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Die Wale sind da!

Die Wale sind da!

Sie reisen Tausende von Kilometern von der Subantarktis bis zur Küste von Santa Catarina in Brasilien: die Südlichen Glattwale oder Südkaper (Eubalaena australis). Jedes Jahr ab Juli bringen die Walmütter hier im flachen Küstengewässer ihre Kälber zur Welt und ziehen sie auf. Einige Monate lang können Einheimische und Touristen vom Strand und von den Felsen aus begeistert beobachten, wie sich die Wale mit ihren Jungen ausruhen oder herumtoben. *

Gigantische Meeresakrobaten

Ein weiblicher Glattwal kann bis zu 80 Tonnen wiegen und 16 Meter lang werden — so lang wie ein Gelenkbus! Sein gewaltiger Körper ist meist schwarz, manchmal mit weißen Flecken am Bauch. Der Kopf mit dem langen, gewölbten Kiefer ist riesig und macht ein Viertel der gesamten Körperlänge aus. Im Unterschied zu einigen anderen Walarten haben Glattwale keine Rückenflosse. Ihre mächtige Schwanzflosse oder Fluke hat eine tiefe Kerbe. Um vorwärts zu kommen, bewegen sie die Flosse nicht wie Fische hin und her, sondern auf und ab. Die Richtung ändern sie mit ihren Brustflossen, so ähnlich wie ein Flugzeug gesteuert wird.

Trotz ihrer immensen Ausmaße sind sie erstaunlich beweglich und akrobatisch. Man kann beobachten, wie sie ihre Fluke über längere Zeit aus dem Wasser strecken, als würden sie damit segeln. Oder wie sie beim Flukenschlagen mit der ausgestreckten Schwanzflosse heftig auf das Wasser klatschen. Und beim Springen schnellen sie aus dem Wasser, um sich dann wieder mit einem lauten Knall zurückfallen zu lassen. Das kann man sogar aus großer Entfernung sehen.

Unverwechselbare Merkmale

Am Kopf hat der Glattwal mehrere weißliche oder gelbliche Schwielen. Das sind hornige Hautwucherungen, die von Walläusen, kleinen Krustentieren (Cyamidae), besiedelt werden. „Jedes Schwielenmuster ist so einzigartig wie ein Fingerabdruck und ermöglicht es, einzelne Glattwale zu identifizieren“, erklärt Karina Groch, die Koordinatorin des brasilianischen Glattwal-Projekts. „Wenn die Wale an die Küste kommen, fotografieren wir ihre Muster und speichern die Bilder in einer Datenbank.“

Laut Biologen ist es schwer zu sagen, wie alt Glattwale werden, weil sie keine Zähne haben. Aber ihre durchschnittliche Lebenserwartung wird auf mindestens 65 Jahre geschätzt. *

Ausgefallene Tischmanieren

Glattwale ernähren sich von Krill, das sind winzige Krebstiere. Auf jeder Seite ihres Oberkiefers haben sie Hunderte von Bartenplatten, die als Filter fungieren. Diese Hornplatten sind mit haarigen Fasern gesäumt. Wenn die Wale mit offenem Maul schwimmen, wird das einströmende Wasser durch die Barten gefiltert und die winzigen Tierchen bleiben in den Fasern hängen. So kann ein Wal bis zu 2 Tonnen Krill pro Tag verzehren.

Südliche Glattwale verbringen den Sommer (Januar/Februar) in den nahrungsreichen Gewässern der Antarktis, um sich eine dicke Fettschicht anzufressen. Dieser sogenannte Blubber sorgt in kalten Gewässern für eine hervorragende Wärmeisolierung und ist eine Energiereserve für die weiten Reisen.

Fast ausgerottet

Vom 18. Jahrhundert an wurden Glattwale auf der Südhalbkugel unerbittlich gejagt. Ihr englischer Name „right whale“ geht darauf zurück, dass Walfänger sie als die „richtigen“ Wale für die Jagd ansahen. Warum? Sie sind langsame Schwimmer und waren selbst für Walfänger in klapprigen Holzbooten, nur mit Handharpunen bewaffnet, eine leichte Beute. Und im Gegensatz zu anderen Walen treiben sie wegen ihrer außerordentlich dicken Speckschicht an der Meeresoberfläche, wenn sie getötet werden. Daher hatten Walfänger es leicht, sie an den Strand zu schleppen.

Damals waren die Barten und der Blubber begehrte Rohstoffe. Das aus dem Blubber gewonnene Walöl verwendete man in Straßenlaternen und als Schmiermittel. Barten, auch Fischbein genannt, wurden zu Reitpeitschen verarbeitet und als Formgeber für Korsetts und Schirme gebraucht. Schon die Barten eines einzigen Wals machten eine ganze Walfangtour zu einem Profit bringenden Geschäft.

Die gnadenlose Bejagung reduzierte die Glattwalpopulation zu Beginn des 20. Jahrhunderts so stark, dass der Walfang schließlich unrentabel wurde. Die letzte Walfangstation in Brasilien wurde 1973 geschlossen. Seither erholen sich die Bestände bei einigen Arten langsam. Doch andere Walarten bleiben weiterhin stark gefährdet.

Der Glattwal ist ein herausragendes Beispiel für die Komplexität und Vielfalt des Lebens auf der Erde. Er verrät, wie unglaublich weise und mächtig sein Schöpfer, Jehova Gott, ist (Psalm 148:7).

^ Abs. 2 Andere Paarungs- und Wurfplätze befinden sich vor den Küsten von Argentinien, Australien, Südafrika, Uruguay und den Aucklandinseln.

^ Abs. 8 Zur Familie der Glattwale gehören innerhalb der Gattung Eubalaena neben dem Südkaper (Eubalaena australis) auch der Pazifische Nordkaper (Eubalaena japonica) und der Atlantische Nordkaper (Eubalaena glacialis).