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SÜDKOREA

Wegen ihres Glaubens in Haft – in Südkorea

Wegen ihres Glaubens in Haft – in Südkorea

Am 26. Oktober 2020 erhielten Wehrdienst­verweigerer aus Gewissens­gründen in Südkorea erstmals die Möglichkeit, einen zivilen Ersatzdienst zu leisten. Menschenrechtsinstitutionen kritisieren jedoch, dass dieser Ersatzdienst sowohl in seiner Dauer als auch in seiner Härte diskriminierend ist und einer Strafe gleichkommt. Entgegen den internationalen Standards ist der Ersatzdienst mit 36 Monaten doppelt so lang wie der Wehrdienst. Nach diesen Standards darf ein ziviler Ersatzdienst nicht länger als anderthalb Mal so lang sein wie der Wehrdienst, es sei denn, es gibt vernünftige und objektiv nachvollziehbare Gründe dafür. Einige südkoreanische Zeugen Jehovas haben den zivilen Ersatzdienst abgelehnt, andere haben dagegen geklagt. Am 30. Mai 2024 wies das südkoreanische Verfassungs­gericht alle Klagen gegen den zivilen Ersatzdienst mit fünf zu vier Stimmen ab. In seiner abweichenden Meinung betonte das Gericht jedoch den strafenden Charakter des Ersatzdienstes: „Ein solcher Ersatzdienst wäre nichts anderes als eine andere Form der Bestrafung, die die Gewissens­freiheit von Wehrdienst­verweigerern verletzt.“

Woo-jin Byeon, ein 29-jähriger verheirateter Zeuge Jehovas, ist der erste Wehrdienst­verweigerer aus Gewissens­gründen in Südkorea, der nach sorgfältiger Überlegung den zivilen Ersatzdienst respektvoll ablehnte und deswegen inhaftiert wurde. Obwohl er sich bereit erklärte, einen Ersatzdienst ohne strafenden Charakter zu leisten, sobald dieser verfügbar wäre, verurteilte ihn das Gericht am 24. Juli 2024 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.

Bisher haben zwölf Zeugen Jehovas, darunter auch Woo-jin Byeon, den zivilen Ersatzdienst verweigert. 9 Männer stehen deswegen aktuell vor Gericht. Auch ihnen drohen strafrechtliche Konsequenzen und Freiheitsstrafen. Gleichzeitig hat sich die Mehrheit der Wehrdienst­verweigerer aus Gewissens­gründen entschieden, den zivilen Ersatzdienst trotz seines strafenden Charakters abzuleisten.

Rückblick

  1. 24. Juli 2024

    Woo-jin Byeon wird wegen seiner Verweigerung des zivilen Ersatzdienstes zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

  2. 10. November 2022

    Nachdem Woo-jin Byeon den Einberufungs­bescheid erhalten hat, schickt er einen Brief an die Personal- und Rekrutierungsverwaltung des Militärs, in dem er den Wehrdienst und den zivilen Ersatzdienst aus Gewissens­gründen ablehnt.

  3. 26. Oktober 2020

    Die südkoreanische Regierung führt einen zivilen Ersatzdienst für Wehrdienst­verweigerer ein.

  4. 1. November 2018

    Der Oberste Gerichtshof Südkoreas entscheidet mit neun zu vier Stimmen, dass Wehrdienst­verweigerung kein Verbrechen darstellt.

  5. 28. Juni 2018

    Das südkoreanische Verfassungs­gericht erklärt einen Abschnitt des Wehrdienstgesetzes für verfassungswidrig, da dieser keinen zivilen Ersatzdienst für Wehrdienst­verweigerer aus Gewissens­gründen vorsieht.

  6. 18. Oktober 2016

    Historischer Freispruch von drei Wehrdienst­verweigerern aus Gewissens­gründen durch das Berufungsgericht von Gwangju.

  7. 30. August 2011

    Das Verfassungs­gericht bestätigt erneut die gesetzliche Grundlage für die Bestrafung von Wehrdienst­verweigerern aus Gewissens­gründen.

  8. 26. August 2004

    Das Verfassungs­gericht bestätigt die Verfassungsmäßigkeit der Bestrafung von Wehrdienst­verweigerern aus Gewissens­gründen.

  9. 1975

    Die allgemeine Wehrpflicht mit Zwangsrekrutierung wird eingeführt; es gibt keine Ausnahmeregelungen.

  10. 1973

    Inhaftierte Zeugen Jehovas werden gefoltert; dieser Zustand hält bis Mitte der 1990er-Jahre an.

  11. 1953

    Erstmals wird ein Zeuge Jehovas wegen Wehrdienst­verweigerung aus Gewissens­gründen inhaftiert.