steinen vor der kleinen Hütte, in der die Familie schlief. Oscar ließ nie ein Studium ausfallen, ganz gleich, ob es regnete oder ob die Sonne schien. Chrissie erinnert sich noch an viele Sonntagnachmittage, an denen sie unter einem Schirm oder einer Zeltplane saß und das Studium durchführte, während es in Strömen regnete. Auch Oscar dient heute als Ältester in einer der Versammlungen von San Salvador.

POLITISCHE UNRUHEN

Im September des Jahres 1960 schlossen sich Studenten zu einer Rebellion gegen die Regierung zusammen. Der Präsident, Oberst José María Lemus, sah sich gezwungen, sein Amt niederzulegen und im darauffolgenden Monat das Land zu verlassen. Eine neue, sechsköpfige Regierung, genannt „La Junta“, wurde gebildet. Es gab einige Straßenkämpfe, und bei einer Gelegenheit wurde ein Bus umgestürzt, der dann als Barrikade diente. Nach einigen Tagen beruhigte sich die Lage, aber die Stadt wies noch immer Spuren des Geschehens auf. Schießwütige Banditen waren zum Beispiel durch die Stadt gezogen und hatten auf öffentliche Uhren geschossen, die von der Stadt oder von Geschäftsleuten unterhalten wurden. Jahre vergingen, bevor eine davon instand gesetzt oder durch eine neue ersetzt wurde.

Das Zeugniswerk wurde durch all diese Vorkommnisse wenig beeinflußt, doch hielt man es für besser, die Missionare einige Tage mit Hausarbeit zu beschäftigen, bis sich die erhitzten Gemüter beruhigt hatten. In dieser Zeit unternahm Baltasar seine letzten Versuche, Oberst Oscar Osorio für die Wahrheit zu gewinnen. Als dieser dann in die Vereinigten Staaten ging, wurde sein Studium unterbrochen. Es wurde nie wiederaufgenommen, und als Oscar im Jahre 1969 starb, hatte er wenig getan, um aus den biblischen Wahrheiten, die er gelernt hatte, Nutzen zu ziehen. Ein anderer ehemaliger Machthaber von El Salvador verhielt sich indes ganz anders. Es ist interessant, was er unternahm, um das Land zu regieren.

DIE NEUE REGIERUNG VON EL SALVADOR

Ein Mitglied der sechsköpfigen Militärjunta, die im Oktober 1960 das Ruder in El Salvador übernahm, war Rubén Rosales. Er war einer der führenden Militärs und war maßgeblich an der Beseitigung des Lemusregimes beteiligt gewesen. Tatsächlich hatte er die vollständige Kontrolle über die Planung und die Ausführung des militärischen Teils des Umsturzes. Die neue Junta war davon überzeugt, die Verhältnisse in El Salvador zum Besseren wenden zu können. Aber die Angelegenheit lief nicht so, wie man es sich erhofft hatte. Rubén führt aus:

„Es kam anders als geplant. Kurze Zeit nach unserer Machtübernahme rief mich der Erzbischof zu sich. Er brachte den Wunsch zum Ausdruck, mit der Junta privat zu sprechen, und erbat sich darüber Geheimhaltung.

Der Erzbischof erklärte uns praktisch: ,Sie bilden eine neue Regierung, und ich bin in der Lage, diese Regierung von der Kanzel aus zu unterstützen. Als Gegenleistung dafür können Sie uns unterstützen.‘

Wir wußten, wovon er sprach. Aus den uns vorliegenden Dokumenten war uns bekannt, daß katholische religiöse Institutionen von der früheren Regierung finanzielle Unterstützung erhalten hatten. Dem Erzbischof war offensichtlich an einer Weiterführung dieser der Kirche gewährten Gegenleistung durch die neue Regierung gelegen.

Ich war zwar Katholik, doch war ich mir auch darüber im klaren, daß eine derartige Bevorzugung nicht angebracht war; sie entsprach nicht der Verfassung. Die anderen Glieder der Junta waren derselben Meinung. Wir lehnten alle sechs eine finanzielle Unterstützung der Kirche ab. Der Erzbischof war sichtlich bestürzt und meinte, wir würden unsere Entscheidung noch bedauern.

Kurze Zeit darauf wurde von den Kirchenkanzeln ein Feldzug gestartet. Die Priester behaupteten, unsere Regierung trete für Castro ein und sei prokommunistisch. Wir ließen Tonbandaufnahmen von diesen Ansprachen machen und kannten daher die Beschuldigungen. Doch diesen Feldzug zu verbieten hätte unserer Ansicht nach mehr geschadet als genützt, da die Kirche auf viele Leute großen Einfluß hatte.

Bald machten sich nachteilige Auswirkungen auf unsere Regierung bemerkbar. Man brachte unserem politischen Kurs Mißtrauen entgegen. Die Vereinigten Staaten zeigten sich besorgt und hielten ihre Anerkennung zurück. Doch war dieses Mißtrauen berechtigt?

Die von der Kirche unterstützten Anschuldigungen erwiesen sich als unbegründet und unsere Regierung wurde von den Vereinigten Staaten anerkannt. In der New York Times vom 1. Dezember 1960 hieß es:

,Daß sich der Kommunismus und der neue Ruf nach „Fidelismo“ bei jedem Bestreben nach politischen und sozialen Veränderungen in Lateinamerika bemerkbar macht, ist gefährlich. ...

Die drei zivilen Mitglieder der Junta sind, obwohl man sie unbegründeterweise des „Fidelismo“ beschuldigt, Liberale und Demokraten. ... Alle sechs Männer haben sich einem demokratischen Programm verpflichtet und verdienen jede Chance, ihren guten Willen unter Beweis zu stellen.‘

Trotz dieser Rechtfertigung war das Vertrauen in unsere Glaubwürdigkeit durch die von der Kirche geförderte Verleumdungskampagne stark erschüttert worden. Und als die Armee von der Absicht der Junta erfuhr, die Armee aus dem politischen Geschehen herauszuhalten, begann auch sie, Widerstand zu leisten. Ein Jahr später wurde daher unsere sechsköpfige Regierung gestürzt und durch ein anderes Regime ersetzt.“

Rubén Rosales ging in die Vereinigten Staaten und ließ sich in Los Angeles (Kalifornien) nieder. Einige Jahre später lernte er die Wahrheit kennen und wurde im August 1969 getauft. Seine gesamte Familie und einige Verwandte in El Salvador wurden ebenfalls Zeugen. Mehrere Jahre dient er nun schon als Ältester und erzählt anderen von der einzig wahren Hoffnung, wie eine gute Regierung zustande kommen wird.

KREISDIENST ERLEIDET RÜCKSCHLAG

Für den Kreisdienst bedeutete es einen Rückschlag als Bruder Raúl Morales im August 1960 als Kreisaufseher ausschied. Eine Zeitlang wurde er von dem Wunsch, nach Gilead zu gehen, und dem Wunsch zu heiraten hin und her gerissen. Dann heiratete er im Januar 1961 Andrea Lazo, eine junge Schwester aus der Versammlung Santa Anita.

Ungefähr zur gleichen Zeit beging der andere Kreisaufseher im Land, Saúl De León, Unsittlichkeit mit einer verheirateten Missionarschwester. Im Laufe der Zeit ließ sie von ihrer schlechten Handlungsweise ab, kehrten um und sind heute wieder Glieder der reinen Organisation Jehovas. So verloren beide Kreise innerhalb von wenigen Monaten ihren Kreisaufseher. Foi Bryen, dessen Frau einige Monate zuvor an einer selten auftretenden Dickdarmerkrankung gestorben war, den Kreis von Saúl De León. Pedro Guerrero, der junge Mann, der Jahre zuvor draußen vor dem Königreichssaal in Ahuachapán gesessen hatte, ersetzte Raúl in dem anderen Kreis.

BESUCH VON SONDERBEAUFTRAGTEN

Anfang 1961 machte Aubrey Bivens einen Zonenbesuch, der sehr gelegen kam. Kurz darauf stattete Bruder Knorr El Salvador erneut einen Besuch ab. Raúl Morales wurde ihm vorgestellt, und zusammen mit seiner Frau wurde er in die Liste der Sonderpioniere eingetragen. Ihre Zuteilung lautete Santa Ana. Damals wurde auch Samuel Stago zum neuen Zweigaufseher ernannt, und zwar sollte er am 1. April 1961 an die Stelle von Bruder Bowers treten.

KÖNIGREICHSINTERESSEN AN DIE ERSTE STELLE GESETZT

Beim Gedächtnismahl im Jahre 1961 zählte man 300 Anwesende mehr als im Vorjahr, nämlich 1 878. Die 638 Königreichsverkündiger in jenem Monat stellten ebenfalls eine Höchstzahl dar. Dieser ausgezeichnete Fortschritt war zum Teil auf die fleißige Arbeit von Personen zurückzuführen wie Antonia Contreras, einer Lehrerin, die sich seit dem Jahre 1958 eifrig an der Predigttätigkeit in der Stadt Juayúa beteiligte.

Im Jahre 1961 entschied sich Antonia, ihren weltlichen Beruf an den Nagel zu hängen, um sich den Reihen der Pioniere anzuschließen. Somit wurde sie der erste salvadorianische Verkündiger der seine berufliche Laufbahn gegen den Vollzeitdienst eintauschte. Für ihre Opferbereitschaft und Mühe wurde Antonia reich gesegnet. Heute, zwanzig Jahre später ist sie immer noch im Pionierdienst tätig und viele Personen haben durch ihre eifrigen Bemühungen die Wahrheit kennengelernt. Eine der Interessierten wurde später ihre Pionierpartnerin.

STÄRKENDE ZUSAMMENKÜNFTE

Im Dezember 1961 fand der Bezirkskongreß „Vereinte Anbeter“ statt. Erneut benutzte man das Gelände von Herrn Recinos, das sich gegenüber dem Zweigbüro befand. Die Begeisterung war groß als 1 200 Personen den von Bruder Stago gehaltenen Vortrag „Wenn sich alle Nationen unter Gottes Königreich vereinen“ hörten.

Im März des folgenden Jahres kam Bruder Knorr erneut zu einem Besuch. Zu seinem öffentlichen Vortrag in der staatlichen Sporthalle von San Salvador erschienen 1 130 Personen. Diese schöne, moderne Sporthalle bietet bis zu 11 000 Personen Platz. In Form einer Schale gebaut, hat sie keine Stützpfeiler. Mit dieser Stätte wurden Jehovas Zeugen in El Salvador sehr vertraut.

KÖNIGREICHSDIENSTSCHULE

Am 5. Februar 1962 wurde im Zweigbüro von El Salvador die erste Klasse der Königreichsdienstschule durchgeführt. Versammlungsaufsehern, Kreisaufsehern, Sonderpionieren und Missionaren wurde wertvolle Unterweisung vermittelt. Im Laufe der Zeit hatten alle Missionare die Gelegenheit, den Kurs mitzumachen. Bruder David Hibshman, der Zweigaufseher von Guatemala, kam für vier Monate, um die ersten drei Klassen zu übernehmen. Als Bruder Knorr im März kam, hatte die zweite Gruppe gerade mit ihrem Kurs begonnen und freute sich nun, ihn kennenzulernen.

Die mit einer solchen Schule verbundenen Arbeiten waren für alle Beteiligten neu. Aber jeder packte tüchtig mit an, und so gab es keine Probleme. Für Schlafplätze mußte im voraus gesorgt werden. Die Versammlungen in San Salvador stellten Unterkünfte zur Verfügung. Einige der Schüler, die über dem Königreichssaal schliefen, hatten die Aufgabe, einzukaufen und beim Zubereiten des Frühstücks zu helfen. Deshalb mußten sie sehr früh aufstehen was einmal zu der folgenden kuriosen Situation führte.

Als ein Bruder, der „Frühdienst“ hatte, vom Markt zurückkam, fand er die Tür verschlossen. Um Bruder Knorr nicht zu wecken, klingelte er nicht, sondern klopfte leicht an das Schlafzimmerfenster von Chrissie Wilson und rief ihren Namen, damit sie ihm die Haustür öffne. Was er nicht wußte, war, daß Chrissie ihr Zimmer Bruder Knorr überlassen hatte. Natürlich erwachte Bruder Knorr bei dem Klopfen und erinnerte sich an ein spanisches Wort, das er gelernt hatte und womit er hoffte, den Störenfried wegzujagen. Er rief mehrere Male „vámonos“ (Laßt uns gehen!) in der Meinung, es bedeute „Geh weg!“ Außer Bruder Knorrs Bemerkung, daß in diesem Haus seltsame Dinge vor sich gehen würden, verlor man am Frühstückstisch kein Wort über den Vorfall.

Die ersten Mahlzeiten waren für einige der Schüler mit ziemlichen Schwierigkeiten verbunden. Beim Essen benutzten sie gewöhnlich „tortillas“ (runde Maisfladen) und nicht Messer und Gabel. Aber nach einer Weile gewöhnten sie sich an das Besteck. Anderen waren die Speisen fremd, die von den Missionarschwestern zubereitet worden waren. Doch wurden nicht allzu viele Beschwerden laut, und niemand wurde krank oder verhungerte.

Eine der Missionarinnen lud die Schüler zu Stadtrundfahrten ein. Auf diese Weise lernten die Brüder aus kleineren Ortschaften einige der interessanten Sehenswürdigkeiten kennen. Andere Missionare nahmen sich mit der Unterstützung von zwei oder drei Schülern abwechselnd der Wäsche an. Jeder war mit Hausarbeit und Studium eifrig beschäftigt, und durch die Zusammenarbeit entwickelte sich ein ausgezeichneter Kameradschaftsgeist.

Raúl Morales hat einen besonderen Grund, sich an die Königreichsdienstschule zu erinnern. Seine Frau Andrea, die im neunten Monat schwanger war, nahm ebenfalls an dem Kurs teil. Noch bevor die Schule zu Ende war, wurde ihre Tochter Dorotea geboren. Klein Dorotea hatte sozusagen einen theokratischen Start. Es scheint ganz normal zu sein, daß sie heute, nach mehr als 18 Jahren, Jehova treu als Sonderpionier dient.

NEUE KREISDIENER

Im Jahre 1962 fehlte es im Land erneut an Kreisdienern Foi Bryen heiratete Marina Vidaurre, eine junge Schwester aus der Versammlung Soyapango. Die Familie von Pedro Guerrero, der seit August 1960 in dem anderen Kreis gedient hatte, wuchs so rasch, daß seine Frau América nicht länger in der Lage war, den Sonderpionierdienst durchzuführen und sich gleichzeitig um die Kinder zu kümmern. Bruder Hibshman, der damals Unterweiser der Königreichsdienstschule war, empfahl zwei junge Männer aus Guatemala. Sie waren eifrig, lernbereit und ziemlich tüchtig, hatten jedoch keine Erfahrung im Kreisdienst.

So kamen dann am 31. Mai 1962 Marco Rolando Morales und Juan Mazariegos nach El Salvador und wohnten vorübergehend im Missionarheim. Sie wurden für einige Wochen im Kreisdienst geschult und waren dann auf sich gestellt.

DAS ORGANISIEREN VON KREISKONGRESSEN

Im Sommer 1962 hatten die Brüder Morales und Mazariegos zum erstenmal mit Kongreßvorbereitungen zu tun. Für den Osten sollte ein Kongreß in San Miguel vorbereitet werden, und für den Westen hatte man einen in Sonsonate geplant. Juan Mazariegos konnte in Sonsonate keinen passenden Ort für den Kongreß finden. Die einzige Versammlungsstätte, die ihm zusagte, war eine Schule, aber Schulen hatte man in El Salvador noch nie für Kreiskongresse benutzt. Juan nahm die Sache in die Hand, sprach mit dem Rektor und ging auch zum Schulbevollmächtigten in Sonsonate. Ihm wurde gesagt, er solle sich eine Erlaubnis bei der Schulbehörde in San Salvador besorgen. Die Erlaubnis zur Benutzung der Schule wurde erteilt, und so konnte das Kongreßprogramm geplant werden.

Aber als sich Juan kurz vor dem Kongreß zur Schule begab, um nach dem Rechten zu sehen, sagte ihm der Rektor, die Zeugen könnten die Schule nicht benutzen, weil die Erlaubnis rückgängig gemacht worden sei. Juan fuhr sofort nach San Salvador, wo ihm gesagt wurde, die Schule könne nicht benutzt werden, weil die Geistlichkeit dagegen sei. So suchte er nach einem anderen passenden Ort, aber ohne Erfolg.

Deshalb entschied sich Juan, für die Benutzung der Schule zu kämpfen, und vertraute darauf, daß Jehova ihm helfen würde. Er rief den Erziehungsminister an und bat um eine Unterredung. Doch seine Bitte wurde abgelehnt, weil der Minister so beschäftigt war. Juan gab aber nicht auf, er schrieb einen freundlichen Brief an den Minister, betete um Jehovas Führung und ging am Samstagmorgen in seinem besten Anzug zum Haus des Ministers. Das war eine Woche vor dem Kongreß. Das Ergebnis war eine Besprechung am darauffolgenden Dienstag.

Bei dieser Gelegenheit sprach Juan mit einem Untersekretär des Ministers. Ihm wurde gesagt, daß die Entscheidung für den folgenden Tag zu erwarten sei. Juan verbrachte den Mittwoch mit Kongreßvorbereitungen in Sonsonate, und eine Missionarin ging zum Ministerium, um die Entscheidung entgegenzunehmen. Wie glücklich war Juan, als er das Telegramm „Ministerium gewährt Erlaubnis zur Benutzung der Schule“ in den Händen hielt!

Der Rektor gab Juan die Schlüssel der Schule und stellte ihm frei, alles zu benutzen, was benötigt werden würde. Insgesamt kamen 420 Personen, um den öffentlichen Vortrag am Sonntag zu hören. Nach dem Kongreß staunte der Rektor über die Sauberkeit in der Schule und fragte, wann die Zeugen ihren nächsten Kongreß abhalten würden. Später schrieb das Erziehungsministerium: „Wir erlauben Ihnen gern die Benutzung der Schuleinrichtungen, weil wir die Ordnung und Sauberkeit Ihrer Leute anerkennen.

KONGRESS „MUTIGE DIENER GOTTES“

Kurze Zeit nach Beendigung dieses Kongresses begannen die Vorbereitungen für den Bezirkskongreß „Mutige Diener Gottes“, der in der Zeit vom 31. August bis 2. September 1962 stattfinden sollte. Ein Vertrag für das Nationaltheater in San Salvador war unterzeichnet worden, und mittels Radio und Presse wurde die Öffentlichkeit zum Besuch ermuntert. Dann, kurz vor Beginn des Kongresses, wurde der Vertrag plötzlich rückgängig gemacht. Glücklicherweise war es möglich, erneut die staatliche Sporthalle zu benutzen, die mit ihren großzügigen Räumlichkeiten für die Cafeteria und die Erfrischungsstände und ihren hygienischen Einrichtungen einen idealen Platz für Kongresse darstellt. Insgesamt 1545 Personen waren beim öffentlichen Vortrag zugegen.

Von dieser Zeit an wurden die Bezirkskongresse besser organisiert. Baltasar Perla war der Kongreßaufseher, und andere salvadorianische Brüder wurden hinzugezogen, um Verantwortung zu übernehmen. Die Missionare konnten nicht länger alles erledigen, was mit der Organisation dieser größeren Kongresse zusammenhing. Die Sporthalle wurde in einem sehr guten Zustand zurückgelassen, so daß den Zeugen auch in den folgenden Jahren diese Einrichtung immer offenstand.

ÄNDERUNG IN DER LEITUNG DES ZWEIGBÜROS

Samuel Stago und Marco Rolando Morales wurden eingeladen, im Jahre 1963 an dem 10monatigen Gileadkurs teilzunehmen. Sie reisten im Januar nach New York, und Leonard Shimkus übernahm die Arbeit des Zweigdieners. Die Zuteilung blieb aber aufgrund von Ereignissen, die sich später in jenem Jahr zutrugen, bestehen. Es wurde öffentlich bekannt, daß Bruder Stago einige Jahre zuvor in unsittliche Handlungen verwickelt gewesen war. So wurde er aus dem Amt des Zweigdieners entfernt und ausgeschlossen.

Samuels Frau Delores war weiterhin als Sonderpionierin in San Salvador tätig, und Samuel begleitete sie regelmäßig zu allen Zusammenkünften. Ein Jahr später wurde er zur Freude aller Brüder wiederaufgenommen. Beide haben sich seither wahrhaftig als eine Stütze der christlichen Organisation in El Salvador erwiesen. Samuel dient jetzt als Glied des Zweigkomitees.

Als sich das Jahr 1963 seinem Ende näherte, stellten sich die Brüder erneut auf Vorkongreßarbeiten ein. Der Kongreß „Ewige gute Botschaft“ sollte vom 26. bis 29. Dezember in der staatlichen Sporthalle abgehalten werden. Die Zahl der Täuflinge belief sich auf 25, und 1 340 Personen waren beim öffentlichen Vortrag zugegen, der von Baltasar Perla gehalten wurde.

NEUER FILM DER GESELLSCHAFT

Im Jahre 1964 wurde der neue Film der Gesellschaft „Eine ,ewige gute Botschaft‘ geht rund um die Welt“ in El Salvador gezeigt. Der Film weist auf den gemeinsamen Ursprung aller falschen Religionen hin. Diese Vorführung war für El Salvador sehr passend, weil die falsche Anbetung dort vorherrschend ist. Die Zuschauer konnten die Verbindung zwischen der Anbetung in den Kirchen der Christenheit und der alten babylonischen Religion leicht erkennen.

Interessanterweise gibt es in El Salvador Schreine und Kirchen, die der Verehrung von wenigstens 14 verschiedenen Jungfrauen gewidmet sind, z. B. der Jungfrau von Transito, der Jungfrau von Candelaria und der Jungfrau von Guadalupe. Natürlich sind auch viele Schreine und Altäre lediglich der Jungfrau Maria gewidmet.

EIN MANN, DER BEI DER BEKANNTMACHUNG HALF

Die Vorbereitungen, die getroffen wurden, um den Kongreß bekanntzumachen, schlossen auch Besuche bei Radiostationen ein. Hierbei stieß Julia Clogston auf Rafael Castellanos, Leiter der Radiostation YSU. Ein Bibelstudium war das Ergebnis. Beim ersten Studium reichte Rafael Julia eine Ausgabe des Buches Die Bestimmung des Menschen von Lecomte du Noüy und sagte: „So weit bin ich gekommen. Sehen Sie zu, was Sie mit mir anfangen können.“

Das war im März 1964. Rafael und seine Frau waren zwei der 2 853 Anwesenden beim Gedächtnismahl, das Ende März stattfand. Im Mai bot Rafael der Gesellschaft Sendezeit bei der Station YSU für das Programm „Dinge, über die die Menschen nachdenken“ an. Die Radiostation übertrug auch immer Kurzansagen, wenn ein Kongreß oder besondere Zusammenkünfte anzukündigen waren. Im Laufe der Zeit ließen sich Rafael und seine Frau sowie ihre beiden Söhne, Roberto und Ricardo, taufen.

MILTON HENSCHEL BESUCHT DEN KONGRESS

Der Bezirkskongreß „Frucht des Geistes“ war für Februar 1965 in der staatlichen Sporthalle geplant. Die Brüder hatten begonnen, diesen Versammlungsort als ihren „Kongreß-Königreichssaal“ zu bezeichnen. Milton Henschel vom Hauptbüro in Brooklyn kam als Zonenaufseher nach El Salvador und hielt den öffentlichen Vortrag „ ,Friede unter Menschen guten Willens‘ oder Harmagedon?“ Insgesamt lauschten 2 416 Personen den Ausführungen, was eine Zunahme von über tausend gegenüber der Anwesendenhöchstzahl bei dem Kongreß im Dezember 1963 darstellte.

ERWEITERTE DIENSTVORRECHTE

Der Kreisaufseher Juan Mazariegos wurde in die 40. Klasse Gileads eingeladen, und Juan De Dios Peña übernahm seinen Kreis. Ebenfalls im Jahre 1965 sollte sich Baltasar Perla jr. größerer theokratischer Dienstvorrechte erfreuen. Viele Jahre waren ins Land gegangen, seitdem seine Mutter Paulina die Wahrheit kennengelernt hatte. Im Juli kam der junge Baltasar ins Bethel Brooklyn, wo er seitdem treu dient. Im Dezember 1978 trat auch Hernán Peña, ein Angehöriger der Familie Peña von Santiago Texacuangos, seinen Dienst im Bethel Brooklyn an.

Das Jahr 1965 brachte eine neue Höchstzahl von 2 914 Personen beim Gedächtnismahl, und die Zahl der Königreichsverkündiger stieg auf 961.

ERDBEBEN AM „TAG DES KREUZES“

Jedes Jahr Anfang Mai wird auf den Märkten in El Salvador eine außergewöhnliche Vielfalt von Früchten angeboten, damit die Leute ihre Holzkreuze für den Tag des Kreuzes am 3. Mai, der von vielen Katholiken in San Salvador und Umgebung gefeiert wird, schmücken können. Aber am 3. Mai des Jahres 1965, morgens um 4 Uhr geschah etwas, was all ihre Pläne durchkreuzte. Das Libro de Oro (Das Goldene Buch), veröffentlicht von La Prensa Grafica, erklärt:

„Heute morgen um 4 Uhr erschütterte das stärkste Erdbeben seit 46 Jahren die Hauptstadt und die Städte Ilopango, Soyapango, Mejicanos, Villa Delgado, Santo Tomas, San Marcos und verschiedene Nachbarorte. Die Stärke des Bebens wurde mit 7,5 angegeben; das staatliche Notstandskomitee hat seine Tätigkeit in vollem Umfang aufgenommen.“

Hunderte von Lehmziegelhäusern wurden dem Erdboden gleichgemacht. Bei dem Erdbeben hatte man das Gefühl, es fahre ein Güterzug durch das Haus. In Häusern, die nicht einstürzten, zerbrachen jedoch Flaschen, Nippsachen, Geschirr, Bilder und auch einige Fensterscheiben. Über hundert Personen verloren das Leben, und Hunderte wurden schwer verletzt. Dankbar stellten wir fest, daß keiner unserer Brüder nennenswerten Schaden erlitten hatte. Bis auf einige Risse im Verputz war das Zweigbüro verschont geblieben.

Ein Missionarehepaar hatte gehört, daß man bei einem Erdbeben unter das Bett kriechen sollte. Aber weil nur ihr Kopf unter das Bett paßte, glichen sie dem Vogel Strauß, der seinen Kopf in den Sand steckt. Bei den ersten Erschütterungen lief ein anderer Missionar in das Eßzimmer, nahm das Geschirr aus dem Schrank und stellte es ordentlich auf den Fußboden, damit nichts zerbreche. Ein Missionar, der später in das Eßzimmer kam, dachte, das sei durch das Erdbeben geschehen, und wunderte sich, daß kein Stück zerbrochen war.

INTERNATIONALER KONGRESS 1966

Über 300 ausländische Besucher aus 13 Ländern kamen nach El Salvador, um bei dem internationalen Kongreß „Gottes Söhne der Freiheit“, der vom 10. bis 14. Dezember stattfand, dabeizusein. Wieder war die staatliche Sporthalle der Ort des Geschehens. Radio, Fernsehen und Presse arbeiteten zusammen, um den Kongreß anzukündigen.

Am Eröffnungstag hielt Fred Franz vor einer Zuhörerschaft von 1 640 den Vortrag „ ‚Den Gefangenen die Freilassung‘ predigen“. Da es nur 995 Zeugen im Lande gab, war es offensichtlich, daß sich die Öffentlichkeit sehr für den Kongreß interessierte. Als Bruder Franz den öffentlichen Vortrag „Das Millennium für die Menschheit unter Gottes Königreich“ hielt und man eine Zuhörerschaft von 4 780 zählte, waren die Brüder außer sich vor Freude. Am Sonntagabend war die Menge weiter angewachsen, und zwar waren 4 989 Personen erschienen, um das Drama über das Ausharren Jeremias zu sehen.

Bruder Franz saß während des Dramas unter den Zuschauern. Nichtsahnend begann ein Besucher ihn zu fragen, wer denn dieser F. W. Franz, der so viel Aufmerksamkeit erregt habe, sei. Der Mann sprach von einigen Unterschieden zwischen Jehovas Zeugen und anderen, und Bruder Franz erklärte ihm die biblischen Gründe für unseren Glauben. Dann, kurz vor Programmschluß, ging Bruder Franz auf die Bühne, um mit Lied und Gebet abzuschließen. Groß war die Überraschung dieses Mannes, als er entdeckte, daß Bruder Franz es war, der neben ihm in der Zuhörerschaft gesessen hatte. Später hörte man ihn zu vielen sagen, daß nur unter Jehovas Zeugen eine Person in einer solch verantwortlichen Stellung zu finden sei, die so demütig sei.

Die Öffentlichkeit war auf den Kongressen von Jehovas Zeugen immer stark vertreten. Manchmal war die Anzahl der Zuhörer zwei bis dreimal so groß wie die Zahl der Zeugen, aber auf diesem Kongreß war das Verhältnis 4 zu 1! Da viele der Besucher aus anderen Ländern in dem modernen Hotel Intercontinental untergebracht waren war es möglich, das schöne Schwimmbecken des Hotels für die Taufe zu benutzen.

Man plante Rundfahrten, damit die Besucher einige der Seen und Vulkane El Salvadors kennenlernen konnten. Manche bedauerten, daß sie keine Zeit hatten, ein paar Stunden auszuruhen und in dem wunderschönen Coatepeque-See zu baden. Sie freuten sich jedoch, Aufnahmen dieses saphirblauen Juwels zu machen, dessen Lavaablagerungen kleinen Inseln gleichen, die aus der ruhigen Oberfläche des Sees herausragen. Auch Farne und tropische Pflanzen des Landes begeisterten die Reisenden.

DRITTER KREIS GEBILDET

Auf dem Kongreß wurde vorgeschlagen, einen dritten Kreis zu bilden, da El Salvador inzwischen 20 Versammlungen und eine ansehnliche Zahl Verkündigergruppen hatte. Im Januar 1967 wurde dann Marvin Roth, einer der Missionare, zum Kreisaufseher ernannt. Er schloß sich den Brüdern Morales und Mazariegos an, die für die anderen beiden Kreise zuständig waren. Die 3 363 Anwesenden beim Gedächtnismahl im Jahre 1967 ließen auf eine wunderbare Zunahme hoffen

WANN WURDE JESUS GEBOREN?

Einige Zeit nach dem Kongreß warf die Radiostation YSEB in einer Sendung die Frage auf, wann Jesus geboren wurde. Die unterschiedlichen Meinungen, die in der Vielzahl der eingegangenen Stellungnahmen zum Ausdruck kamen, lösten bei dem Sender Überraschung aus. Was man für eine einfache Frage hielt, auf die es eine klare Antwort gibt, erwies sich als eine sehr komplizierte Sache.

Eines Tages besuchte ein Vertreter der Radiostation das Zweigbüro der Gesellschaft. Er bat darum, daß jemand von uns eine kurze Ansprache über das Thema halte. Diese Aufgabe erhielt der junge Kreisaufseher Juan Mazariegos. Der katholische Erzbischof wurde zusammen mit einem Priester und einem protestantischen Geistlichen ebenfalls eingeladen. Jeder Geistliche sprach einige Minuten, und sogar der Erzbischof und der Priester konnten sich nicht einigen, wann Jesus geboren worden war. Keiner von ihnen zitierte die Bibel bei seiner Antwort.

Als Bruder Mazariegos das Mikrofon erhielt, sprach er 30 Minuten lang und bewies anhand der Bibel, warum Jesus um den 1. Oktober des Jahres 2 v. u. Z. geboren worden sein muß. Zahlreiche Briefe gingen bei der Radiostation ein, in denen man um weitere Information bat. Einige Bibelstudien waren das Ergebnis. Ein Brief stammte von einem Priester, den Bruder Mazariegos später besuchte.

WEITERE HILFE GESCHÄTZT

Im Zusammenhang mit Berichten von dem internationalen Kongreß im Dezember 1966 erschien in der Zeitschrift Erwachet! vom 22. 6. 1967 ein Artikel mit dem Titel „El Salvador — Kleinod der Tropen“. Bei einigen unserer Brüder wurde das Interesse geweckt hierherzuziehen, um zu dienen, wo der Bedarf an Königreichsverkündigern größer ist. John Trayer und seine Frau trafen fast gleichzeitig mit den fünf neuen Missionaren aus der 44. Klasse Gileads ein, nämlich mit Concha Dorantes, Juanita Alarcon, Elizabeth Naviski und Richard und Sandra Bryan.

Im Oktober 1968 traten John Trayer und seine Frau Betty in den Pionierdienst ein, und im April 1969 wurde er zum Aufseher in einer der Versammlungen von San Salvador ernannt. Hinsichtlich der Änderungen, die er vorzunehmen hatte, sagte John vor einigen Jahren:

„Die größte Schwierigkeit für mich war die Sprache, und für Betty war es nicht leicht, die Kinder zurückzulassen, obwohl sie nicht mehr klein waren. Der Übergang zu andersartigen Lebensbedingungen brachte ebenfalls einige Probleme mit sich, und außerdem machte uns die Hitze zu schaffen. Aber die Freude, bei der Gründung einer neuen Versammlung mithelfen zu können sowie an Kongreßarbeiten einen Anteil zu haben und beim Bauen und Erhalten von Königreichssälen mitzuwirken, glich die Unannehmlichkeiten aus. Ja, wir sind wirklich glücklich, daß wir gekommen sind!“

Im Januar 1968 trafen Charles und Eleanor Taylor mit ihren Kindern Barry und Monica ein. Nach einiger Zeit wurde die Familie nach Apopa, einem kleinen Dorf nördlich der Hauptstadt, gesandt. Die 15 Verkündiger freuten sich sehr über die Hilfe der Taylors. Einige Zeit danach wurde eine Versammlung gegründet, und Charles wurde Versammlungsaufseher. Im April 1971 gab es für ihn viel zu tun, denn er hatte den Kreiskongreß in Apopa vorzubereiten. Was den Dienst der Familie betrifft, sagte Charles:

„Manchmal kann eine Familie wie wir in einer Weise helfen, wie es den Missionaren der Gesellschaft nicht möglich ist. Zum Beispiel haben Missionare gewöhnlich kein Auto, um Gruppen zu helfen, die dringend den Beistand reifer Brüder benötigen. Als Familie können wir sagen — und wir sprechen aus Erfahrung —, daß diejenigen, die ihre Netze in fremde Wasser hinablassen, wo Hilfe not tut reich gesegnet werden.“

Nicht lange nach ihrer Ankunft in El Salvador im Jahre 1968 bekamen die Taylors ihr drittes Kind, das nun auf dem Wege zur physischen und geistigen Reife Fortschritte macht. Monica ist inzwischen glücklich verheiratet und wohnt in den Vereinigten Staaten, während die übrigen Glieder der Familie noch bis vor einem Jahr den Brüdern in Apopa dienten. Dann mußten auch sie aus wirtschaftlichen Gründen in die Vereinigten Staaten zurück. In Apopa gibt es nun zwei Versammlungen, und sie haben auch ihren eigenen Königreichssaal.

BEZIRKSKONGRESS 1967

Anläßlich des Bezirkskongresses „Macht Jünger“ im Dezember hatten sich 3 005 Personen in der staatlichen Sporthalle versammelt, um den öffentlichen Vortrag von Baltasar Perla zu hören. Mit Hilfe von Berichten und Fotos in den Zeitungen und im Fernsehen wurden die biblischen Dramen schon Wochen vor dem Kongreß angekündigt.

Die salvadorianischen Brüder sind bei den Dramen sehr gewissenhaft und haben große Wertschätzung für das Vorrecht, mitspielen zu dürfen. Schon Wochen vor dem Kongreß proben sie regelmäßig zusammen. Große Anstrengungen werden unternommen, damit die Kostüme wahrheitsgetreu den biblischen Zeiten entsprechen. Bestimmt sind die Bemühungen ein Grund für die hohen Besucherzahlen bei den Bezirkskongressen.

NEUER ZWEIGAUFSEHER

Im Jahre 1968 wurden die Missionare von der Einwanderungsbehörde über neue Bestimmungen unterrichtet. Wenn die Missionare wünschten, nach fünf Jahren weiter im Land zu bleiben, mußten sie 800 Dollar für eine Daueraufenthaltsgenehmigung zahlen. Sonst mußten sie das Land verlassen. Der Zweigaufseher, Leonard Shimkus, und seine Frau waren bereits länger als fünf Jahre in El Salvador, so daß man sie aufforderte zu gehen. Allerdings gelang es Leonard, den Aufenthalt um ein Jahr zu verlängern. Danach riet ihnen die Gesellschaft, nach Guatemala zu gehen, um dort ihren Missionardienst fortzusetzen.

Folglich wurde im Frühjahr 1968 Marco Rolando Morales benachrichtigt, ab 1. Juni 1968 an Stelle von Bruder Shimkus das Amt des Zweigaufsehers auszuüben. Juan De Dios Peña wurde dann ernannt, um Bruder Morales im Kreisdienst zu ersetzen.

AUSDEHNUNG HÄLT AN

Die Zahl der Besucher des Gedächtnismahls stieg im Jahre 1968 auf 4027 an, eine Zunahme von 664 gegenüber dem Vorjahr. Im April 1968 wurde in San Salvador die siebente Versammlung gegründet. Das war im Gebiet von Villa Delgado, nun Ciudad Delgado genannt. Die Versammlung bestand aus 29 Verkündigern, die sich im Haus von José Montoya versammelten. Der neue Zweigaufseher, Bruder Morales, wurde zum Versammlungsaufseher ernannt. Da hier nahezu alle Brüder neu waren, mußte Bruder Morales das Programm fast allein bestreiten, und außerdem kümmerte er sich noch um die Literatur, die Zeitschriften und die Gebiete. Aber allmählich übernahmen andere Brüder mehr Verantwortung in der Versammlung.

Während des Jahres 1968 breitete sich das Predigtwerk auf viele verschiedene Gebiete aus. Bruder und Schwester Stago konzentrierten sich auf den kleinen Ort San Ramón, der sich am Hang des Vulkans San Salvador befindet. Damals gab es dort keine Königreichsverkündiger.

Bruder Stago machte einen Rückbesuch bei dem Besitzer des größten Geschäftes von San Ramón, dessen Frau etwas Literatur entgegengenommen hatte. Dieser Mann José Chavez, war besonders gewalttätig und hatte viele schlechte Gewohnheiten. Dennoch war eine Spur von Respekt gegenüber dem Wort Gottes bei ihm zu finden. Im Laufe der Zeit verwandelten sich Josés schlechte Gewohnheiten in gute, und er besuchte die Zusammenkünfte. Inzwischen sind sechs Angehörige der Familie getauft, und José ist Ältester in einer der Versammlungen von San Ramón.

Schwester Stago begann ein Studium mit Domitila Paz, ihrer Schwester Ana Paz und mit Isabel Escobar, Domitilas Lebenspartner. Sie hatte keine Ahnung, daß diese Frauen die Töchter von Bruder Martín Paz waren, der im Jahre 1960, nachdem er eine Bluttransfusion abgelehnt hatte, gestorben war. Diese Frauen machten rasche Fortschritte in der Wahrheit. Im Laufe der Zeit wurde Ana Pionier, und später diente sie sogar als Sonderpionier. Domitila und Isabel ließen ihre Ehe registrieren und sind nun mit der Versammlung San Ramón verbunden. Weitere Angehörige der Familie lernten ebenfalls die Wahrheit kennen. Wie glücklich wird Martin Paz sein, wenn er nach der Auferstehung sehen wird, daß all diese Angehörigen seiner Familie Jehova dienen!

Im Dezember 1968 wurde der Bezirkskongreß „Gute Botschaft für alle Nationen“ in der staatlichen Sporthalle abgehalten, und 4 500 Personen hörten den öffentlichen Vortrag; 109 ließen sich taufen. Welche Freude rief dies unter den sechs neuen Missionaren hervor, die im November eingetroffen waren!

EIN PLÖTZLICHES UNGLÜCK

Im Wachtturm vom 1. April 1968, der die Bezirkskongresse „Gute Botschaft für alle Nationen“ ankündigte, hieß es, es sei etwas vorgesehen, was „das Werk, das wir in den kommenden Jahren durchführen werden, wesentlich beeinflussen“ werde. Charles Beedle war einer von denen, die es kaum erwarten konnten, was es mit dieser Mitteilung auf sich habe. Nachdem er eine Reihe von Jahren als Zweigaufseher tätig gewesen war, hatte er in El Salvador Arbeit gefunden, und Jane und er hatten nun drei Kinder: Sandra, Charles jr. und Susie.

Als die erste Missionarin zum Bezirkskongreß nach Kalifornien fuhr, sagte Charles ihr Lebewohl und beauftragte sie, ihm die Neuigkeiten umgehend zu übermitteln. Bevor jedoch die Neuigkeiten über das Buch Die Wahrheit, die zu ewigem Leben führt und über das damit verbundene sechsmonatige Lehrprogramm eintrafen, war Charles auf dem allgemeinen Friedhof von San Salvador begraben worden. Sein Tod am 7. Juli 1968 kam plötzlich und rief bei allen Brüdern große Bestürzung hervor. Er starb an den Folgen einer Blutvergiftung, die durch eine in seine Hand eingedrungene Fischgräte hervorgerufen worden war. Er hatte auch Tetanusspritzen erhalten. Einige hörte man sagen: „Wir haben unseren ,tata‘ [,Papa‘] verloren.“

Die Trauerfeier fand im Königreichssaal des Zweigbüros statt, bei dessen Errichtung Charles 13 Jahre zuvor einen Anteil gehabt hatte. Bruder Perla hielt die Begräbnisansprache. Mehr als 500 Personen waren anwesend, obwohl Charles erst 12 Stunden vorher gestorben war.

Auf den Friedhöfen von El Salvador gibt es viele Grabstätten treuer Brüder und Schwestern, die auf eine Auferstehung nach Harmagedon warten. Welch ein großes Vorrecht wird es für die Überlebenden sein, sich erneut ihrer Gemeinschaft zu erfreuen und das Erziehungswerk Jehovas gemeinsam mit ihnen durchzuführen!

WEITERE BRÜDER KOMMEN, UM ZU DIENEN

Da auf den Bezirkskongressen 1968 angeregt wurde, dort zu dienen, wo der Bedarf an Königreichsverkündigern größer ist, trafen innerhalb kurzer Zeit 400 Briefe diesbezüglich in El Salvador ein. Es meldeten sich Brüder aus Europa, Nordamerika und von den Inseln des Meeres. Da es aber nur für hochqualifizierte Techniker Arbeit in El Salvador gab, waren die meisten von denen, die zu kommen beabsichtigten, auf ein Einkommen von außerhalb des Landes angewiesen. So siedelten sich im Jahre 1969 acht Familien in El Salvador an. Unter ihnen waren die Trayers und die Taylors, die kurz zuvor eingetroffen waren. Diese Brüder halfen mit ihrer Familie die Versammlungen zu stärken, und ihre Anwesenheit wurde sehr geschätzt. Jedoch mußten die meisten von ihnen inzwischen zurückkehren.

SOGAR DIE BLINDEN KÖNNEN SEHEN

Mit dem Wahrheits-Buch ging das Werk noch schneller voran. Interessierten wurde geholfen, schneller zu einer Entscheidung zu kommen. Einer von diesen war ein blinder Mann namens Filadelfo Alvarado, mit dem Sam Stago studierte. Er beteiligte sich schon bald am Predigtdienst, ließ sich taufen und begann ein Bibelstudium mit seinen Enkeln, die dann mit ihm die Zusammenkünfte besuchten. Mit der Zeit übernahm Filadelfo sogar Aufgaben in der Theokratischen Schule und in der Dienstzusammenkunft.

Etwa zur gleichen Zeit bot Delores Stago das Wahrheits-Buch einer Dame an, die ihr sagte: „Ich möchte das Buch gern haben, aber es würde mir nichts nützen. Ich bin blind.“ Delores schlug vor, ihr aus dem Buch vorzulesen, und diese Dame, Victoria Carias, war sehr erfreut, das zu hören. Im Verlauf des Studiums sagte Victoria: „Früher habe ich immer geweint und war traurig. Aber jetzt habe ich eine echte Hoffnung. Jehova sei Dank!“

Sie schloß sich der Versammlung Zacamil an, die auch Filadelfo, der blinde Mann, besuchte. Bald darauf wurden beide glückliche Königreichsverkündiger, beteiligten sich am Predigtdienst, erfreuten sich in den Zusammenkünften der Gemeinschaft der Brüder und ermunterten einander zu christlichen Werken.

DER 100-STUNDEN-KRIEG

Im Juli 1969 kam es zwischen El Salvador und dem Nachbarstaat Honduras angeblich wegen eines Fußballspiels zu Unstimmigkeiten. Etwa zur gleichen Zeit reisten viele Brüder in die Vereinigten Staaten, um einen der Kongresse „Friede auf Erden“ zu besuchen. Eine große Delegation fuhr zu dem Kongreß in New York. Schließlich weiteten sich die Schwierigkeiten mit Honduras zu einem Krieg aus. Am 14. Juli bombardierte El Salvador Honduras, und in der Nacht warfen honduranische Flugzeuge Bomben über El Salvador ab, und der Strom fiel aus. Einer der Missionare schrieb:

„Nach der Bombardierung des Flughafens landeten keine Flugzeuge mehr, und die Post blieb aus. Die Brüder riefen des öfteren wegen der Zusammenkünfte an, so daß Juan De Dios Peña entschied, sie in den Nachmittagsstunden abzuhalten. ... wir schoben den Ablageschrank an die Außentür des Büros, weil er so schwer war, und als sich das Gerücht verbreitete, daß von honduranischen Flugzeugen Fallschirmjäger abgesetzt würden, versteckten wir das Geld des Zweiges.“

Es kamen so viele Gerüchte auf, daß keiner wußte, was er glauben sollte. Am vierten Tag hörten die Kampfhandlungen auf, als die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) einen Boykott des salvadorianischen Kaffees androhte. Man schätzte die Zahl der Toten auf mehrere Tausend. Auf beiden Seiten wurde von vielen Greueltaten berichtet.

Tausende von Flüchtlingen kehrten von Honduras nach El Salvador zurück, unter ihnen auch einige salvadorianische Brüder, die in Honduras ansässig gewesen waren. Die meisten von ihnen hatten ihren materiellen Besitz verloren. Unter den Zurückgekehrten befand sich auch Mario Flores, der in Honduras im Kreisdienst tätig gewesen war, nachdem er die Gileadschule abgeschlossen hatte. Bald nach seiner Rückkehr heiratete er eine Schwester, die er auf der Gileadschule kennengelernt hatte, und danach wurden sie im Kreisdienst in El Salvador eingesetzt.

Der Krieg war wirklich ein schreckliches Erlebnis. Als jedoch die Brüder nach und nach vom Kongreß zurückkehrten, wich die Spannung unter den Zurückgebliebenen, und sie richteten ihr Augenmerk auf die guten Nachrichten, die die Brüder ihnen brachten.

VERÄNDERUNGEN IM ZWEIGBÜRO

Der Zweigdiener Rolando Morales heiratete und wurde im Jahre 1969 durch Domenick Piccone ersetzt. Domenick und seine Frau Elsa hatten die 23. Klasse der Gileadschule absolviert und waren in Marokko tätig gewesen. Domenick war Zweigdiener in Marokko, bevor er im Mai 1969 ausgewiesen wurde. Nach dem Kongreß in New York konnten sie nicht nach Marokko zurückkehren und wurden daher El Salvador zugeteilt, wo sie am 31. Oktober 1969 eintrafen.

Bruder Piccone war der erste Zweigdiener in El Salvador, der auf diesem Gebiet Erfahrung hatte. Auch war er mit der Sprache und den Bräuchen vertraut, weil er vor Marokko bereits in Spanien und Portugal gedient hatte. Eine der ersten Aufgaben, denen er sich widmete, war die Vorbereitung für den Bezirkskongreß „Friede auf Erden“, der im Januar 1970 stattfand. Der Kongreß wurde wieder in der staatlichen Sporthalle abgehalten, wo 3 850 Anwesende den öffentlichen Vortrag „Tausend Jahre Frieden nahen!“ hörten.

Nur wenige Wochen zuvor, am 16. Dezember 1969, hatte man mit den Arbeiten zur Erweiterung des Zweigbüros begonnen. Als der Bau 15 Jahre zuvor der Bestimmung übergeben worden war, hatte Bruder Knorr auf die Zunahme der Königreichsverkündiger hingewiesen, die eine Erweiterung erforderlich machen würde. Dieser Zeitpunkt war schließlich gekommen.

Das obere Stockwerk erhielt drei neue Räume, und das untere wurde vollständig neu gestrichen. Außerdem wurde das 11 × 27 m große Grundstück nördlich des Gebäudes schließlich zum Kauf angeboten, so daß sich der Grundbesitz des Zweiges nun bis an die Ecke erstreckte.

WEITERE KONGRESSE IM JAHRE 1970

Im Oktober und November 1970 hielten die drei Kreise — bestehend aus 25 Versammlungen — ihre Kongresse in Sonsonate, San Miguel und Soyapango ab. Die Gesamtzahl der Anwesenden belief sich auf 2 909. Raúl Morales diente als Bezirksaufseher für diese drei Kongresse, und Mario Flores, Juan Mazariegos und Juan De Dios Peña waren die Kreisaufseher. Insgesamt ließen sich 83 Personen taufen. Einer der Kongreßbesucher war der Botschafter Chiang Kai-sheks in El Salvador. Ein Bruder studierte mit ihm die Bibel.

Im Dezember wurde der achte Kongreß in der staatlichen Sporthalle abgehalten. In diesem Monat waren 1 785 Verkündiger im Predigtdienst tätig. Doch die Zahl der Kongreßteilnehmer stieg bei dem Drama „Die Liebe ist ein vollkommenes Band der Einheit“ auf 5 322 an. Noch nie hatten die salvadorianischen Brüder so viele Besucher auf einem ihrer Kongresse gesehen. Bei dem öffentlichen Vortrag „Die Rettung des Menschengeschlechts durch Gottes Königreich“, der von Bruder Piccone gehalten wurde, waren 4 072 Personen anwesend. Die vielen Brüder, die aus anderen Ländern gekommen waren, um in El Salvador zu dienen, halfen in organisatorischer Hinsicht mit, den Kongreß für jedermann so angenehm wie möglich zu gestalten.

ERSTAUNLICHE ZUNAHME

Im Jahre 1971 erforderte die Zunahme der Versammlungen und der Gruppen die Bildung eines vierten Kreises. In jenem Jahr waren im Durchschnitt jeden Monat 1 949 Verkündiger tätig, was eine Zunahme von mehr als 400 gegenüber dem Vorjahr darstellte. Das bedeutete, daß etwa die Hälfte der Verkündiger in El Salvador in den vorangegangenen fünf Jahren — seit 1966 — Zeugen Jehovas geworden waren.

Am 9. April 1971 feierten 7 924 Personen das Gedächtnismahl. Durchschnittlich versammelten sich also 230 Personen in jeder der 34 Versammlungen des Landes. Von all diesen nahmen nur zwei von den Symbolen, um anzuzeigen, daß sie die himmlische Hoffnung hatten, nämlich einmal mit Christus über die Erde zu herrschen.

NEUE VERSAMMLUNGEN GEGRÜNDET

Die Zunahme unter den Verkündigern machte die Gründung neuer Versammlungen notwendig. Brüder, die gekommen waren, um zu dienen, wo Hilfe not tat, hatten einen beträchtlichen Anteil an diesem Werk. In Chalchuapa wurde eine Versammlung gegründet. Charles Taylor wurde zum Versammlungsaufseher der neuen Versammlung in Apopa ernannt und Joseph Backloupe, ein ehemaliger Missionar, der in Bolivien gedient hatte, zum Aufseher der neuen Versammlung in San Salvador. Robert Wolfe, der sein Geschäft in New York aufgegeben hatte und mit seiner Frau Edel nach El Salvador gekommen war, wurde in einer der Versammlungen der Hauptstadt zum Hilfsversammlungsdiener ernannt. Im März 1971 wurde die zunehmend größer werdende Versammlung in Santa Ana geteilt. Die Gruppe in Juayúa war groß genug geworden, um eine Versammlung zu bilden, und eine weitere wurde in El Platanar in der Nähe von San Miguel gegründet.

Den Verkündigergruppen wurde ebenfalls Aufmerksamkeit geschenkt. Im Jahre 1971 verließ John Trayer die Hauptstadt, um der Verkündigergruppe in Cojutepeque, einer Stadt östlich von San Salvador, beizustehen. Den Verkündigern in San Sebastián und Ilobasco wurde ebenfalls geholfen, und so entstanden auch hier neue Versammlungen. Nun werden die Menschen in diesen Gebieten regelmäßig von Jehovas Zeugen betreut.

Die Brüder, die aus anderen Ländern hierhergekommen sind, um zu dienen, werden von den salvadorianischen Brüdern sehr geliebt und geschätzt. Durch den Einsatz ihrer Zeit, durch die Bereitstellung materieller Güter und durch eifrigen Predigtdienst leisteten sie in vieler Hinsicht Hilfe.

PRÄSIDENTENTOCHTER LERNT DIE WAHRHEIT KENNEN

Im März 1967 wurde Fidel Sánchez Hernández Präsident von El Salvador. Bald danach begann seine Tochter Marina, die noch ein Teenager war, nach der Wahrheit Gottes zu suchen. Lassen wir sie berichten:

„Ich wuchs in einer nichtreligiösen Atmosphäre auf, in der man die falsche Religion durchschaut hatte. Meine Eltern hatten wegen früherer Erfahrungen, die sie mit der katholischen Kirche gemacht hatten, mit ihr keine Verbindung mehr.

Mein Vater wurde Präsident, als ich dreizehn Jahre alt war, und ich weiß noch gut, wie sich die höchsten Geistlichen, z. B. Bischöfe und Kardinäle, bemühten, freundschaftliche Beziehungen zu unserer Familie aufzunehmen. Taten sie es aber, um uns in geistiger Hinsicht zu helfen? Meine Mutter sagte ganz offen, sie würde kirchlichen Anlässen nur beiwohnen, wenn diese etwas mit staatlichen Angelegenheiten zu tun hätten. Die Geistlichen waren nie daran interessiert, uns in geistiger Hinsicht zu helfen. Sie traten nur dann auf den Plan, wenn eine politische Kampagne im Gange war oder das ganze Land vor einem Problem stand.

Ich wurde dazu erzogen, niemandem zu trauen. Daß dieses Mißtrauen berechtigt war, erfuhr ich, als man eines Nachts versuchte, meinen Vater als Präsidenten zu stürzen. Ich war als einzige von unserer Familie mit ihm zu Hause, als die Schießerei begann. Ich geriet in Todesangst, als mir die Kugeln um die Ohren pfiffen. Ich rief Gott um Hilfe an, denn ich glaubte an ihn. Ich versprach ihm feierlich, ihn zu suchen und alles daranzusetzen, ihn zu finden, sofern ich diese Situation überleben würde.“

An die Geistlichen konnte sich Marina nicht wenden, da sie gesehen hatte, wie sie sich in die Politik einmischten. Jetzt spielten sie sogar die Vermittler zwischen der Regierung und den Rebellen. Sie war deshalb sehr enttäuscht. An wen konnte sie sich denn um Hilfe wenden? Sie hatte kurze Zeit mit verschiedenen protestantischen Sekten und mit einigen Juden Verbindung, fand aber Gott nicht. Dann willigten sie und ihr Verlobter in ein Studium mit Jehovas Zeugen ein. Heute sind sie ein glückliches christliches Ehepaar und sind dankbar, zu Jehovas Volk zu gehören und ihm zusammen mit ihren Glaubensbrüdern und -schwestern in einer Atmosphäre echten Vertrauens zu dienen.

EINE GESCHÄTZTE FAMILIE

Im Jahre 1971 verließen Joseph und Nancy Tremblay mit ihren beiden Kindern Jennifer und Tony die Vereinigten Staaten, um in El Salvador zu dienen. Joseph hatte in New York als Choreograph gearbeitet, bevor er die Wahrheit kennenlernte. Er besuchte einmal seine Angehörigen in Kalifornien, die Zeugen Jehovas waren. Während er dort war, nutzte er die Gelegenheit, mit anderen Zeugen zu sprechen, und bemerkte, daß seine Angehörigen nicht in Übereinstimmung mit dem lebten, was Jehovas Zeugen lehrten. So entschloß er sich, die Sache zu untersuchen. Was er entdeckte, war ein „Lebensziel“.

Die Wahrheit berührte Josephs Herz, und er rief seinen Chef in New York an, um zu kündigen. Alles, was er früher an Kraft, Zeit und Ideenreichtum für weltliche Bestrebungen verwandt hatte, setzte er nun für geistige Interessen ein. Er und seine Frau waren entschlossen, geistig beschäftigt zu bleiben, um sich auf diese Weise dem Geist der Welt zu entziehen. So kamen sie nach El Salvador.

Man erinnert sich noch gut daran, wie sich Joseph eines Tages nach dem Taschengeld der Sonderpioniere erkundigte. Als er erfuhr, um welchen Betrag es sich handelte, sagte er: „Was, davon könnte ich nicht einmal die Oliven für meine Cocktails bezahlen!“ Er konnte ja nicht ahnen, daß die Tage der Cocktails und der Oliven sich ihrem Ende näherten. Mittlerweile hat er neun Jahre im Pionierdienst verbracht, beim Bau von Königreichssälen mitgewirkt und Verantwortung bei Kongressen getragen. Sein Eifer und seine Begeisterung sind immer noch beispielhaft. In Metapán, seiner gegenwärtigen Zuteilung, hat Joseph zum Beispiel kürzlich beim Neubau eines Königreichssaales mitgeholfen.

GESETZLICHE KÖRPERSCHAFT DER ZEUGEN JEHOVAS

Seit dem Beginn des Werkes im Jahre 1945 führten Jehovas Zeugen das Predigen und Jüngermachen ohne gesetzliche Anerkennung durch. Im Jahre 1972 wurde dann in El Salvador die „Association of Jehovah’s Witnesses“ gegründet. Als ein gesetzliches Instrument dient sie dem Zweck, der Bevölkerung des Landes zu helfen, Jehova kennenzulernen und wahre Christen zu werden.

Mit Hilfe der Körperschaft können die Brüder Grundstücke für Königreichssäle, Kongreßsäle und Missionarheime erwerben. Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche ansprechende Königreichssäle im Land gebaut, einschließlich desjenigen in San Marcos. Für diesen Saal wurden Steine aus einem nahezu senkrechten Stück Land gesprengt, und die Mauern wurden aus diesen Steinen und aus Stahlbeton hergestellt. Gegenwärtig gibt es 42 Königreichssäle sowie einen Kongreßsaal und Missionarheime in Santa Ana und San Miguel, die im Namen der „Association“ unterhalten werden.

Es war Alejandro Lacayo, einer der fünf Missionare, die am 5. Mai 1972 eintrafen, der die Brüder auf die Idee brachte, ein neues Missionarheim und einen Königreichssaal in San Miguel zu bauen. Im August 1974 konnte das behagliche neue Heim, dem ein Königreichssaal angeschlossen ist, bezogen werden. Es hat drei Schlafräume, eine Küche, ein Wohnzimmer und einen Innenhof; außerdem verfügt es über eine großzügige Einfahrt. In San Miguel, wo sich das Werk langsamer entwickelte, gibt es nun vier Versammlungen.

SCHNELLE ZUNAHME

Wir haben schon mehrfach festgestellt, daß die Tätigkeit der Zeugen Jehovas in El Salvador gut bekannt geworden war. Als Folge davon überstieg die Zahl der Anwesenden bei Zusammenkünften und Kongressen die der tatsächlichen Verkündiger oft um das Drei oder Vierfache. Während der frühen und mittleren 70er Jahre gaben sich viele dieser Personen, die sich inzwischen den Zeugen angeschlossen hatten, Jehova hin, verkündigten die gute Botschaft und ließen sich taufen.

Im Jahre 1973 stieg die Durchschnittszahl der Königreichsverkündiger auf 2 854 — fast 1 000 mehr als zwei Jahre zuvor! Aber wahrlich erstaunliche Zunahmen sollten noch folgen. Im Jahre 1974 stieg die Durchschnittszahl der Verkündiger sprunghaft auf 4 065 an — eine Höchstzahl von 4 535 wurde erreicht —, und 1 509 Neue ließen sich taufen. Doch die Zunahme hielt an.

Im Jahr darauf waren es 1 612 Personen, die sich taufen ließen, und die Durchschnittszahl der Verkündiger schnellte auf 5 124. So belief sich die Zunahme in zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils auf über 1 000 Verkündiger. 1976 ließen sich dann weitere 984 Interessierte taufen. Auch erhöhte sich die Zahl derjenigen, die die Königreichsbotschaft verkündigten, in jenem Jahr auf durchschnittlich 5 632 monatlich.

So wurden in nur drei Jahren 4 105 Neue getauft, und die Zahl der Zeugen in El Salvador hatte sich fast verdoppelt; sie war von 2 854 auf 5 632 gestiegen.

DER ZUNAHME RECHNUNG GETRAGEN

Wie man sich vorstellen kann, mußte aufgrund dieser gewaltigen Zunahme die Organisation ausgedehnt werden, damit alle Neuen betreut werden konnten. In einem Jahr — von 1972 bis 1973 — war die Anzahl der Versammlungen von 36 auf 68 angewachsen. Im folgenden Jahr wurden 23 weitere Versammlungen hinzugefügt, und im Jahre 1976 gab es im ganzen Land 118. So hatte sich in nur vier Jahren die Zahl der Versammlungen in El Salvador mehr als verdreifacht — sie erhöhte sich von 36 auf 118. Zweifellos bestand ein großes Bedürfnis, all den Neuen in der Organisation geistige Hilfe zu bieten.

Da es nun mehr Versammlungen gab, mußten auch weitere Kreise eingerichtet werden, und man benötigte befähigte Brüder, die als Kreisaufseher dienen konnten. So wurden Samuel Stago und Carlos Reyes, der ehemalige Nationalgardist, der Jahre zuvor bei der Gründung der Versammlung Usulután mitgeholfen hatte, zu Kreisaufsehern ernannt. Wegen der schnellen Zunahme handelte es sich bei den neuen Kreisaufsehern nicht immer um Männer mit langjähriger Erfahrung in der Wahrheit.

In den späten 60er Jahren gelang es zum Beispiel Gladys Romero, ihren Mann Saúl für ein Bibelstudium zu interessieren. Als er schließlich überzeugt war, daß er die Wahrheit gefunden hatte, nahm er sie ganzherzig an. Er ließ sich im Jahre 1970 taufen und nahm im Februar 1971 den Pionierdienst auf. 1975 wurde Saúl zum Kreisaufseher ernannt.

Aber es mußten weitere Kreise gebildet werden. Wer konnte als reisende Vertreter der Gesellschaft in Frage kommen? Die Antwort war: Carlos Villanueva und Roberto Guzman, zwei junge Sonderpioniere. Was ihnen an Erfahrung fehlte, glichen sie durch Treue und harte Arbeit aus. Heute gibt es in El Salvador 137 Versammlungen und 23 Verkündigergruppen, und diese sind in acht Kreise aufgeteilt.

KONGRESSE FÖRDERN ZUNAHME

Die Bezirkskongresse und die internationalen Kongresse fanden weiterhin in der staatlichen Sporthalle von San Salvador statt. Diese jährlichen Kongresse waren ein großer Ansporn für die Brüder, im Werk des Predigens und Jüngermachens weiter voranzudrängen. Auf dem Kongreß „Göttliche Herrschaft“ im Jahre 1972 wurden weitere Einzelheiten über die Vorkehrung bekanntgegeben, daß in der Versammlung nicht mehr ein Versammlungsdiener, sondern eine Ältestenschaft die Aufsicht hat. Gegenwärtig — acht Jahre später — gibt es 182 Älteste im Land. Das bedeutet einen Durchschnitt von etwas mehr als einem Ältesten pro Versammlung. Daran kann man erkennen, daß in El Salvador noch ein Bedarf an reifen, befähigten Helfern besteht.

Der internationale Kongreß „Göttlicher Sieg“, der im Dezember 1973 in der staatlichen Sporthalle stattfand, war der begeisterndste von allen, die bisher abgehalten worden waren. Bis zu dieser Zeit belief sich die Höchstzahl der Königreichsverkündiger, die je in einem Monat berichtet hatten, auf 3 310. Wie viele würden nun den Kongreß besuchen? Wie erstaunt war man, als 10 788 Personen die Sporthalle füllten! Aber es gab noch eine größere Überraschung. Zur Taufe erschienen 1 046 Personen, die sich Jehova hingegeben hatten und nun diese Hingabe symbolisieren wollten. Dies stellte fast ein Drittel der Verkündigerhöchstzahl in jenem Jahr dar. Wahrhaftig, die Ernte war groß!

Was würde der Bezirkskongreß „Göttlicher Vorsatz“ bringen? Er war für den Dezember 1974 geplant und sollte wieder in der staatlichen Sporthalle stattfinden. Würde die Halle groß genug sein? Die Gedächtnismahlfeier im April war ein Fingerzeig hinsichtlich der zu erwartenden Menschenmenge. Bei dieser Gelegenheit zählte man insgesamt 15 836 Anwesende, fast zweimal soviel wie beim Gedächtnismahl drei Jahre zuvor. Mit 12 125 Anwesenden war die Halle dann bei dem öffentlichen Vortrag „Menschenpläne scheitern — Gottes Vorsatz gelingt“ über ihr Fassungsvermögen hinaus besetzt. Es war offenbar, daß Gottes Vorsatz, was das Jüngermachen in El Salvador betrifft, Gelingen hatte.

EIN EHEMALIGER POLITIKER ÄNDERT SICH

Unter den mehr als 1 000 Taufbewerbern auf dem Kongreß „Göttlicher Sieg“ im Jahre 1973 befand sich auch Atilio García Prieto. Er war 18 Jahre zuvor ein Mitglied des Kabinetts von Präsident Osorio gewesen, und zwar zu der Zeit, als auch Baltasar Perla in dieser Regierung ein Amt innehatte. Als Baltasar unser Bruder wurde, dachte Atilio bei sich: „Dieser Mann muß ,verrückt‘ geworden sein.“ Heute weiß er, daß er „verrückt“ war.

Nachdem Atilio ein eifriger Diener Jehovas geworden war, führte er bis zu 12 Bibelstudien durch. Jetzt dient er als Ältester in einer der Versammlungen von San Salvador. Im Jahre 1975 wurde er zum „Fachmann des Jahres“ von El Salvador ernannt. In der Rede, die er anläßlich seiner Ehrung hielt, sagte er, die Gründung einer besseren Welt sei stets sein Wunsch gewesen. Doch dann zeigte er den Anwesenden, zu denen auch der Präsident und sein Kabinett gehörten, anhand der Bibel, daß eine solche Welt nur durch Gottes Königreich herbeigeführt werden kann.

NEUREGELUNG FÜR BEZIRKSKONGRESSE

Wo konnten die jährlichen Bezirkskongresse nun stattfinden, nachdem die staatliche Sporthalle zu klein geworden war? Da die Sporthalle ein idealer Versammlungsort war, entschied man, im Jahre 1975 den Bezirkskongreß „Göttliche Souveränität“ zweimal am gleichen Ort abzuhalten, und zwar in der einen Woche für die Versammlungen von San Salvador und in der anderen Woche für alle übrigen Versammlungen des Landes. Wie glücklich die Brüder waren, als sie erfuhren, daß Bruder Knorr bei diesen Kongressen anwesend sein würde!

Keiner der Anwesenden ahnte, daß es sich um den letzten Besuch Bruder Knorrs handelte. Sie freuten sich sehr, mit ihm zusammenzusein, und nahmen bereitwillig den biblischen Rat an, den er ihnen während des Missionartreffens oder auch zu anderen Zeiten seines Aufenthalts gab. Weniger als zwei Jahre später, am 8. Juni 1977, starb er an Krebs.

Bruder Tremblay wurde gebeten, für die Kongresse eine passende Bühne vorzubereiten. Mit Hilfe der Brüder in der Versammlung Ahuachapán, wo er zu dieser Zeit als Sonderpionier tätig war, errichtete er mit viel Phantasie aus Pappe ein wunderschönes weißes Schloß, das als Hintergrund der Bühne diente. Über dem Schloß befanden sich der Thron und die Krone des großen Souveräns. Wie gut diese Ausstattung die Stellung Jehovas über dem ganzen Universum unterstrich! Die 15 025 Anwesenden auf beiden Kongressen erfreuten sich an dem Programm und zogen großen Nutzen daraus.

Da beide Kongresse so erfolgreich gewesen waren, planten die Brüder für 1976 drei von dieser Art. Im Jahre 1976 wurde der Bezirkskongreß „Heiliger Dienst“ dann in Santa Ana, San Miguel und San Salvador abgehalten. Auf diese Weise hatten Menschen aus allen Teilen des Landes eine günstigere Gelegenheit, gute geistige Speise zu empfangen und sich einer erbauenden Gemeinschaft zu erfreuen. Die Zuhörerschaft belief sich auf allen drei Kongressen auf 13 203. Obwohl dies einen Rückgang von nahezu 2 000 gegenüber dem vorherigen Kongreß bedeutete, stellte diese Zahl doch mehr als das Doppelte der Verkündiger des Landes dar, denn im Jahre 1976 belief sich die Höchstzahl auf 6 010.

WEITERE VERGRÖSSERUNG DES ZWEIGBÜROS

Die Mehrung der Organisation machte eine weitere Vergrößerung des Zweigbüros erforderlich. Wie schon früher erwähnt, hatte man im Jahre 1970 ein Stück Land direkt vor dem Gebäude erworben. Schon vor einiger Zeit hatte man es in einen gepflegten grünen Rasen mit Blumen verwandelt, der zur Verschönerung des Zweigbüros beitrug. Doch als Bruder Robert Wallen, ein Vertreter des Hauptbüros in Brooklyn, 1975 zu Besuch kam, wurde die Möglichkeit erörtert, diesen Streifen Land zur Vergrößerung des Zweigbüros zu nutzen.

Im Jahre 1976 wurden die Ausdehnungspläne ausgearbeitet und gebilligt. Aufgrund der Unterstützung von Freiwilligen und dank der Zusammenarbeit aller entstanden für den Anbau nur die Hälfte der geschätzten Kosten. John Trayer und Vicente Valdarrama, der in Ahuachapán diente, wo Hilfe not tat, halfen die ganze Zeit bei diesem Bau mit.

So konnte der neue Anbau im Jahre 1977 der Bestimmung übergeben werden. Welch eine Freude war es, aus den engen Büros in die großen, luftigen Räume umzuziehen! Die gelagerte Literatur wurde aus den Gängen Schlafräumen und Toiletten entfernt und fein säuberlich in dem geräumigen Lagerraum gestapelt. Durch diese Änderung erschien sogar das Heim neu.

Anläßlich des Bezirkskongresses „Freudige Arbeiter“ im Dezember 1977 hielt Milton Henschel von der leitenden Körperschaft den Vortrag zur Bestimmungsübergabe des erweiterten Zweigbüros. Erneut wurden zwei Kongresse in der staatlichen Sporthalle von San Salvador abgehalten. Dieses Mal belief sich die Zuhörerschaft auf insgesamt 13 615 Personen. Obwohl dies unter der Höchstzahl lag, die zwei Jahre zuvor erreicht worden war? hatten sich doch viele Menschen im ganzen Land mit Jehovas Zeugen verbunden. Dies zeigte sich im März 1978, als 21 285 dem Gedächtnismahl beiwohnten.

BAU EINES KONGRESS-SAALES VORGESCHLAGEN

All die Jahre hindurch war es äußerst schwierig gewesen, passende Räumlichkeiten für Kreiskongresse zu finden. Einige Kreise mußten aus Mangel an ausreichend großen Versammlungsstätten fünf kleine Kongresse abhalten. Besonders während der Regenzeit, wenn es darauf ankam, einen Schutz vor dem Wetter zu haben, war es schwierig, einen passenden Versammlungssaal zu finden. Die Schulen erwiesen sich nun oft als zu klein für die Kongresse, und außerdem verfügten sie nicht immer über die besten Einrichtungen. Die folgende Erfahrung schildert die Art der Probleme, denen man manchmal gegenüberstand.

Einmal, als sich die Brüder zum Kongreßbeginn eingefunden hatten, nahm die Militärkapelle ihren Platz direkt vor der Bühne ein und spielte die Nationalhymne. Gruppen von Schulkindern versammelten sich an diesem Samstagmorgen zu einem Musikprogramm. Höchstwahrscheinlich hatte ein Lehrer, dem es nicht gefiel, daß die Zeugen die Schule benutzten, dafür gesorgt, daß die Militärkapelle vor den Klassen aufspielte. Ungefähr nach einer Stunde zog die Militärkapelle ab, und die Kinder begaben sich langsam auf den Heimweg. Dann begann das Kongreßprogramm ordnungsgemäß mit einem Lied zum Lobpreis Jehovas und einem Gebet. Dies ist nur ein Beispiel für die unangenehmen Situationen, mit denen unsere Brüder fertig werden mußten, wenn sie alle sechs Monate ein geistiges Festmahl zu organisieren hatten.

Was sollte man tun? Wäre der Bau eines Kongreßsaales in El Salvador bei nur acht Kreisen vertretbar und möglich?

Diese Angelegenheit wurde mit Bruder Henschel besprochen, als er den Kongreß „Freudige Arbeiter“ besuchte. Dann wurde der Gedanke in schriftlicher Form der leitenden Körperschaft unterbreitet. Die Suche nach einem Grundstück mit einem angemessenen Preis hatte bereits begonnen. Schließlich bot ein Bruder aus San Salvador ein Stück Land in der Nähe des Ilopango-Sees an, das über eine eigene Wasserversorgung verfügte. Es war ziemlich groß, und der Preis war annehmbar. Viele Brüder spendeten großzügig, um das Land kaufen und das Projekt in Angriff nehmen zu können.

Wie lautete die Antwort der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas? Sie hatte folgende Fragen: Werden die Brüder in El Salvador das Bauprojekt unterstützen? Werden sie in der Lage sein, die notwendigen Zahlungen zu leisten, um das erbetene Darlehen zurückzuzahlen? Die Angelegenheit wurde zunächst den Mitgliedern der örtlichen Körperschaft vorgelegt und danach in schriftlicher Form den Versammlungen. Die Antwort der Versammlungen war ein kräftiges „Ja!“ So wurde also entschieden, diesem Bauvorhaben volle Aufmerksamkeit zu schenken und Jehova um Beistand bei dem Unternehmen zu bitten.

NEUE SCHULUNGSKURSE ORGANISIERT

Anschließend an den Kongreß „Freudige Arbeiter“ im Dezember 1977 wurden Pläne für eine neue Königreichsdienstschule und eine besondere Schule für Pioniere gemacht. Die Königreichsdienstschule wurde seit 1962 durchgeführt. In regelmäßigen Abständen wurden Brüder, die in den Versammlungen mit Verantwortung betraut waren, zu diesem Schulkurs eingeladen. Während des Jahres 1978 besuchten alle Ältesten und Dienstamtgehilfen des Landes den neuen 15-Stunden-Kurs wertvoller Unterweisung. Die vier Glieder des Zweigkomitees waren zusammen mit zwei anderen befähigten Brüdern die Unterweiser. Innerhalb eines Monats hatten alle an der Schule teilgenommen, weil gleichzeitig drei Kurse liefen.

Sobald diese Schulung beendet war, begann die Schule für Pioniere. Alle Pioniere in El Salvador, die im Juni 1977 wenigstens ein Jahr lang im Pionierdienst gestanden hatten, hatten die Gelegenheit, an diesem besonderen zehntägigen Kurs teilzunehmen. Sie waren Jehova für diese ausgezeichnete Vorkehrung, die er durch seine Organisation möglich gemacht hatte, sehr dankbar.

EL SALVADOR VERÄNDERT SICH

Im Laufe der Jahre begann El Salvador, sein Aussehen und sogar seine Bräuche zu ändern. Zum Beispiel war die Bevölkerung von 1 500 000 im Jahre 1945 auf 5 000 000 im Jahre 1980 angestiegen. Besonders in der Hauptstadt waren die alten Lehmhäuser durch moderne Betonbauten in leuchtenden Farben ersetzt worden. Überall setzte eine neue Entwicklung ein. Es gab mehr Arbeitsplätze, und sogar die Löhne stiegen. Viele Leute zogen vom Land in die Stadt und suchten sich Arbeit.

Mit der Zeit ähnelte San Salvador in mancher Hinsicht einer modernen nordamerikanischen Stadt. In den 60er Jahren wurden zum Beispiel Hamburger rundweg als „gringo food“ (amerikanische Kost) abgetan und waren nur an wenigen Plätzen erhältlich, um die Touristen anzulocken. Aber in den späten 70er Jahren blühte das Geschäft der Schnellgaststätten wie „McDonald’s“ oder „Hardee’s“, wo sich Hamburger und Pommes frites bei Touristen und Einheimischen gleich großer Beliebtheit erfreuten. In verschiedenen Teilen der Stadt entstanden Erholungsparks, die sich um das Geschäft bemühten, das zuvor nur den Touristenattraktionen wie dem tropischen Park „Los Chorros“ oder dem Coatepeque und dem Ilopango-See vorbehalten war. Eine Drahtseilbahn wurde gebaut, um Touristen vom südöstlichen Teil San Salvadors auf den Berg San Jacinto zu bringen. Dort kann man sich im Vergnügungspark amüsieren oder einfach die wunderbare Aussicht über die Stadt genießen. Es gibt zweifellos genug Unterhaltung.

Aber man muß schon über eine dicke Brieftasche verfügen, um all diese Dinge genießen zu können, denn die Preise sind in die Höhe geschnellt. Zum Beispiel stieg der Preis für eine typische pupusa — sie besteht aus grobem Maismehl, das zu runden Kuchen geformt wird, die mit einer Schicht Käse, Fleisch oder Bohnen gefüllt werden — seit den 60er Jahren mindestens um das Vier oder Fünffache. Die Familie zu einer typischen pupusa mit gebackener Banane und Kaffee einzuladen reißt heutzutage ein beträchtliches Loch in die Haushaltskasse einer Durchschnittsfamilie.

Neue Autobahnen und verbreiterte Straßen verdrängten die mesons (Wirtshäuser) und Hütten, die jahrelang Tausenden von armen Leuten als Unterkunft dienten. Gleichzeitig mit dem neuen Flughafen „EI Salvador“, 35 Kilometer südlich von San Salvador, wurde auch eine neue vierspurige Autobahn gebaut, damit man den Flugplatz bequem erreichen kann. Damals, Anfang der 60er Jahre, waren Autos Luxusgegenstände und nur für wenige Auserwählte erschwinglich. Aber Ende der 70er Jahre glichen sie Ameisenschwärmen, die auf den Straßen der Stadt hin und her flitzten. Nur auf den verhältnismäßig ruhigen Straßen außerhalb der Stadt konnte ein Fahrer erleichtert aufatmen.

Auch auf religiösem Gebiet hat sich das Land verändert. In der Vergangenheit waren die protestantischen Gruppen stets in der Minderheit und wurden vom Katholizismus in den Hintergrund gedrängt. Aber in jüngster Zeit sind die Leute im allgemeinen empört über die Art und Weise, wie sich die Geistlichen in die Politik einmischen, und viele sehen sich nach etwas anderem um. Folglich haben sich viele Menschen von der katholischen Kirche abgewandt, und zwar zugunsten der zahlreichen evangelischen Gruppen, die in den letzten Jahren nur so aus dem Boden geschossen sind. Es steht fest, daß weder der Katholizismus noch die protestantischen Kirchen die Menschen zufriedengestellt haben, die aufrichtig an der Wahrheit interessiert sind.

Nach und nach verwandelt sich der religiöse Fanatismus der Vergangenheit in religiöse Gleichgültigkeit, die nur noch eine sehr verschwommene Ähnlichkeit mit dem wahren Christentum aufweist. In dem Bemühen, der Abwärtsentwicklung entgegenzuwirken, hat die katholische Kirche damit begonnen, ihre religiösen Bräuche mit denen einiger Sekten zu verschmelzen, indem der Gebrauch von Bildnissen an vielen Orten abgeschafft wurde. Die Veränderungen auf religiösem Gebiet und in anderen Bereichen haben das Leben der Menschen beeinflußt. Besonders seit dem Jahre 1975 haben der Wunsch nach Vergnügen und die Mißachtung menschlicher sowie göttlicher Gesetze ihren Tribut gefordert.

Wie hat sich dies auf die Christenversammlung ausgewirkt? Die folgende Beobachtung vom Zweigbüro in El Salvador ist bedeutungsvoll:

„Selbst diejenigen, die das wahre Christentum gepflegt haben, sind beeinflußt worden. Manche Brüder haben ihre Dienstvorrechte in der Versammlung aufgegeben, weil diese sich störend auf ihre persönlichen Interessen auswirkten. Einige sind in andere Länder gezogen mit dem Ziel, ihre eigene finanzielle Lage zu verbessern.

Außerdem ist es zunehmend schwieriger geworden, junge Leute für den Vollzeitdienst zu interessieren. Weltliche Arbeit und Studium beginnen die Königreichsinteressen zurückzudrängen. Zeit und Kraft, die früher eingesetzt wurden, um Jehova und den Mitmenschen zu dienen, verwendet man heutzutage mehr zur Befriedigung persönlicher Wünsche. Ja, die heutige Zeit fordert ihren Tribut unter denen, die offensichtlich nicht mit dem Herzen dabei waren oder aus Mangel an Wachsamkeit ihren Glauben an Jehovas Verheißungen verloren haben.“

Natürlich haben weitaus die meisten Glieder des Volkes Gottes in El Salvador ihre geistige Kraft bewahrt. Sie beteiligen sich weiter mit Eifer am Werk des Predigens und Jüngermachens und fahren fort, sich der wunderbaren Früchte ihrer Arbeit zu erfreuen.

ANDERE KONGRESS-STÄTTE

Im Jahre 1978 wurde die Höchstzahl von 6 017 Königreichsverkündigern in El Salvador erreicht. Angesichts dieser Zunahme schien die staatliche Sporthalle nur noch für Kreiskongresse geeignet zu sein. Eine größere Versammlungsstätte mußte gefunden werden. Das staatliche Stadion Flor Blanca — nur einige Häuserblocks von der staatlichen Sporthalle entfernt — war vor nicht langer Zeit renoviert worden. Auf diese Weise kam man zu einem neuen Kongreßgelände, und der internationale Kongreß „Siegreicher Glaube“ konnte vom 27. bis 31. Dezember 1978 hier stattfinden.

Da der größte Teil des Stadions nicht überdacht ist, wurde das Programm an den Nachmittagen und Abenden abgehalten. Für die Vormittage war Predigtdienst geplant und ein Programm für die ausländischen Besucher. Manchmal wurden auch einheimische Volkstänze dargeboten. Obgleich die Anzahl der ausländischen Besucher im Vergleich zum internationalen Kongreß 1973 viel geringer war, stellten doch diejenigen von ihnen, die am Freitagmorgen mit in den Predigtdienst gingen, eine große Ermunterung für die einheimischen Brüder dar. Viele sprechen immer noch von der schönen Zeit, die sie mit ihren Brüdern und Schwestern aus anderen Ländern im Predigtdienst verbrachten.

Grant Suiter von der leitenden Körperschaft war der Hauptredner auf diesem internationalen Kongreß. Obwohl er kein Spanisch spricht, fühlten sich die Brüder doch durch seine Anwesenheit und seine Worte, die ins Spanische übersetzt wurden, ermuntert. Eine Höchstzahl von 11 109 Besuchern wurde auf diesem Kongreß erreicht, und insgesamt ließen sich 470 Personen taufen.

EINE WENDE IN DER ENTWICKLUNG

In den Monaten unmittelbar vor dem Kongreß „Siegreicher Glaube“ im Dezember 1978 war ein anhaltender Rückgang der Königreichsverkündiger beobachtet worden. Dies bereitete vielen Brüdern Sorge. Aber der internationale Kongreß brachte die notwendige Ermunterung. So erreichte man im Januar 1979 eine neue Verkündigerhöchstzahl von 6 058. Seitdem ist eine ständige Zunahme zu beobachten.

Während des Jahres 1979 wurden 22 Kreiskongresse abgehalten, und die Gesamtzahl der Anwesenden belief sich auf 24 794. Im Oktober stieg dann die Zahl der Koa auf 6 528. Für den November hatte Bruder Albert Schroeder von der leitenden Körperschaft seinen Zonenbesuch angekündigt, und so erhielten die Brüder erneut Ermunterung. Die Versammlungen wurden zu einem besonderen Vortrag eingeladen, den Bruder Schroeder im Amphitheater auf dem Internationalen Messegelände von San Salvador halten sollte. Welch eine Überraschung war es, an diesem wunderschönen kühlen Abend unter sternklarem Himmel 7 127 Anwesende zu zahlen!

BEZIRKSKONGRESS „LEBENDIGE HOFFNUNG“

Ungefähr einen Monat später, vom 29. Dezember bis zum 1. Januar, erhielten die Brüder durch den Kongreß „Lebendige Hoffnung“ einen weiteren Ansporn, an ihrer Entschlossenheit, Jehova treu zu dienen, festzuhalten. Wieder wurde der Kongreß im Stadion Flor Blanca in San Salvador abgehalten. Die Begeisterung, die das ganze Jahr über bei den Brüdern vorherrschte, machte sich auch bemerkbar, als man die Kongreßarbeit in Angriff nahm. Die Besucherhöchstzahl von 11 939 überstieg um 830 die Zahl derjenigen, die den internationalen Kongreß ein Jahr zuvor besucht hatten.

Obgleich im Lande Unruhen herrschten, war es im Stadion doch friedlich. Die Gefahren, die indes draußen lauerten, wurden durch das veranschaulicht, was einem jungen Bruder passierte, der in einem Drama die Rolle des vaterlosen Knaben spielte. Er hatte mit einem Bruder einen kurzen Spaziergang gemacht. Als er zum Stadion zurückkehrte, um sich für das Drama umzuziehen, näherte sich ihm ein Mann, bedrohte ihn mit einem Messer und forderte die Herausgabe seiner Wertsachen. Obwohl der Bruder ihm seine Uhr, sein Geld und andere Dinge aushändigte, ohne Widerstand zu leisten, versetzte ihm der Mann einen Stich in den Rücken. Er wurde in der Erste-Hilfe-Abteilung des Kongresses ambulant behandelt, und man sagte ihm, daß er sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben solle. Doch ohne ein Wort darüber zu verlieren, zog er sich unbemerkt um und spielte seine Rolle unter Schmerzen vor einer Zuhörerschaft, die keine Ahnung von seiner Verletzung hatte.

Als die politischen Probleme das Land zu entzweien drohten, waren Kriminalität und Gewalttat an der Tagesordnung. Obwohl man auf dem Kongreß mit größeren Problemen gerechnet hatte, nahm alles einen glücklichen Ausgang, und die Brüder kehrten ohne erhebliche Schwierigkeiten nach Hause zurück.

NEUER KONGRESS-SAAL

Ein Höhepunkt des Kongresses „Lebendige Hoffnung“ war die Ankündigung, daß die nächste Serie der Kreiskongresse hauptsächlich in dem neuen, im Bau befindlichen Kongreßsaal am Ilopango-See stattfinden werde. Seit 1977 — als der Plan vorlag — hatten viele Brüder Zeit und Kraft kostenlos eingesetzt, um das Bauvorhaben zu unterstützen. Wie bei allen Unternehmungen unvollkommener Menschen tauchten auch hier Probleme auf; sie wurden aber überwunden.

Ganze Versammlungen verbrachten hin und wieder einen Sonntag auf dem Baugelände. Die Brüder spendeten großzügig, und man kaufte Baumaterial und bezahlte die Arbeiter, die die Arbeiten verrichteten, die unsere Brüder nicht ausführen konnten. Sogar Personen, die keine Zeugen Jehovas waren, zeigten ihre Willigkeit und halfen. Kein Wunder, daß bei der Ankündigung, den Kongreßsaal eventuell schon in wenigen Monaten benutzen zu können, das Stadion von Applaus widerhallte!

Ein Bus nach dem anderen — dicht besetzt mit strahlenden Brüdern und Schwestern — traf am 1. März 1980 zum ersten Kreiskongreß in dem neuen Saal ein. Es gibt immer noch viel zu tun, bis der Bau fertig sein wird, aber gemessen an der bisher beobachteten Zusammenarbeit und der Unterstützung des Geistes Jehovas, sind wir überzeugt, daß das Bauprojekt bald zur Ehre Jehovas vollendet sein wird.

POLITISCHE UMWÄLZUNG

Gegen Ende des Jahres 1979 drohten sich die politischen Unruhen in El Salvador in einen regelrechten Bürgerkrieg zu verwandeln, ähnlich dem jüngsten Konflikt in Nicaragua, bei dem 30 000 Menschenleben zu beklagen waren. Im Oktober war General Carlos Humberto Romero, der Präsident von El Salvador, zwangsweise aus seinem Amt entfernt worden. Eine fünfköpfige Junta nahm seinen Platz ein.

Man hoffte sehr, daß durch diese Entwicklung den Gewalttaten, die in jenem Jahr im ganzen Land Hunderte von Menschenleben gefordert hatten, ein Ende gesetzt würde. Doch die Ausschreitungen nahmen zu. Kirchen, Botschaften, Regierungsgebäude und andere Bauten wurden von revolutionären Gruppen besetzt, und einige wurden als Geiseln genommen. Meist fielen Unschuldige — auch einige Brüder und Schwestern — in die Hände der gesetzlosen Aufständischen.

Zum Beispiel befand sich eine junge Schwester in einer Gruppe von Geiseln, die ausschließlich aus Männern bestand. Sie bewies großen Mut und nutzte jede Gelegenheit, Zeugnis zu geben, und zwar beiden Gruppen: denjenigen, die das Gebäude besetzt hielten, in dem sie gearbeitet hatte, und ihren Mitgeiseln. Nach einigen Tagen wurden sie unversehrt freigelassen. Mitgeiseln bemerkten, daß die geistige Kraft und die Gebete des jungen Mädchens ihnen geholfen hätten, das Erlebnis zu ertragen. Welch ein nachahmenswertes Beispiel des Mutes diese Schwester doch gab!

Bombenanschläge und Ermordungen sind an der Tagesordnung. Aus Angst haben Geschäftsleute in Scharen das Land verlassen. „Führende Köpfe des öffentlichen Lebens und der Privatwirtschaft verlassen täglich das Land“, berichtete Douglas Bernard, ein amerikanischer Geschäftsmann. „Sie stehen ab morgens 4 Uhr Schlange vor der amerikanischen Botschaft und warten auf ein Visum. Kluge Geschäftsleute tun sich zusammen und kundschaften neue Gebiete in Paraguay, Ecuador oder Bolivien aus. Sie haben El Salvador aufgegeben.“

Deshalb schließen Geschäfte und Fabriken, und die Leute suchen auf irgendeine Weise ihr Geld in eine Währung umzutauschen, die im Ausland als stabil gilt. Die Folge davon ist ein Rückgang an Arbeitsplätzen, und zur gleichen Zeit schnellen die Preise in die Höhe. Das trägt zu einer Atmosphäre der Furcht bei, in der es zu vielen kriminellen Handlungen kommt.

Einrichtungen wie zum Beispiel McDonald’s waren Opfer von Gewaltaktionen. In einem Fall befahl eine Gruppe Randalierer den anwesenden Gästen, das Restaurant zu verlassen. Dann verspritzten sie Benzin und steckten das Lokal in Brand. Banken und Supermärkte wurden Opfer von Bombenanschlägen und Brandstiftungen; Busse brannten aus, und Bürger wurden in ihren Geschäften, in ihren Häusern und auf der Straße niedergeschossen.

Die Regierung und die Polizei haben alle Hände voll zu tun, um die extremen Gruppen in Schach zu halten. Folglich ist der Mann auf der Straße denen, die das Gesetz selbst in die Hand nehmen, völlig schutzlos ausgeliefert. Gesetz und Ordnung gibt es in El Salvador nicht mehr. Zum Beispiel weigern sich viele Leute, bei Rot zu halten. Der Grund dafür ist die Angst, bestohlen zu werden, während man im Auto sitzt und auf Grün wartet. Einigen wurde das Auto auch schon mit Gewalt weggenommen.

Inhaber kleiner Läden und Geschäfte werden oft mit den Worten bedroht: „Gib uns dein Geld, oder wir brennen dein Geschäft nieder!“ Die Leute haben sich daran gewöhnt, ihre Uhren, Wertpapiere und das meiste ihrer Barschaft zu Hause zu lassen, wenn sie auf die Straße gehen. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Dieb im Bus ein Messer zieht und dich vor allen Leuten auffordert, ihm dein ganzes Geld auszuhändigen.

OPFER UNTER DEN BRÜDERN

Nachdem die Junta 1979 die Macht übernommen hatte, schien sich die Lage eine Zeitlang weiter zu verschlimmern. Zwei unserer Brüder, Jorge und Eugenio Vasquez, Dienstamtgehilfen in der Versammlung San Juan Opico, wollten sich etwas Geld mit Kaffeepflücken verdienen, um den Kongreß „Lebendige Hoffnung“ im Dezember besuchen zu können. Sie hatten etwa eine Woche lang auf einer bestimmten Plantage gearbeitet, als sie bemerkten, daß viele Pflücker nicht wirklich am Kaffeepflücken interessiert waren. Sie unterhielten sich die meiste Zeit über soziale Ungerechtigkeiten und über die Notwendigkeit einer Änderung. Unsere Brüder kümmerten sich nicht darum und konzentrierten sich weiter auf das Kaffeepflücken.

Viele der Arbeiter waren überrascht, als ihnen am 17. Dezember 1979 verboten wurde, Kaffee zu pflücken. An diesem Tag wurde die Plantage von Landarbeitern, unterstützt von einer Gruppe Guerillakämpfern, gestürmt. Die 1 500 Kaffeepflücker wurden zwangsweise von der Arbeit zurückgehalten und mußten Gräben ausheben. Am Morgen darauf erschienen bewaffnete Streitkräfte und Panzer, und die Rebellen wurden aufgefordert, sich zu ergeben. Als der Befehl mit Gewehrschüssen beantwortet wurde, eröffneten die bewaffneten Streitkräfte das Feuer

Der Kampf dauerte zweieinhalb Stunden und verwandelte die Plantage in einen Ort des Grauens. Leichen von jungen und alten Menschen lagen wie Blätter über dem Boden verstreut. Auch unsere beiden Brüder waren unter den Toten. Die Überlebenden erzählten später, daß sich die Brüder geweigert hätten, Waffen zu gebrauchen, und daß sie sich strikt neutral verhalten hätten. Diese Haltung trug ihnen die Bezeichnung Feiglinge ein, und sie wurden in die Zone entsandt, in der am härtesten gekämpft wurde.

Die Männer, Frauen oder Freunde der Opfer hatten keine Ahnung, was mit den Vermißten geschehen war. Berichten gemäß hatte man sie alle in ein Massengrab geworfen. Zehn Tage später fand man 26 Leichen unter einem Erdhügel. Sie waren nicht zu erkennen. Nach stundenlangem Suchen fand man auch die Leichen von Jorge und Eugenio.

Als die Witwen dieser beiden Brüder nun ohne die Hilfe und den Schutz eines Familienhauptes dastanden, versuchten Diebe in schamloser Weise, sie um ihren Ernteertrag zu bringen. Doch die Versammlung kam ihnen zu Hilfe. Als der Bezirkskongreß begann, waren alle Brüder dieser Versammlung, einschließlich der beiden verwitweten Schwestern, anwesend.

Eine andere Begebenheit im März 1980 betraf einen Ältesten aus einer der Versammlungen von San Salvador. Er arbeitete als landwirtschaftlicher Sachverständiger auf einer Zuckerrohrplantage und kam eines Tages nicht zur gewohnten Zeit nach Hause. Es war der Abend der Theokratischen Schule und der Dienstzusammenkunft, und er hatte sich immer besonders angestrengt, am Freitag pünktlich zu sein. Aber er kam weder an diesem Abend noch an den Abenden der folgenden Woche nach Hause. Seine Angehörigen und die Brüder der Versammlung suchten überall nach einer Spur seines Verbleibs, doch es war alles umsonst. Eine Woche später fand man seinen leblosen Körper zusammen mit dem eines seiner Mitarbeiter.

Warum unser Bruder kaltblütig ermordet wurde, bleibt ein Rätsel. Es war bekannt, daß er sich nicht in die politischen Angelegenheiten des Landes eingemischt hatte. Welch ein Segen sind doch die Verheißungen Jehovas, das Leben solch treuer Diener durch eine Auferstehung wiederherzustellen!

VERSUCH, GEWALTTÄTIGKEIT EINZUDÄMMEN, MISSLINGT

Im März 1980 erklärte die Regierung den Notstand und schränkte gewisse Rechte ein. Die Folge ist, daß keine öffentlichen Gebäude mehr besetzt werden. Auch die Protestkundgebungen umstürzlerischer Gruppen, die eine Bedrohung für alle Geschäfte waren, hörten auf. Der Notstand konnte aber nicht verhindern, daß die Menschen in ihrem Herzen immer noch auf Gewalttat sinnen, was sich in ihren Handlungen zeigt, die sie maskiert oder im Schutze der Dunkelheit verüben.

Am 24. März 1980 wurde der katholische Erzbischof, Oscar Arnulfo Romero & Galdámez, ermordet, während er die Messe zelebrierte. Hierdurch wurde ein weiterer Ausbruch von Furcht und Gewalt ausgelöst. An jenem Abend wurden überall im Land Gebäude von Bombenexplosionen erschüttert. Einer unserer Brüder, der gerade im Predigtdienst von Haus zu Haus ging, fiel in die Hände einer staatsfeindlichen Gruppe, die ihm mit dem Tode drohte, wenn er sich ihr nicht anschlösse. Er blieb stark, und nachdem man ihn mißhandelt hatte, ließ man ihn schließlich gehen.

Am 30. März drängten sich Tausende von Menschen im Park vor der Kathedrale in San Salvador zum Begräbnis des katholischen Erzbischofs. Als der Sonderbeauftragte des Papstes gerade zur Menge sprach, kam es plötzlich zu einer Schießerei, und mehrere Autos wurden in Brand gesteckt. Daraufhin entstand eine große Panik. In dem Bemühen, sich in Sicherheit zu bringen, trampelten sich Katholiken gegenseitig nieder. Die Toten und Verletzten bezeugen die ernsten politischen Probleme, denen sich El Salvador gegenübersieht, wo Menschenleben bedenkenlos geopfert werden, um politische Ziele durchzusetzen.

DER ZUSTAND DES VOLKES JEHOVAS

Trotz all der Tumulte drängt Jehovas Volk in El Salvador weiterhin voran und läßt sich nicht am Besuch der Kongresse, der Zusammenkünfte der Versammlung oder am Predigtdienst hindern. Im Gegenteil, Gottes Diener strengen sich in ihrem Dienst sogar noch mehr an. Ein Missionar berichtete einem Angehörigen der Brooklyner Bethelfamilie im Mai folgendes:

„Wir alle gewöhnen uns schon an das Schießen und die Bombenanschläge, und es erschreckt uns nicht mehr so sehr. Die Zeitungsberichte scheinen es schlimmer zu machen, als es in Wirklichkeit ist. Natürlich rufen viele Brüder an, um zu erfahren, ob die Zusammenkünfte stattfinden oder nicht. Aber wir konnten sie bisher immer durchführen.“

So sah man einen Tag nach dem schrecklichen Ereignis bei der Beerdigung des Erzbischofs Jehovas Volk und seine Freunde in großer Zahl zum Gedächtnismahl zusammenströmen. Gewöhnlich hatten die Menschen Angst, sich auf die Straße zu begeben, aber an diesem Montag, dem 31. März, unternahmen 27 319 mutige Personen das Wagnis, sich nach Sonnenuntergang zu versammeln. Es waren 5 000 mehr, als jemals bei einem Gedächtnismahl in El Salvador anwesend waren.

Auch beweisen die Brüder großen Eifer, indem sie die unglücklichen Menschen hier mit der einzigen Botschaft der Hoffnung, der Botschaft von Gottes Königreich, trösten. Im Januar 1980 wurde eine neue Höchstzahl von 6 655 Verkündigern erreicht. Im Februar waren es dann 6 690, im März 6 721 und im April 7 008, und über 8 000 Bibelstudien werden monatlich mit interessierten Personen durchgeführt. Die Aussichten auf weiteres theokratisches Wachstum sind günstiger als je zuvor, während die Zukunft der Welt in immer düstererem Licht erscheint.

Tausende haben an der 35jährigen theokratischen Geschichte El Salvadors einen Anteil gehabt, und viele sind in dieser Zeit gekommen und gegangen. Ohne Zweifel wird es weitere Veränderungen geben, während Jehovas Volk fortfährt, ihm zu dienen. Unser ganzes Vertrauen gehört Jehova, der in Römer 8:28 verheißt, daß er alle seine Werke zum Guten derer mitwirken läßt, die ihn lieben. Durch seinen Propheten Jesaja ließ Jehova sagen: „Der Kleine selbst wird zu einem Tausend werden und der Geringe zu einer mächtigen Nation. Ich selbst, Jehova, werde es beschleunigen zu seiner eigenen Zeit“ (Jes. 60:22).

Die beiden Zeugen, die am 24. Februar 1945 nach El Salvador kamen, sind buchstäblich zu Tausenden geworden, und die gute Botschaft wird von den 7 156 Verkündigern, die im Mai berichtet haben, weit und breit verkündigt. Alle, die das Vorrecht gehabt haben, an diesem Werk beteiligt zu sein, danken Jehova von Herzen und blicken weiteren Segnungen entgegen, während die theokratische Geschichte ihren Verlauf nimmt.

[Karte auf Seite 37]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

El Salvador

GUATEMALA

HONDURAS

PAZIFIK

Metapán

Texistepeque

Santa Ana

Chalchuapa

San Jacinto

Tejutepeque

Ahuachapán

Quezaltepeque

Ilobasco

Juayúa

Armenia

Soyapango

Apopa

Cojutepeque

Sonsonate

SAN SALVADOR

San Sebastián

Santo Domingo

San Ramón

Acajutla

San Marcos

Ilopango-See

Santiago Texacuangos

San Juan Talpa

Berlín

Santiago de María

San Miguel

Usulután

La Unión

[Bild auf Seite 36]

Steinrelikte mit Kreuzen, die in El Salvador ausgegraben wurden. Sie sollen aus dem Jahre 2000 v. u. Z. stammen.

[Bild auf Seite 40]

Antonio Molina Choto, 69 Jahre alt; der erste Salvadorianer, der sich Jehova hingab und sich taufen ließ

[Bild auf Seite 44]

Größe einer salvadorianischen Spinne im Vergleich zu einem 30 cm langen Lineal und zu der Hand eines Mannes

[Bild auf Seite 47]

Charles Beedle, Absolvent der Gileadschule, der viele Jahre die Leitung des Königreichswerkes in El Salvador innehatte

[Bild auf Seite 48]

Julia Clogston (links) und Charlotte Bowin (jetzt Schroeder), Gileadabsolventen, die San Salvador zugeteilt wurden, dienen jetzt beide im Bethel Brooklyn.

[Bild auf Seite 67]

Baltasar Perla, ein Regierungsbeamter, der Zeuge Jehovas wurde. Sein Sohn, Baltasar jr., dient gegenwärtig im Bethel Brooklyn.

[Bild auf Seite 71]

Abraham Peña, ein betagter Familienvater, mit zweien seiner Söhne. Er war für seine große Familie ein ständiger Ansporn, die wahre Anbetung auszuüben.

[Bild auf Seite 79]

Raúl Morales zeigte in seiner Jugend außerordentliche Wertschätzung für geistige Dinge und erfreute sich später vieler Dienstvorrechte.

[Bild auf Seite 84]

Lugarda Peña überlebte ihren Mann Abraham und bewahrte ihre Treue bis zu ihrem Tode im Alter von 97 Jahren.

[Bild auf Seite 92]

Der Erzbischof im privaten Gespräch mit Mitgliedern der Regierung, zu der auch Rubén Rosales (fünfter von rechts) gehörte, der heute ein Zeuge Jehovas ist

[Bild auf Seite 101]

Die staatliche Sporthalle von San Salvador, in der die Zeugen oft ihre Kongresse abhielten

[Bild auf Seite 104]

San Salvador: Erdbeben im Mai 1965

[Bild auf Seite 115]

Domenick Piccone wurde im Jahre 1969 Zweigdiener und dient jetzt als Zweigkoordinator.

[Bild auf Seite 127]

Zweigbüro in San Salvador mit dem neuen Anbau an der Vorderfront

[Bild auf Seite 136]

Neuer Kongreßsaal in der Nähe des Ilopango-Sees. Der erste Kongreß fand hier im März 1980 statt.